Ärger mit der EU: Reiche muss wohl Habeck-Gesetz für neue Gaskraftwerke benutzen
Wirtschaftsministerin Katharina Reiche möchte die Energiewende der Ampel einem Realitätscheck unterziehen. Im Fokus liegt dabei die Versorgungssicherheit. Bekommt sie das Grün der EU-Kommission?
Berlin – Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) plant einen Umbau im Energiesektor. „Wir werden die Energiewende einem schnellen Realitätscheck unterziehen“, kündigte sie bei dem Kongress des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin an. Das Motto der Ministerin lautet: Energiewende ja, aber richtig. Die Dringlichkeit an steuerbarer Stromerzeugungskapazität ist groß – und ein entscheidender Faktor der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Für ihr Vorhaben gab es seitens der EU jedoch bisher kein Grün.
Gaskraftwerk-Ausbau: BDEW schlägt Habeck-Gesetz als Grundlage vor
„Ich stehe ganz persönlich für einen realistischen, für einen innovationsgetriebenen und einen verlässlichen Kurs mit klaren Zielen“, sagte Reiche in Berlin. Sie möchte den Gaskraftwerkausbau in Deutschland vorantreiben, um das im Koalitionsvertrag festgesetzte Ziel von 20.000 Megawatt an Kraftwerksleistung zu erfüllen. Diese steuerbaren Erzeuger sollen die Energiesicherheit innerhalb Deutschlands nach dem Kohleausstieg gewährleisten, wenn Sonne und Wind nicht die gewünschten Leistungen erbringen. Denn wegen des Energiedefizits musste Deutschland 2024 einen Rekordwert an Strom importieren – auch aus nicht sauberen Quellen, wie beispielsweise französischen Atomstrom.
Abhilfe sollte das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) mit 12.000 Megawatt Gaskraftwerken von Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schaffen. 7.500 Megawatt davon sollten demnach wasserstofffähige Gaskraftwerke, nur ein Anteil von 500 Megawatt Batteriespeicher sollte neu gebaut werden. Der BDEW kritisierte den Entwurf, da er Investoren zu viele Risiken überlasse. Zudem störte sich der Verband an der Pflicht zum Umstieg auf Wasserstoff nach acht Jahren. Letztendlich schlug der BDEW aber vor, den KWSG-Entwurf als Grundlage für den Neubau von Gaskraftwerken zu nehmen, da die EU-Kommission den Vorschlag bereits beihilferechtlich genehmigte.

Reiche: Ampel-Pläne werden „Realitätscheck“ unterzogen
Seitens Umweltschützern hagelte es aber scharfe Kritik am Habeckschen Gesetzentwurf. Denn der Plan enthielt keine Beschränkung der Betriebsstunden auf das absolut notwendige Maß, zudem fiel die Förderung der Batteriespeicher zu klein aus. Das Gesetz wurde letztendlich nach Bruch der Koalition nicht verabschiedet. Wie auch schon etliche Energiekonzerne zuvor bemängelt haben, sollten die Ausbauziele der Ampel einer Prüfung unterzogen werden. Der von der Ampel forcierte Ausbau an Erneuerbaren Energien müsse vielmehr auf Ort und Zeit von Nachfrage und Angebot abgestimmt werden.
„Der schnelle Ausbau von erneuerbaren Energien allein reicht nicht aus, um die Energiewende am Ende zum Erfolg werden zu lassen“, kritisierte die CDU-Politikerin Reiche den Ampel-Plan. Denn nicht allein die installierte Leistung zähle, sondern auch die Frage, ob diese gut im Stromnetz verteilt und gegebenenfalls gespeichert werden kann. Reiche möchte den Ausbau dem Strombedarf anpassen. Dazu soll noch in diesem Jahr ein Bericht vorgelegt werden.
Energiesicherheit: Reiche setzt auf mehr Flexibilität
Ob das Vorhaben der CDU-Ministerin allerdings so umgesetzt werden kann, ist von staatlichen Hilfen abhängig. Der Neubau von 20 Gigawatt an Gaskraftwerken, wie von Reiche gewünscht, muss von der EU abgesegnet werden, speziell von der zuständigen Kommissarin Teresa Ribera. Schon die Ampelregierung hatte Probleme, ihren geplanten Bedarf mit der EU auszuhandeln. Am Ende bekam sie grünes Licht – anstatt von vorne anzufangen, muss Reiche jetzt wohl auf das Ampel-Gesetz zurückgreifen, wenn es schnell gehen soll.
„Es kommt darauf an, wie weit wir uns mit der Kommission beihilferechtlich einigen können. In einem ersten Schnellboot werden es vermutlich Gaskraftwerke sein, weil diese schnell und kostengünstig zu beschaffen sind“, so die Bundeswirtschaftsministerin beim BDEW-Kongress in Berlin. Reiche setzt in ihrer Strategie vielmehr auf Flexibilität: „Wir brauchen Flexibilität. Wir brauchen Speicher. Wir brauchen regelbare Kraftwerke“. Details nannte die Ministerin bisher jedoch nicht.