Zwei Jahre und kein Ende in Sicht: Wie geht es im Ukraine-Krieg weiter?

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Wie kann Deutschland zu einem Ende des Ukraine-Kriegs beitragen? IPPEN.MEDIA fragt zum Jahrestag des Kriegsbeginns bei den Parteien im Bundestag nach.

München – Am 24. Februar 2022 marschierten russische Streitkräfte in Gebiete der Ost- und Nordukraine ein. Wie später bekannt wurde, plante Russlands Präsident Wladimir Putin innerhalb weniger Tage die ukrainische Hauptstadt Kiew einzunehmen und Präsident Wolodymyr Selenskyj zu stürzen. Genau zwei Jahre später hat sich der Ukraine-Krieg zum erbitterten Stellungskrieg im Osten des Landes entwickelt.

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Erbitterte Kämpfe entlang der Front dauern an

Russische und ukrainische Streitkräfte kämpfen teilweise über Monate hinweg um vergleichsweise kleinere Städte wie Bachmut oder Awdijiwka. Die Bewegung der Frontlinie hat sich in den vergangenen Monaten auf ein Minimum beschränkt. Ebenfalls gleichgeblieben sind die Debatten in Deutschland und Europa. Wurde Anfang 2023 noch über die Lieferung von Leopard-2-Panzern gestritten, steht nun die Frage nach Taurus-Marschflugkörpern auf der politischen Tagesordnung.

Geopolitisch drohen jedoch neue Herausforderungen. Die US-Wahl 2024 und eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus werfen ihren Schatten voraus. Die Unterstützung der USA für die Ukraine könnte damit auf der Kippe stehen. Ebenso macht sich in der europäischen Bevölkerung ein zunehmender Pessimismus über die Chancen der Ukraine im Krieg gegen Russland breit. Die Regierung in Kiew blickt in eine ungewisse Zukunft.

Zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine hat Merkur.de bei den Parteien im Deutschen Bundestag nachgefragt: Was kann Deutschland tun, um auf ein Ende des Kriegs hinzuwirken?

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: SPD-Fraktion will massive Unterstützung aufrechterhalten

Gabriele Heinrich, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, setzt weiter auf massive Unterstützungen für die Ukraine. Denn eine diplomatische Lösung liege aktuell in weiter Ferne: „Deutschland steht unverbrüchlich an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainern, die ihr Land tapfer und erfolgreich verteidigen. Unsere Unterstützung haben wir diese Woche auch noch einmal mit unserem Antrag im Bundestag deutlich gemacht. In enger Absprache mit unseren Partnern und Verbündeten werden wir auch weiterhin unsere massive Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten – humanitär, finanziell, militärisch und diplomatisch. Wir werden die Ukraine so lange wie notwendig unterstützen – je schneller das russische Regime das versteht, desto näher kommen wir einem Ende des Krieges.“

Tatsache ist, dass derzeit eine Lösung über Verhandlungen in weiter Ferne liegt.

„Tatsache ist, dass derzeit eine Lösung über Verhandlungen in weiter Ferne liegt. Trotzdem sollten wir für den Fall gut vorbereitet sein, falls sich das Fenster der Diplomatie wieder öffnet. Die territoriale Souveränität und Integrität der Ukraine haben dabei immer oberste Priorität.“

Ein ukrainischer Soldat mit Sturmgewehr steht vor einem Feld in der Region Saporischschja.
Der russische Überfall auf die Ukraine jährt sich zum zweiten Mal. Ein Ende des Konfliktes ist nicht in Sicht. © Dmytro Smolienko/imago-images

Jahrestag des Kriegsbeginns: CDU beharrt auf Taurus-Lieferungen an die Ukraine

Roderich Kiesewetter (CDU), stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Kontrollgremiums, forderte unter anderem eine deutliche Erhöhung der Waffenlieferungen: „Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist dann beendet, wenn Russland seine Truppen aus der Ukraine zurückzieht. Deutschland sollte die Ukraine in eine Position der Stärke bringen, um so die Befreiung der besetzten Gebiete zu ermöglichen und die russischen Aggressortruppen zurückzudrängen. Dies geht nur mit einer Strategieänderung bei der Unterstützung, so viel wie möglich und so rasch wie möglich liefern.“

Wir müssen wirksame Waffen liefern und insbesondere Masse und Qualität erhöhen

„Drei Maßnahmen unterfüttern diese Strategie, sodass ein Sieg der Ukraine wahrscheinlicher ist: Wir müssen wirksame Waffen liefern und insbesondere Masse und Qualität erhöhen, akut wichtig sind Munition und weitreichende Marschflugkörper wie Taurus. Zweitens müssen wir die Sanktionen gegen Russland wirksamer machen und Schlupflöcher schließen, sowie die Umsetzung verbessern. Drittens müssen wir der Ukraine eine klare und unverhandelbare Zukunftsperspektive geben, dies kann nur in einer klaren Einladung beim Washington-Gipfel liegen, NATO-Mitglied zu werden, sobald es die Sicherheitsbedingungen zu lassen.“

