Die Zeit drängte. Ende Mai 2025 hätte die Polizeikommissarin Mara Kleine (Name geändert) von einer A9 auf eine A10-Stelle aufsteigen müssen. Die landesweite Richtlinie für Beamte sieht vor, dass Frauen bei gleicher Qualifikation eher befördert werden als ihr männlicher Mitbewerber. Von dieser Praxis hätte auch die 34-jährige Ordnungshüterin profitiert.
Bevor es aber dazu kommen sollte, verhängte die Spitze im Polizeipräsidium in ihrem Fall einen Beförderungsstopp. Zudem erstattete eine Kriminalhauptkommissarin, die das Ganze untersuchte, am 13. Mai 2025 bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine Strafanzeige gegen Mara Kleine wegen versuchten Betruges.
Geschlechterwechsel und ein Beförderungsstopp
Sechs Tage zuvor hatte die Polizeikommissarin beim Standesamt ihr Geschlecht von männlich auf weiblich ändern lassen. Seit dem 1. November 2024 ermöglicht der Gesetzgeber die Änderung ohne jegliche nähere Prüfung. Aus Martin wurde Mara.
Die Ermittlerin geht in einem Vermerk an die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Kleine sich durch ihren Geschlechterwechsel einzig einen Vorteil bei der anstehenden Beförderungsrunde verschaffen wollte. Auf diese Weise habe sie 43 Plätze nach oben übersprungen. Ohne die Änderung vom Mann zur Frau hätte sie keinen Karriereaufstieg erreichen können, so der Tenor.
Vorwürfe des Betrugs: Aussagen von Kollegen belasten die Beamtin
Als Beweis führte die Ermittlerin nach FOCUS-Online-Informationen einen weiteren Bericht über belastende Zeugenaussagen durch Kollegen ins Feld. Gleich vier Polizisten bekundeten demnach, dass Kleine ihren Geschlechterwechsel einzig mit dem Ziel angekündigt habe, schneller befördert zu werden.
Bereits im Februar war im polizeilichen Intranet publik geworden, dass eine Kripo-Beamtin zur Oberkommissarin befördert worden war. Zuvor hatte diese ebenfalls ihren Geschlechtseintrag auf weiblich ändern lassen. Mara Kleine soll gegenüber Kollegen bekundet haben, denselben Akt durchzuziehen. Die Ermittlerin wertete diese Aussage als Beleg für die Betrugsabsicht.
Interne Konflikte und persönliche Motive: Kommissarin will zurückwechseln
Zwei Tage nach ihrem Schritt Anfang Mai stellte Kleine gegenüber ihrer Vorgesetzten allerdings klar, nächstes Jahr wieder als Mann ihren Dienst verrichten zu wollen. So stehe 2026 die Hochzeit mit der Freundin an. Aus Mara sollte dann wieder Martin werden, der dann den Bräutigam gibt. So scheint es.
Auch nach fünf Monaten hat die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf nicht entschieden, ob sie aus einem Prüfvorgang ein Strafverfahren machen oder den Fall mangels Tatverdachts zu den Akten legen möchte. Auch scheint man seit dem Strafantrag durch die Polizei der Landeshauptstadt nichts Weiteres unternommen zu haben.
Juristische Auseinandersetzung: Verteidigung kritisiert Staatsanwaltschaft
Christoph Arnold, Verteidiger der Polizeikommissarin, kritisiert den Stillstand bei der Justiz: „Es wäre längst fällig, dass die Staatsanwaltschaft klarstellt, dass ein Geschlechterwechsel keinen Betrug darstellen kann.“ Der Polizei Düsseldorf wirft der Anwalt vor, bösartig die Aussagen seiner Mandantin aus dem Zusammenhang gerissen zu haben.
„Sie hat sich diesen Schritt hin zum Geschlechterwechsel nicht leicht gemacht. Als die Kollegen eher negativ darauf reagierten, hat sie versucht, mit Sprüchen über ihre Rolle den Unmut zu besänftigen.“ Sein Mandant habe nicht vor, als Mann seine Frau zu heiraten. „Er wird Frau bleiben“, führt Arnold aus.
Verwaltungsrechtliche Schritte und neue Blockade im Beförderungsverfahren
Im September hatte das Verwaltungsgericht auf seine Klage hin den Beförderungsstopp aufgehoben. Am 6. November erneuerte die Polizeispitze den Stopp gegen Mara Kleine. Dagegen ist der Bonner Verwaltungsrechtler nach FOCUS-Online-Informationen umgehend vorgegangen. Arnold beantragte ein generelles Beförderungsmoratorium bei der Polizei Düsseldorf, ehe die Causa um seine Mandantin nicht endgültig geklärt ist.
In der Zwischenzeit tun sich andere Probleme auf. Einige Kollegen auf der Düsseldorfer Wache, in der Kleine auf Streife geht, haben sich laut einem Vermerk bei ihren Vorgesetzten beschwert. Die Beamten wollten weder mit der Kommissarin im Männerbereich duschen noch auf die Toilette gehen. Nach ihrem Geschlechterwechsel nutzte Kleine zunächst die Frauentoilette. Die vorgesetzte Polizeihauptkommissarin bewertete diesen Vorgang als äußerst negativ.