Schock nach Sparkurs bei VW: „Nicht alle deutschen Autobauer werden das Jahrzehnt überleben“

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Krise in der deutschen Autoindustrie: VW bleibt Sorgenkind. © Julian Stratenschulte/dpa

Volkswagen verschärft seinen Sparkurs, es drohen Werksschließungen und Entlassungen. Ökonomen warnen nun vor politischen und staatlichen Eingriffen.

Berlin – Mit seinem Sparprogramm hat VW Betriebsrat und Gewerkschaften entsetzt. Werksschließungen und Entlassungen werden nicht mehr ausgeschlossen. Der Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, sieht die angekündigten Sparmaßnahmen als Beginn des Wandels in der deutschen Autoindustrie. „Ich habe wiederholt gesagt, dass ich nicht denke, dass alle deutschen Autobauer das Jahrzehnt in dieser Form überleben. Das bewahrheitet sich jetzt“, sagte Schularick der WirtschaftsWoche.

VW will sparen – Ökonomen warnen vor staatlichen Eingriffen

Man sehe nun den „Beginn der Umstrukturierung“, sagte er der WirtschaftsWoche. Ein Grund für staatliche Eingriffe bei Automobilunternehmen sei das seiner Ansicht nach allerdings nicht. „Wir sollten dem Strukturwandel nicht im Wege stehen. Aufstrebende Branchen suchen händeringend Arbeitskräfte“, sagte Schularick weiter.

Ähnlich hatten sich andere Ökonomen zum VW-Sparprogramm geäußert. Wirtschaftsweise Veronika Grimm ist der Ansicht, es könne „durchaus zu Werksschließungen kommen“. Der Staat allerdings sollte sich „da raushalten“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Die Autoindustrie habe lange in Brüssel lobbyiert, um die Transformation hinauszuschieben und auch die Politik habe „lange Zeit nicht vorausschauend agiert“, kritisierte sie. Wenn es um Umschulungen oder Weiterbildungen gehe, spiele der Staat indes „durchaus eine Rolle“.

Werksschließungen und Entlassungen drohen bei VW

Im Rahmen seines Sparprogramms schließt die Kernmarke VW jetzt auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger aus, wie das Unternehmen nach einer Führungskräftetagung mitteilte. Die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung werde aufgekündigt. Sie schloss betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 aus. Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaft zeigten sich entsetzt.

Aus Sicht des Vorstands müssen die Kernmarken VW umfassend restrukturiert werden, hieß es. „Auch Werkschließungen von fahrzeugproduzierenden und Komponenten-Standorten können in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden.“ Zudem reiche der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen nicht mehr aus, um die angepeilte Einsparziele zu erreichen. 

Krise in der deutschen Autoindustrie: VW bleibt Sorgenkind

Die deutsche Autoindustrie steckt derzeit in einer Krise. Die Kernmarke Volkswagen ist seit Jahren ein Sorgenkind. So hat VW schon länger mit hohen Kosten zu kämpfen und liegt bei der Rendite weit hinter Konzernschwestern wie Skoda, Seat und Audi zurück. Ein 2023 aufgelegte Sparprogramm sollte hier die Wende bringen, das Ergebnis bis 2026 um zehn Milliarden Euro verbessern. Unter anderem sollen die Personalkosten in der Verwaltung um 20 Prozent sinken. Beim Personalabbau setzte VW bisher auf Altersteilzeit und Abfindungen, entsprechende Programme wurden im Frühjahr noch einmal ausgeweitet und 900 Millionen Euro für Abfindungen von bis zu 474.000 Euro für besonders lang gediente Mitarbeiter zurückgelegt.

Sinkende Verkaufszahlen, der stockende Hochlauf der Elektromobilität und neue Konkurrenz aus China machen der Branche insgesamt zu schaffen. Bei VW brach der Konzerngewinn nach Steuern im ersten Halbjahr um 14 Prozent ein, bei Mercedes-Benz sogar um fast 16 Prozent. BMW verdiente im zweiten Quartal acht Prozent weniger. Der Zulieferer ZF kündigte nach einem Gewinnrückgang an, bis Ende 2028 in Deutschland zwischen 11.000 und 14.000 Stellen zu streichen. Continental will sein schwächelndes Autozuliefergeschäft womöglich komplett abspalten und an die Börse bringen. (bohy mit Material der dpa)

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