„Damit wir diese Maßnahmen politisch umsetzen, muss die Bundesregierung allerdings begreifen, dass Russland sich in einer Allianz mit China, Iran und Nordkorea (CRINK) befindet, die es massiv unterstützen. Insofern ist eine Gesamtstrategie gegen CRINK erforderlich, die nur in wirtschaftlicher, politischer und militärischer Abschreckung liegen kann. An Ankurbelung der Rüstungsproduktion, haushälterischen Umpriorisierungen innerhalb der Schuldenbremse und wirtschaftlichen wie politischer Sanktionen auch gegen Iran und China führen kein Weg vorbei.“

Grüne rechnen nach zwei Jahren Ukraine-Krieg nicht mit diplomatischer Lösung

Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundetag, rechnet nicht mit einer diplomatischen Lösung des Konflikts. Die Ukraine müsse sich deshalb weiter militärisch verteidigen können: „Die Menschen in der Ukraine leiden unter russischem Terror und Kriegsverbrechen. Es ist mehr als offensichtlich, dass Wladimir Putin nicht verhandeln will, er ist von einer imperialistischen Ideologie getrieben. Nur wenn sich die Ukraine erfolgreich militärisch wehrt, wird Russland dazu gebracht, seinen verbrecherischen Krieg gegen die Freiheit zu beenden und nur dann gibt es eine Chance auf echte Verhandlungen.“

Es ist mehr als offensichtlich, dass Wladimir Putin nicht verhandeln will, er ist von einer imperialistischen Ideologie getrieben

„Deshalb haben wir mit unserem Antrag gestern im Bundestag zum Ausdruck gebracht, dass Deutschland neben den bereits erfolgten Maßnahmen noch mehr tun muss, wie andere europäische Partner auch. Neben den wichtigen Beiträgen bei der Luftverteidigung und Panzern geht es um dringend benötigte Munition. Aber die Unterstützung der Ukraine beschränkt sich nicht nur auf militärische Fragen, es geht auch beispielsweise um das Schließen von Umgehungsmöglichkeiten bei den Sanktionen, die rechtsstaatliche Aufarbeitung von Kriegsverbrechen oder langfristige Unterstützung beim Wiederaufbau und bei dem Wunsch der Ukraine, Mitglied von EU und NATO zu werden.“

„In diesem Zusammenhang war die Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens letzte Woche, die Deutschlands Unterstützung für die nächsten Jahre politisch verbindlich untermauert hat, ein wichtiger Schritt. Ein weiterer Meilenstein wird die von der Bundesregierung ausgerichtete Wiederaufbaukonferenz in diesem Jahr sein.“

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Linken-Chefin Wissler fordert mehr diplomatische Bemühungen

Janine Wissler, Co-Vorsitzende der Partei Die Linke, fordert von der Bundesregierung größere diplomatische Anstrengung hin zu einer Lösung des Konflikts: „Dass die Bundesregierung nach zwei Jahren Krieg weiterhin und nahezu ausschließlich auf Waffenlieferungen setzt, bringt den Frieden für die Ukraine kein Stück näher. Im Gegenteil, mittlerweile gibt es mehr als eine halbe Million tote oder schwer verletzte Soldaten. Die Ampel ist in einer militärischen Logik gefangen und keinerlei diplomatischer Ansatz ist erkennbar, diesen furchtbaren Krieg zu beenden.“

Die Ampel ist in einer militärischen Logik gefangen und keinerlei diplomatischer Ansatz ist erkennbar, diesen furchtbaren Krieg zu beenden.

„Die Bundesregierung sollte ihre diplomatischen Anstrengungen verstärken, statt immer mehr und immer schwerere Waffen zu liefern. Deutschland sollte stattdessen russischen Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern die Einreise erleichtern. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Beendigung des Krieges.“

Jahrestag des russischen Überfalls: FDP nennt vier Dimensionen der Ukraine-Hilfe

Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, nennt vier Dimensionen der Unterstützung für die Ukraine. Der Preis für Putins Russland müsse hoch sein: „Der Krieg ist sofort und final vorbei, wenn Putin mit seiner Armee abziehen muss. Jede Unterwerfung der Ukraine mit dem Inhalt, Gebiete abzugeben, die durch militärische Gewalt entrissen wurden, führt nur zu einem sogenannten frozen conflict, der wie seit 2014 immer wieder aufbrechen wird. Ein stabiler Friede wird nur dann gelingen, wenn Russland abgezogen ist.“

„Der Krieg ist sofort und final vorbei, wenn Putin mit seiner Armee abziehen muss“

„Unser Beitrag für einen ukrainischen Sieg in diesem Krieg hat vier Dimensionen. Erstens: humanitäre Hilfe für die ukrainische Bevölkerung. Zweitens: Lieferung von Rüstungsgütern für die ukrainischen Verteidiger und Ausbildung an den Systemen. Drittens: Druck auf Russland auf internationaler, diplomatischer Ebene. Viertens: wirtschaftliche Sanktionen wie die derzeitige Prüfung der Verwendung eingefrorener russischer Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Der Preis für die Fortsetzung des Krieges muss so hoch sein, dass das Kosten-Nutzen-Kalkül aus Sicht des Kremls ins Negative schlägt.“ (Felix Durach)

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