Draußen brummt die Hauptstadt, im Podcast-Studio ist es angenehm still. Fester Händedruck, kurzer Smalltalk, eine Runde Kaffee für alle – dann ist Carsten Linnemann sofort im Thema. Der CDU-Generalsekretär hat sich Zeit genommen zwischen der Wadephul-Diskussion und dem anstehenden Stahlgipfel im Kanzleramt. Jetzt ist er der erste Gast im Podcast „Machtmenschen“.
Jede Woche spricht Chefredakteurin Franziska Reich künftig mit Frauen und Männern, die Entscheidungen treffen, die die Republik bewegen – sei es in Berlin, in Kiel oder in München. Sei es in der Politik, in Unternehmen, an Universitäten oder in Think-Tanks.
Wie entstehen Entscheidungen? Warum lassen manche so lange auf sich warten? Und was macht das Ringen um den richtigen Weg eigentlich mit jenen Menschen, die diese Entscheidungen treffen müssen?
„Ich war safe. Ich war fein mit mir selbst“
Es sind Menschen wie Carsten Linnemann. Der 48-Jährige aus Paderborn, genauer: aus Schwaney (3000 Einwohner), sitzt seit 16 Jahren im Bundestag und war im Wahlkampf der wichtigste Mann an der Seite von Friedrich Merz. Dass Linnemann keinen Ministerposten erhielt, fanden viele Beobachter erstaunlich. Mindestens. Linnemann selbst sagt heute: „Ich war safe. Ich war fein mit mir selbst. Klar wäre ich auch gerne Minister geworden, das Arbeitsministerium hat mich halt interessiert. Die SPD hat es gezogen und da muss man sagen: Komm, ich bleibe bei dem, was ich jetzt mache. Und es geht mir damit echt gut.“
Linnemann ist Generalsekretär geblieben und zum wichtigsten Strategen des Bundeskanzlers geworden. Im Gespräch über politische Verantwortung und persönliche Motivation wird schnell klar, worauf es Linnemann wirklich ankommt. Die Frage: Was gefällt ihm an Macht – und was nicht?
„Ich würde mich nicht als Machtmensch bezeichnen. Natürlich braucht man auch ein Amt, um etwas durchzusetzen. Aber ich strebe in erster Linie keine Ämter an, sondern bin zu 90 Prozent inhaltsgetrieben. Mich macht es fertig, wenn Dinge jahrelang dauern, wo ich denke: ‚Mein Gott, jetzt lasst uns doch zusammenreißen!‘“
Im kommenden Jahr ist er verantwortlich für die Kampagne in fünf Landtagswahlen. Hauptgegner dabei: die AfD. Die bezeichnet er als eine Weltuntergangspartei: „Ich saß neulich im Bundestag, da hat Frau Weidel gesprochen – das war so dystopisch, dass ich raus musste. Die AfD freut sich über jede Insolvenz. Im ARD-Sommerinterview war Frau Weidel nicht einmal in der Lage, drei positive Dinge über Deutschland zu sagen.“
Er glaubt an die Kraft der Veränderung
Für den Wahlkampf im Osten kündigt der Generalsekretär eine Offensive der Union an: „Wir müssen alle unterstützen, das Präsidium, der Bundesvorstand, die Funktionsträger. Und ich erwarte auch die Hilfe unserer Freunde an der Basis.“
Berlin beschäftigt sich in diesen Tagen vor allem mit der Frage, wie es wieder aufwärts gehen kann in Industrie und Unternehmen. Trotz verschiedener Reformen prognostizieren Wirtschaftsexperten ein weiterhin ausbleibendes Wachstum. Die Stahlindustrie hat angekündigt, tausende Stellen zu streichen, in der Automobilindustrie könnten es bis zu 140.000 bis 2035 werden. Zweifelt Linnemann bei solchen Aussichten selbst manchmal an der Lösungsfähigkeit von Politik?
„Wir haben nichts im Boden, dafür viel in der Birne.“
Er glaube an die Kraft der Veränderung: Die habe es immer gegeben. „In Deutschland haben wir etwas Einzigartiges: Innovation. Alles, was Massenproduktion ist, hat hier keine Zukunft – das ist eine harte Wahrheit. Aber dort, wo jeder Kran anders ist, jedes Produkt individuell, sind wir Weltmarktführer.“ Zwar gebe es hierzulande keine Bodenschätze, aber die Forschungsstruktur im Land werde oft unterschätzt. Linnemanns Slogan: „Wir haben nichts im Boden, dafür viel in der Birne.“
Bekannt wurde Linnemanns Wahlkampf-Spruch „Einfach mal machen!“ Der ist nun sogar Titel einer Veranstaltungsreihe, mit der der Generalsekretär durch Deutschland touren wird, in eine Stadt pro Bundesland. Menschen sollen ihre Ideen fürs „Einfach mal machen“ einreichen, am Ende wird der beste Vorschlag im Beisein des Bundeskanzlers prämiert.
Einfach mal machen, wenn es immer so einfach wäre! Der Buchhändler-Sohn hatte in seiner Kindheit ein Lieblingsbuch: „Am Samstag kam das Sams zurück“ – das berühmte gepunktete Wesen. Jeder Punkt ein Wunsch, der in Erfüllung ging.
In „Machtmenschen“ spricht FOCUS-Chefredakteurin Franziska Reich jede Woche mit denen, die unser Land prägen: Politiker, Abgeordnete, Strategen und Insider. Es geht um mehr als Schlagzeilen: um die menschliche Seite von Macht, um Verantwortung, Zweifel und den Preis von politischem Einfluss.
Was treibt die Mächtigen an? Wie entstehen Entscheidungen wirklich? Und wie kann die Politik das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen?
Ab 7. November, immer freitags – überall, wo es Podcasts gibt.