Sozialer Pflichtdienst für Rentner? CDU straft Idee ab – „eine Frage des Respekts“
Der Soziologe Klaus Hurrelmann schlägt ein soziales Pflichtjahr für Senioren vor. In Berlin trifft die Idee auf Ablehnung – von der CDU, aber auch von den Linken.
Berlin – Erst vor rund einer Woche sorgte der Vorschlag eines „Boomer-Solis“ für Aufsehen – nun bringt der Soziologe Klaus Hurrelmann eine weitere Idee zur Verantwortung der Generationen ins Gespräch. Der Generationenforscher sprach sich im Interview mit dem Spiegel für ein soziales Pflichtjahr für Senioren „am Ende ihres Arbeitslebens“ aus.
Sozialer Pflichtdienst für Rentner? CDU lehnt Idee ab – „eine Frage des Respekts“
Auf die Frage, ob eine Wehrpflicht oder ein soziales Pflichtjahr den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken könnten, erklärte der Soziologe: „Nur wenn man die ganze Gesellschaft in die Pflicht nimmt.“ Es sei nicht gerecht, von „den Jungen“ zu erwarten, „dass sie im Ernstfall allein das Land verteidigen“. Stattdessen, fordert Hurrelmann, solle darüber gesprochen werden, „wie gesellschaftliche Aufgaben wie die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit von allen Generationen getragen werden können“.
Der Vorschlag eines sozialen Pflichtjahres für Rentner ist nicht neu. Vor rund einem Jahr kam die Idee aus der CDU – von Ex-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.
In der Union trifft der Vorschlag des Soziologen heute dennoch auf Ablehnung. Anja Weisgerber, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, erklärt gegenüber unserer Redaktion: „Wir sollten uns zuerst darum kümmern, wie wir ein Gesellschaftsjahr für die jüngere Generation organisieren, bevor wir an eine zweite Runde für die Älteren denken, die schon viel für unsere Gesellschaft geleistet haben.“
CDU-Politikerin: Pflichtjahr für Rentner „würde Konzept der Aktivrente konterkarieren“
Bezogen auf Rentner ginge es vielmehr darum, „Anreize für freiwilliges Engagement zu setzen und dabei die Wahlfreiheit zu wahren: Diejenigen, die wollen und können, sollen sich auch einbringen, die anderen sollten aber von einer Pflicht verschont bleiben“, fordert die CDU-Politikerin: „Das ist auch eine Frage des Respekts vor den Seniorinnen und Senioren in unserem Land.“

„Ein Pflichtjahr würde zudem das Konzept der Aktivrente konterkarieren“, führt Weisgerber an. Union und SPD wollen, dass ältere Menschen möglichst lange berufstätig bleiben – und haben dazu die Idee einer „Aktivrente“ aus dem Unionswahlprogramm als Plan übernommen: Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.
Sozialer Pflichtdienst für Rentner? Auch Linke dagegen – „an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei“
Die Idee eines sozialen Pflichtjahres für Seniorinnen und Senioren scheint jedoch auch im politisch linken Spektrum keinen Anklang zu finden. Auf Anfrage erklärt Sarah Vollath, Sprecherin für Renten- und Alterssicherungspolitik der Fraktion Die Linke, gegenüber unserer Redaktion: „Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und anderer Zwangsdienste lehnen wir als Linke klar ab.“ Die Abgeordnete kritisiert zudem, dass „Generationen ständig gegeneinander ausgespielt“ würden – sei es bei Pflichtdiensten oder bei der Rente. „Wir sollten lieber darüber sprechen, wie wir Freiwilligendienste grundsätzlich attraktiver gestalten können – und zwar für Jung und Alt!“
Der Vorschlag, ein soziales Pflichtjahr für Rentner einzuführen, gehe zudem „völlig an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei“, kritisiert Vollath die Idee des Soziologen. „Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, sollte am Ende des Arbeitslebens in den wohlverdienten Ruhestand gehen können – und zwar mit einer Rente, die für ein gutes Leben reicht, und ohne Sorge, vom Staat verpflichtet zu werden!“ (pav)