Oy-Mittelberg: Theo Haslach übergibt Bürgermeisteramt an Lucas Reisacher

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Feierliche Amtsübergabe auf Allgäuer Art: Theo Haslach (rechts) und Lucas Reisacher. © Lutz Bäucker

Theo Haslach hat nach 18 Amtsjahren das Bürgermeisteramt an den 30-jährigen Lucas Reisacher übergeben. Mit einem großen Festakt im Oyer Kursaal wurde gefeiert.

Oy-Mittelberg – Ja, es war eine schöne Feier, die Amtsübergabe im Kursaal , ein richtig gelungener Festakt, mit viel Händeschütteln und Schulterklopfen, mit Alphornbläsern und Jodlern, mit der „Rentnerband“, mit Enkelkindern und Großmüttern. Mehr als drei Stunden lang standen zwei Männer im Mittelpunkt des Abends : Theo Haslach (64) und nach 18 Amtsjahren nun Altbürgermeister. Und Lucas Reisacher (30) , Nachfolger und nun zweitjüngster Bürgermeister im Landkreis Oberallgäu.

Polizist? Fußballer? Bürgermeister !

Haslach, ein gebürtiger Nesselwanger , wollte nach eigenen Worten „dann aufhören, wenn ich es noch selbst bestimmen kann.“ Also jetzt, nach drei Legislaturperioden. „Eigentlich wollte ich Polizist werden, beim Zoll“, erzählte der vierfache Großvater in seinem launigen Rückblick auf eine lange Laufbahn. „Fußballer hätt‘ ich auch werden wollen, aber das war nach einem Schienbeinbruch anno 1981 beim Spiel gegen Stötten auch vorbei!“

Also ab in die Verwaltung, Bauamtsleiter in Nesselwang, Überraschungsbürgermeisterkandidat in Oy-Mittelberg. 2006 ist das gewesen, als Haslach zum Chef der Kommune gewählt wurde. „Hoffentlich isch der net erzkonservativ?!“ wurde geraunt, Theo Haslach war nämlich bei den Trachtlern und plattelte fleißig mit.

Schnell stellt sich heraus: ist er nicht. Er ist fleißig, ein „Organisationsmonster“ (Zitat aus einer Festrede), er hat laut Laudator und Bürgermeisterkollege Thomas Eigstler aus Wiggensbach „Ehrgeiz, Biss und klare Meinung“. Haslach ist so oft so lange im Büro, „dass wir manchmal fast ein schlechtes Gewissen hatten,“ berichten Mitarbeiter und lachen: „Aber nur fast!“ Trotzdem fragt man sich in Oy-Mittelberg: „Wann schläft der eigentlich?“.

472 Sitzungen in 18 Jahren

Der 18 Jahre amtierende Bürgermeister ist offensichtlich ausgeschlafen. Er holt Unternehmen in den Ort, unter anderem Primavera und AllgäuDSL. , Die Schuldenlast drückt er von 8,5 Millionen auf zwei Millionen Euro und er betreibt eine einheimischenfreundliche Baulandpolitik. Schließlich saniert er die Oyer Ortsmitte inklusive neuem Rathaus. „Er war immer mit dem Radl unterwegs“, weiß Stellvertreterin Gudrun Steiner, „und machte fast alles zur Chefsache‘“.

Berühmt-berüchtigt war Haslachs Sparwille („Brauchts des jetzt wirklich?“), sein „oft unerwarteter Humor“ und eigenwillige Abkürzungen wie „BMW= Back’mers wieder!“ oder „KV: Kaasch vergesse“. Müßiggang sei ihm immer ein Graus gewesen, lautete eine Feststellung im Laufe des Abends. Zwei Zahlen dokumentieren das: Haslach leitete insgesamt 472 Sitzungen und ließ über 4563 Tagesordnungspunkte abstimmen.

Und nun auf Welttournee mit den Jodlern?

Bei der durchaus kurzweiligen Amtsübergabe-Feier im Kursaal sang der Chor der Verwaltung „Weine nicht, lieber Theo!“, als Geschenk gab es eine eigene Ruhebank mit Panoramablick über Oy-Mittelberg, aber auch mit Blick hinüber nach Nesselwang. Gerüchteweise denkt man auch darüber nach, eine neue Duftmischung zu kreieren, mit der Bezeichnung „Prima-Theo.“

Pfarrer Tim Sonnemeyer lud den nunmehrigen Pensionär dazu ein, als ehrenamtlicher Mesner die Kirchenarbeit zu unterstützen und mit der Petersthaler Jodlergruppe „Bergchilbi“ auf Welttournee zu gehen. Kein Wunder, dass die Stimmung im Saal von Minute zu Minute immer ausgelassener wurde.

Theo Haslach selbst konnte da nur noch „Bin überwältigt!“ sagen und mit brüchiger Stimme und ziemlich feuchten Augen seiner Ehefrau Brigitte danken - für 18 Jahre Geduld und Verständnis. Die standing ovations wollten daraufhin kein Ende nehmen.

Einzigartiger Moment“ für Lucas Reisacher

Nach der Amtsübergabe auf „Allgäuer Art“ (Riesenkuhglockenübergabe und Goldenesbucheinträge inklusive Blitzlichtgewitter der Presse) war es kurz vor 22 Uhr an Lucas Reisacher, der erwartungsvollen Festgemeinde etwas über sich preiszugeben. „Es ist heute ein einzigartiger Moment für mich“, gab er mit fester Stimme zu, „es beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“

Bisher führte Reisacher die Geschäfte der CSU im Bundestagswahlkreis Kempten, nach einem abendlichen Anruf mutierte der 30-jährige  aus Altusried zum Kandidaten und schließlich neuen Bürgermeister von Oy-Mittelberg. „Sei ruhig a bissle frecher,“ bekam er von Altlandrat Kaiser mit auf den neuen Weg. Will er versuchen, der Lucas, mit „Motivation und Demut gemeinsam mit allen Bürgern für Oy-Mittelberg!“

Ehefrau Johanna ahnt , was auf sie zukommen könnte, hätte aber wohl auch entsprechende Mittelchen parat: sie ist Apothekerin. Hauptsache aber, dass die Oma hin und wieder für Enkel Lucas kocht: „Sie kocht soo gut“, schwärmt der neue Bürgermeister, „und sie bedeutet mir wirklich viel!“ Die Einstandsbrotzeit des „Neuen“ für sein Team im Rathaus am ersten Arbeitstag musste aber ohne Omas Hilfe auskommen. (Von Lutz Bäucker)

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