Donald Trump oder Kamala Harris: Für China eine Wahl zwischen zwei Übeln

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Ob Handelskrieg oder Taiwan-Konflikt: Gegenüber China treten Harris und Trump hart auf. Unabhängig vom Wahlgewinner sieht sich Peking aber bereits als Sieger.

In europäischen Hauptstädten wächst wenige Tage vor der US-Wahl die Sorge vor einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Spitzenpolitiker in Deutschland und anderswo machen keinen Hehl daraus, dass sie auf einen Sieg von Trumps Konkurrentin Kamala Harris hoffen, sich aber auch auf den Worst Case vorbereiten. China hingegen gibt sich gelassen. „Die Präsidentschaftswahlen sind eine Angelegenheit der Vereinigten Staaten. Wir haben dazu keinen Kommentar abzugeben“, erklärte vor ein paar Wochen eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking. Und schob dann hinterher: „Allerdings sind wir dagegen, China zu einem Thema bei der US-Wahl zu machen.“

Es ging um vieles im US-Wahlkampf der vergangenen Wochen, um Einwanderung, Inflation, den Krieg in der Ukraine und die Krise im Nahen Osten. Um China ging es eher selten, und das, obwohl die Konfrontation zwischen Washington und Peking nach Einschätzung vieler Experten das 21. Jahrhundert wie kein anderes Thema bestimmen wird. Immer wieder beklagt auch Chinas Staats- und Parteichef, die USA wollten sein Land eindämmen. Ganz so gelassen, wie Peking sich derzeit gibt, ist man im Regierungsviertel Zhongnanhai wohl doch nicht.

US-Wahl: „Wahl zwischen zwei Schüsseln Gift“

Anfang des Jahres, als es noch nach einem Duell zwischen Donald Trump und Amtsinhaber Joe Biden aussah, verglich der Shanghaier Politikprofessor Zhao Minghao die Abstimmung mit der „Wahl zwischen zwei Schüsseln Gift“. Ob Republikaner oder Demokraten – aus chinesischer Sicht ein und dasselbe Übel. Denn Trump hatte einst den Handelskrieg gegen China losgetreten, den Biden seinerzeit zwar heftig kritisierte – als Präsident dann aber noch härter als zuvor weiterführte. Biden verhängte 100-Prozent-Zölle auf chinesische E-Autos und verbot den Export hoch entwickelter Mikrochips nach China. Sollte Harris im Januar ins Weiße Haus einziehen, dürfte sie diese Politik weiterführen. Und das, obwohl die Zölle Waren aus China verteuern und so die Inflation vorantreiben. Harris hatte eigentlich versprochen, die Teuerung zu stoppen.

Donald Trump hingegen hat im Sommer Zölle von zehn bis 20 Prozent auf alle Importe in die USA angekündigt, mit massiven Aufschlägen für Waren aus der Volksrepublik. Aus chinesischer Sicht spricht dennoch für den Republikaner, dass sich mit dem selbsternannten Dealmaker leichter verhandeln ließe. Der erratische Trump, so das Kalkül, ließe sich mit gut klingenden Versprechungen leichter um den Finger wickeln als Harris. Zumal ein erneuter Präsident Trump international ziemlich isoliert dastünde, während Harris – wie Biden – auf das weitverzweigte Bündnissystem der USA setzen würde.

Donald Trump und Xi Jinping 2017 in Peking.
Donald Trump und Xi Jinping 2017 in Peking. © Nicolas Asfouri/AFP

Harris hat kaum China-Erfahrung

Was Harris freilich fehlt, ist China-Erfahrung. Soweit öffentlich bekannt, traf sie nur einmal kurz mit Xi Jinping zusammen. Und das ist mittlerweile fast ein Jahr her. Lediglich ihr „Running Mate“ Tim Walz kennt das Land gut. Joe Biden hingegen hat eigenen Angaben zufolge seit seiner Zeit als Vizepräsident 90 Stunden mit Xi verbracht, „mehr Zeit als jedes andere Staatsoberhaupt der Welt“. Und auch Trump brüstete sich unlängst in einem Interview mit dem Wall Street Journal damit, er habe eine „gute Beziehung“ zu Xi Jinping.

In demselben Interview erklärte Trump auch, Xi Jinping werde es nicht wagen, Taiwan anzugreifen, sollte er erneut Präsident werden. Als Drohkulisse brachte er China-Zölle von bis zu 200 Prozent ins Spiel. Ein militärisches Eingreifen, so Trump, sei nicht notwendig, denn: „Das müsste ich nicht, weil er mich respektiert und weiß, dass ich verrückt bin“, sagte er über Xi Jinping. Noch vor ein paar Monaten allerdings hatte Trump gefordert, Taiwan solle für die Verteidigungswaffen, die es aus den USA erhält, zahlen – was der Inselstaat freilich immer schon tut. Ohnehin scheint Taiwan für Trump eher lästig. Das Land habe den USA ihre Chip-Industrie geklaut, behauptet er etwa.

Ausschreitungen nach der US-Wahl würden China in die Hände spielen

Ganz anders klingt da Harris: „Taiwan ist eine lebendige Demokratie, die zum globalen Wohl beiträgt“, sagte die Vizepräsidentin vor zwei Jahren. Zudem würde sie ihre gesamte Asien-Politik wohl mit den Verbündeten der USA in der Region und im Rest der Welt abstimmen, anders als der Egomane Trump. Sie werde dafür sorgen, dass „Amerika und nicht China den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts gewinnt“, sagte Harris im Wahlkampf.

Aus chinesischer Sicht aber steht die Volksrepublik ohnehin schon als Sieger da. Denn auch vielen Chinesen hat der Wahlkampf der letzten Wochen noch einmal vor Augen geführt, wie gespalten die USA wirklich sind. Sollte es nach dem 5. November und einer Niederlage Trumps zu Ausschreitungen kommen: Die Erzählung, die Chinas Staatsmedien unermüdlich verbreiten – dass die USA ein zerfallendes Land sind, das in Gewalt und Drogenrausch versinkt – bekäme neue Nahrung. Oder in den Worten von Xi Jinping: „Der Osten ist im Aufschwung, der Westen im Niedergang begriffen.“

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