DHL-Flugzeugabsturz in Litauen: Experte nennt zwei mögliche Szenarien – Mysteriöser letzter Funkspruch

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Ein DHL-Flugzeug stürzt in Litauen ab, ein Crewmitglied stirbt. Die Ursache ist bislang unbekannt. Ein Flugunfall-Analyst schließt Sabotage nicht aus.

Vilnius – Die Suche nach der Ursache des DHL-Flugzeug-Unglücks in Litauen ist in vollem Gange. Ein Mitglied der Besatzung kam bei dem Absturz ums Leben, während drei weitere, darunter ein Deutscher, Verletzungen erlitten. Bisher gibt es nur Vermutungen über die Gründe für den Unfall. Zwei verschiedene Szenarien, einschließlich einer möglichen Sabotage des Flugzeugs, werden von einem Flugunfall-Analysten als wahrscheinlich angesehen.

Die Untersuchungen am Absturzort der DHL-Maschine in Litauen dauern an. Ein Experte hat derweil zwei Theorien. © Scanpix/imago | ZUMA Press Wire/imago

Versagen des Piloten könnte Schuld sein am Absturz des DHL-Flugzeugs in Litauen

Stefan Hinners, ein Hamburger Anwalt und Luftfahrtexperte, äußerte im Gespräch mit Focus die Möglichkeit, dass eine Sabotage der Steuerung zum Absturz der DHL-Maschine in Litauen geführt haben könnte. „Ich könnte mir das eigentlich nur so vorstellen, dass man auf irgendeine Weise die Steuerung so sabotiert, dass eben der Steuerimpuls nicht mehr an das Höhenruder gelangt“, erklärte er. Die Frage, wie jemand Zugang zum Flugzeug hätte erlangen können, bleibt jedoch offen, da es normalerweise nicht möglich ist, Zugang zur Technik zu erlangen, so Hinners.

Ein weiteres Szenario, das der Experte in Betracht zieht, ist ein mögliches Versagen des Piloten. Es könnte sein, dass der Pilot das Flugzeug manuell, ohne Autopilot, gesteuert hat. „Wenn man als Pilot plötzlich die Steuerung nach unten drückt, dann fliegt das Flugzeug nach unten, ebenso wie ein Auto nach rechts fährt, wenn man nach rechts lenkt“, sagte Hinners gegenüber Focus. Dieses Szenario hält er jedoch für weniger wahrscheinlich. „Genauso wie man mit einem Auto nicht gegen einen Brückenpfeiler fährt, drückt man das Flugzeug in Bodennähe nicht in den Boden“, erklärte der Luftfahrtexperte.

Absturz von DHL-Flugzeug in Litauen: Letzter Funkspruch der Crew wirft Fragen auf

Es gibt mehrere Theorien, die ein menschliches Versagen nicht ausschließen. Der letzte Funkspruch der DHL-Maschine wirft beispielsweise Fragen auf. Laut einem Bericht der Welt hat der Pilot bei der letzten Meldung die Kennung nicht korrekt angegeben und musste sich korrigieren, was auf eine mangelnde Konzentration oder eine hohe Arbeitsbelastung im Cockpit hindeuten könnte. Während der Übergabe an den Tower beim Landeanflug meldete sich die Cockpit-Crew demnach nicht mehr, obwohl die Landung vom Tower freigegeben wurde. Ein Video zeigt die letzten Sekunden des DHL-Flugzeugs.

Die Hypothese einer Sabotage des Flugzeugs wird auch von anderen Experten als realistisch angesehen. Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, äußerte die Vermutung, dass der Absturz des DHL-Frachtflugzeugs in Litauen möglicherweise ein „Test“ von Russland gewesen sein könnte, um potenzielle Schwachstellen zu identifizieren. „Wir haben schon im Sommer dieses Jahres eine ähnliche Situation erlebt und jetzt ist dort etwas passiert, was in dieses Muster mit hinein passt“, sagte Breuer in der ARD-Talkshow „maischberger“. Er betonte, dass bereits im Sommer eine ähnliche Situation aufgetreten war und dass das aktuelle Ereignis in dieses Muster passen würde.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schließt ebenfalls nicht aus, dass Russland für den Absturz verantwortlich sein könnte. Im ZDF-„heute journal“ antwortete er auf die Frage, ob Russland hinter dem Absturz stecke: „Wir gucken uns das genau an, wir können das gegenwärtig nicht sagen“. Er fügte hinzu: „Es könnte so sein.“ Der litauische Staatspräsident Gitanas Nauseda warnt jedoch vor zu großen Spekulationen über die Ursache des Absturzes eines Frachtflugzeugs in Vilnius. Die Vermutung eines möglichen Sabotageakts sollte nicht überbetont, aber auch nicht heruntergespielt werden.

„Black Box“ von DHL-Flugzeug wird ausgewertet – Untersuchungen am Unfallort bald abgeschlossen

Hinners schließt einige weitere mögliche Szenarien, die derzeit diskutiert werden, klar aus. Dazu gehören gestörte Funksignale über der Ostsee. „Manipulationen des Instrumentenanflugsystems sind mir nicht bekannt und müssten auch lokal aufgeführt werden“, erklärte der Analyst. Ein Brandsatz sei ebenfalls unwahrscheinlich. Ein Feuer an Bord wäre bemerkt worden, aber die Crew-Mitglieder haben bisher nichts davon berichtet. Vilmantas Vitkauskas, der Leiter des Nationalen Krisenmanagementzentrums, sagte in einem Interview mit der Agentur BNS, dass es keine Informationen darüber gebe, dass das Flugzeug vor dem Aufprall Feuer gefangen habe oder dass die Piloten durch Störungen der GPS-Satellitennavigation irritiert worden seien.

Die „Black Box“ des Flugzeugs, die derzeit ausgewertet wird, soll Klarheit schaffen. Laut einem Bericht des Spiegel, der sich auf einen Sprecher des litauischen Justizministeriums beruft, wird die Auswertung der Daten jedoch etwa einen Monat dauern. Die Untersuchungen am Absturzort sollen in einigen Tagen abgeschlossen sein. Das Flugzeug stürzte am frühen Montagmorgen (25. November) kurz vor der geplanten Landung nahe des Flughafens Vilnius in ein Wohngebiet und zerschellte am Boden. Glücklicherweise wurden keine Anwohner verletzt. (tt/dpa)

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