Hort-Chaos in Bad Wiessee: Pfarrer signalisiert Gesprächsbereitschaft
Die Info-Veranstaltung zur Betreuung der Wiesseer Hortkinder vergangene Woche endete in einem Schock: Nur 25 der 100 Schüler sollen sofort einen Platz bekommen (wir berichteten). Vielleicht gibt es doch Hoffnung.
Der vorherige Träger, die evangelische Kirche, signalisiert Gesprächsbereitschaft.
Seit Bürgermeister Robert Kühn (SPD) und der neue Träger für die Hortgruppen im neuen Kita-Zentrum, die Diakonie Rosenheim, vergangene Woche bekannt gaben, dass nur 25 statt 100 Wiesseer Schulkinder einen Hortplatz bekommen, laufen deren Eltern Sturm (wir berichteten). In einem Brief an Bürgermeister Kühn, den Gemeinderat, Landrat Olaf von Löwis und Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf machen die betroffenen Familien ihrer Enttäuschung, ihrem Ärger und nicht zuletzt ihren Existenzängsten Luft. In Anrufen und E-Mails an unsere Redaktion sowie in Posts in den Sozialen Medien ist von „falschen Versprechungen“, „Ausweichmanövern“, falschen „Schuldzuweisungen“ und dem Verpassen eines „medialen Maulkorbs“ die Rede. Der Hauptvorwurf: Bürgermeister Kühn und die Gemeinde hätten den Trägerwechsel so managen müssen, dass die Betreuungssicherheit gewährleistet ist – „und nicht 75 Prozent der Kinder hinten runterfallen“. Das Versprechen habe gelautet: Jedes Wiesseer Kind soll einen Platz erhalten.
Viele Familien kalt erwischt
Dass jetzt nur 25 von 100 Kindern einen Hortplatz bekommen, hat viele Familien kalt erwischt. Zuvor mussten sich die Eltern mit der Aussicht auf „minderqualifizierte Hilfskräfte“ statt qualifiziertem Personal, mit einer fixen Abholzeit um 15 Uhr statt flexibler Betreuung bis 17 Uhr, mit dem Wegfall des Frühdienstes und der Ferienbetreuung sowie höheren Gebühren arrangieren. Das hätten sie als Anlaufschwierigkeiten nach einem Trägerwechsel und mit der Perspektive, dass das Angebot stufenweise ausgebaut werde, wohl noch hingenommen.
Jetzt sind es vor allem Frauen, die mit ihren Arbeitgebern das Gespräch suchen, um vermehrt im Homeoffice zu arbeiten oder um ihre Arbeitszeiten wegen der Kinder zu kürzen. Einige fürchten, ganz zurück an den Herd zu müssen. Für Alleinerziehende und einkommensschwache Familien eine existenzbedrohende Situation.
Kein Wunder also, dass auch beim ehemaligen Träger, der evangelischen Kirchengemeinde, die nach wie vor die Krippen-, Kindergarten- und Hortkinder im Talverband betreut, seit vergangener Woche seitens der Eltern vermehrt Anfragen eingingen, ob die Kirche nicht doch bleiben könne. Oder ob die Kinder zumindest per Gastantrag untergebracht werden könnten.
Auf Anfrage beim evangelischen Pfarrer Martin Weber, wie es in den Einrichtungen der anderen vier Kommunen Tegernsee, Rottach-Egern, Kreuth und Gmund aussieht, heißt unter Verweis, dass noch die Unterschriften auf der neuen Betriebsträgervereinbarung fehlen würden: „Wir waren bisher bei etwa 85 Prozent Abdeckung und können ab Herbst 100 Prozent abdecken.“
Der Wegfall der 100 Hortkindern habe damit nichts zu tun, betont Weber: „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass Bad Wiessee aussteigt. Als Betrieb, der ausbildet, gewinnen wir Mitarbeiter aber weit früher.“ Ob das bedeutet, dass der Talverband den tatsächlichen Bedarf aller Talgemeinden – inklusive der für die zusätzlichen Gruppen in Gmund und die vier Gruppen in Bad Wiessee – abdecken könne, beantwortet Weber gegenüber unserer Zeitung mit einem klaren Ja: „Wir haben ursprünglich mit Bad Wiessee geplant und deshalb auch Personal dafür vorgehalten. Dass wir kein oder zu wenig Personal haben, haben wir von unserer Seite aus nie gesagt.“
Was wiederum die Wiesseer Eltern hoffen lässt. Denn somit wäre grundsätzlich Kapazität an qualifiziertem Personal im Tal vorhanden. Und Weber signalisiert Gesprächsbereitschaft, „wenn 75 Familien damit gerettet werden würden“. Was es nun wohl braucht, ist eine – auch juristisch – kreative Lösung. Und den guten Willen aller Beteiligten.