Deutsche Unternehmen wandern aus – für ein Land hat sicih das Interesse „drastisch erhöht“
Angesichts wachsender Kritik am deutschen Standort investieren immer mehr Firmen im Ausland, vor allem in Indien, das mit niedrigen Kosten und qualifizierten Arbeitskräften punktet.
Mumbai - Die Kritik am deutschen Wirtschaftsstandort ist aktuell groß. Immer mehr deutsche Unternehmen tätigen daher ihre Investitionen im Ausland. Zunehmend attraktiv wird dabei der asiatische Subkontinent, insbesondere Indien. Das bevölkerungsreichste Land der Welt überzeugt durch niedrige Arbeitskosten bei gleichzeitig hochqualifizierter Arbeitskraft. Eine aktuelle Umfrage zeigt außerdem: Immer mehr deutsche Unternehmen wollen künftig verstärkt in Indien investieren.

Über 300 Niederlassungen - kleine und mittelständische deutsche Unternehmen immer mehr in Indien
„Drastisch erhöht“ hätte sich das Interesse deutscher Unternehmen in Indien, erzählt Dirk Matter, der Geschäftsführer der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) Indien. Für über 300 deutsche Unternehmen habe Matter bereits Niederlassungen in Indien gegründet. Die meisten davon sind kleine bis mittelständische Unternehmen aus den Sektoren Maschinenbau, Automotive, Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik, Bausektor, Chemie und IT, wie er im Gespräch mit dem Medienunternehmen mi connect erklärt.
Dieses wachsende Interesse wird durch die aktuelle jährliche Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Deutschland und der AHK Indien bestätigt. Von den insgesamt 85 teilnehmenden Unternehmen planen 59 Prozent, ihre Investitionen in Indien in diesem Jahr auszuweiten – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 23 Prozent des Vorjahres. Bis 2029 beabsichtigen sogar 78 Prozent der deutschen Firmen, neue Investitionen zu tätigen.
Indien für deutsche Unternehmen attraktiv: Das sind die Gründe
Indien ist besonders attraktiv aufgrund niedriger Lohnkosten, politischer Stabilität und hochqualifizierter Arbeitskräfte, so die Ergebnisse der Umfrage. Die Umsatzaussichten sind ebenfalls positiv: 78 Prozent der befragten Firmen erwarten steigende Umsätze im laufenden Geschäftsjahr. „Das Land bietet insbesondere in den Bereichen Umwelttechnologie, erneuerbare Energien, Digitalisierung, Industrie 4.0 und nachhaltige Infrastruktur erhebliches Wachstumspotenzial“, betont Stefan Halusa, Generaldirektor der AHK Indien, im KPMG-Bericht.
Dennoch gibt es Faktoren, die den Wirtschaftsstandort Indien eher unbeliebt machen: Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen in der Umfrage kritisieren die Bürokratie, 39 Prozent sehen Korruption als bedeutendes Problem. Auch hohe Importzölle und ein komplexes Steuersystem belasten viele deutsche Firmen.
China oder Indien? Sowohl als auch - Deutschland muss Wirtschaftsstandort stärken
Da immer mehr deutsche Unternehmen ihre Abhängigkeit von China verringern wollen, rückt Indien zunehmend in den Fokus. Während China vielleicht als das Investment von gestern erscheint, bleibt es dennoch relevant. Zwischen 2019 und 2021 investierten deutsche Firmen etwa 9,2 Milliarden Euro in China, wie Zahlen der Außenwirtschaftsagentur GTAI zeigen. Im Vergleich dazu lagen die Investitionen in Indien bei nur zwei Milliarden Euro, doch die Tendenz ist steigend. Insgesamt investierten deutsche Unternehmen bis 2020 89,2 Milliarden Euro in China und 16,1 Milliarden in Indien.
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„Indien und China sind für deutsche Unternehmen gleichermaßen interessant, aber aus unterschiedlichen Gründen und für unterschiedliche Zwecke. Insofern gibt es kein ‚Entweder-oder‘, sondern nur ein ‚Sowohl-als-auch‘“, erklärt Andreas Glunz, Bereichsvorstand des internationalen Geschäfts bei KPMG in Deutschland in einer Meldung. Wichtig ist jedoch, dass das Interesse am deutschen Wirtschaftsstandort wieder steigt. Wirtschaftsexperten appellieren daher vor allem an die Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen.