Ökonom fordert - Rentner sollen „Zeche“ für steigende Verteidigungsausgaben zahlen

Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hat in einem Interview die Notwendigkeit einer stärkeren finanziellen Beteiligung der Ruheständler an höheren Verteidigungsausgaben hervorgehoben. In der aktuellen wirtschaftlichen Lage, so Schularick, werde es nicht ohne erhebliche Kürzungen und Umschichtungen im Haushalt gehen.

Demnach erfordern nennenswerte Summen für die Verteidigungsausgaben eine Überprüfung des Rentensystems. „Mittel- und langfristig wird es nicht ohne Kürzungen und Umschichtungen im Haushalt gehen. Um nennenswerte Summen zu erreichen, wird man auch an das Rentensystem herangehen müssen“, erklärte Schularick im Gespräch mit dem Magazin "Spiegel“.

Angesichts der Forderung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump , dass die Nato-Mitgliedsstaaten bis zu fünf Prozent ihres Bruttoinlandprodukts (BIP) für Rüstungsausgaben bereitstellen, würde dies in Deutschland zu einem dreistelligen Milliardenbeitrag pro Jahr führen. Auch der Vorschlag von Grünen-Kandidat Robert Habeck , die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des BIP zu erhöhen, würde eine enorme Belastung für den Bundeshaushalt bedeuten. Der Verteidigungshaushalt für 2024 liegt bei 52 Milliarden Euro.

„Die Zeche sollten ausnahmsweise mal nicht nur die Jungen, sondern auch die Alten zahlen“

Schularick betonte, dass Ideen zur Finanzierung dieser Ausgaben deshalb dringend benötigt werden. Eine mögliche Maßnahme sei, das Renteneintrittsalter zu erhöhen und den Lebensstandard der Ruheständler durch einen Inflationsausgleich auf dem aktuellen Niveau einzufrieren. Allein in diesem Jahr würden die Renten voraussichtlich um 3,5 Prozent steigen. „Das ist in einer stagnierenden Wirtschaft kaum noch zu rechtfertigen“, sagte Schularick. „Die Zeche sollten ausnahmsweise mal nicht nur die Jungen, sondern auch die Alten zahlen.“

Schularick kritisierte auch die ältere Generation, die in den vergangenen Jahrzehnten versäumt habe, in die Sicherheit des Landes zu investieren. Stattdessen habe man die sogenannte „Friedensdividende“ konsumiert und das Rentensystem nicht zukunftssicher gemacht. „Deshalb wäre es schwierig, wenn die Älteren nun ihren Beitrag zur Stärkung der Verteidigung verweigern würden.“

„Sicherheit ist keine Luxusware"

Der Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck, die deutschen Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des BIP zu erhöhen, wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich mit der Frage zurückgewiesen, wer die „Zeche“ dafür zahlen solle. Schularick bezeichnete diesen Kommentar als irreführend und erklärte, dass die Zeche sehr wohl zu zahlen sei, wenn Deutschland nicht in seine Verteidigungsfähigkeit investiere. „Es könnte uns am Ende sehr viel teurer zu stehen kommen“, sagte Schularick. Und weiter: „Sicherheit ist keine Luxusware, sondern eine existenzielle Aufgabe des Staates und damit des Bundeskanzlers.“

Schularick betonte zudem die Dringlichkeit, eine europäische Verteidigungsindustrie aufzubauen, um von den USA unabhängiger zu werden. Er warnte davor, dass Deutschland andernfalls gezwungen sein könnte, „im amerikanischen Waffensupermarkt einzukaufen“, was langfristig teuer werden würde. „Solange Europa bei der Verteidigung nicht auf eigenen Füßen steht, sind wir sicherheitspolitisch von Trump erpressbar“, erklärte er. „Deshalb ist es entscheidend, eine europäische Verteidigungsindustrie aufzubauen.“