Trump oder Harris? Wie eine deutsch-amerikanische Familie auf die US-Wahl blickt
Am 5. November wählen die USA ein neues Staatsoberhaupt. Das Rennen um den Platz im Weißen Haus hält die Welt in Atem. Auch eine Familie aus Mittenwald schaut ganz genau hin.
Bill Morgan macht das, was so viele Menschen in diesen Tagen tun. Er verfolgt gebannt den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten. Liest regelmäßig Nachrichten und sieht sich TV-Debatten an. Der 68-Jährige tut das aber noch einmal mit einem anderen Blick. Rund ein Drittel seines Lebens hat er in den USA verbracht, wurde dort geboren. 1998 hat es ihn mit seiner Familie schließlich nach Mittenwald verschlagen. Gemeldet sind er und seine fünf Kinder aber auch noch in Florida. Ihre Stimme haben sie, wie Millionen von US-Bürgern auch, schon abgegeben.
Wer soll im Januar 2025 ins Weiße Haus einziehen? Familie ist sich einig
Tausende Deutsche holten vor einiger Zeit Post aus Übersee aus ihrem Briefkasten. Zumindest diejenigen, die auch noch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen. Im dicken Kuvert fanden sie das Stück Papier, das sie vor die Frage stellte: Kamala Harris (Demokraten) oder Donald Trump (Republikaner)? Die Entscheidung fiel Bill Morgan nicht schwer. „Ich habe für Kamala gestimmt“, sagt er. In dieser Frage ist sich die sportbegeisterte Familie, die man im Landkreis bestens kennt, einig.
Die Söhne Sean, Corey, Ethan und die Töchter Natascha und Annika haben es ihm gleich getan. Mutter Birgit ist nicht wahlberechtigt. „Ich bin durch Papa immer sehr gut informiert“, sagt Annika. Auch in Österreich, wo sich die professionelle Snowboarderin und Olympiateilnehmerin gerade auf die anstehende Saison vorbereitet. Die Morgans sind – nicht zuletzt berufsbedingt – viel unterwegs, haben schon einiges von der Welt gesehen.

Hoffnung für die zweite Heimat: Mehr Einigkeit und Chancengleichheit
Sean lebt aktuell wieder in Mittenwald. Der ehemalige Eishockeyprofi, der auch für den SC Riessersee seine Schlittschuhe schnürte, lässt sich gerade zum Physiotherapeuten ausbilden. Auch vom Isartal aus verfolgt er die Situation in Amerika. 2023 hat er sich mit ein paar Freunden aus Mittenwald selbst ein Bild gemacht. Unter anderem Las Vegas haben sie einen Besuch abgestattet – die Reisegruppe war schockiert: „Die Stadt ist voller Zombies“, sagt Sean. Und meint damit die Drogenabhängigen vor Ort. Man könne sich nicht vorstellen, wie viele Menschen auf der Straße leben müssen. „Da sieht man krasse Sachen“, sagt der 29-Jährige.
Was er seiner zweiten Heimat vor allem wünscht, ist mehr Einigkeit und Chancengleichheit. Man spreche ja immer vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch davon sei man weit entfernt. Eine zweite Amtszeit von Trump würde die Gesellschaft nur noch weiter spalten, da ist er sich sicher. „Ich hoffe einfach, dass Kamala gewinnt.“ Auch wenn er davor Angst hat, wie Trump und seine Anhänger mit einer Niederlage umgehen würden. Die Bilder des 6. Januar 2021, als ein bewaffneter Mob das Kapitol in Washington stürmte, haben sich eingebrannt.
Die Morgans wählen in Florida - zuletzt triumphierten dort die republikanischen Kandidaten
Vater Bill geht es genauso. Er kann nicht verstehen, wieso man „einen Extremisten wie Trump“ wählt. Seine Reden würden nur so vor Hass sprühen. Auch die verfolgt er nämlich, möchte beide Seiten kennen. Leider tun das viele seiner Landsleute ihm zufolge zu selten. Manche würden in ihrer „eigenen Blase“ leben, immer dieselben Medien konsumieren. „Es ist schwer, da wieder herauszukommen.“ Was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass es in den Vereinigten Staaten praktisch nur zwei Parteien mit ernstzunehmenden Chancen gibt. Dort hat man bei der Wahl nicht so viele Alternativen wie in Deutschland. Der Familienvater spricht gerne über Politik, unterhält sich auch manchmal mit seinen Bekannten in Bayern darüber.
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Auch in sein Geburtsland pflegt er weiterhin Kontakte, hat dort einige Verwandte. Nicht alle stehen aber so fest wie er hinter den Demokraten, manche wählen auch Trump. Damit sind sie in Florida, wo auch die Stimmen der Morgans in die Entscheidung mit einfließen, nicht alleine. Der Bundesstaat stimmte bei den letzten beiden Wahlen mehrheitlich für den republikanischen Kandidaten. Doch bei dieser Präsidentschaftswahl scheint vieles möglich zu sein. Die Umfragen prognostizieren bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Morgan wagt trotzdem eine vorsichtige Prognose: „Kamala wird gewinnen – man muss es einfach hoffen.“ (tsch)