US-Strafzölle gefährden Bayerns Wirtschaft: Automobilindustrie und Maschinenbau besonders betroffen

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Börsenbär und -bulle: Für viele Investoren und Wirtschaftsvertreter waren die letzten Tage und Wochen nach der US-Ankündigung verschärfter Zölle geprägt von Ungewissheit, Frust und Zukunftsangst. Viele Firmenvertreter hoffen auf eine gebündelte Ansage der EU, um den internationalen Handel weiter erfolgreich forcieren zu können. © Symbolbild: PantherMedia/Bernd Stuhlmann

Als US-Präsident Donald Trump jüngst strenge Zölle für einen Großteil der Welt – und damit auch für die bayerischen Handelspartner – verhängte, war plötzlich nichts mehr wie zuvor. Für die europäische und bayerische Wirtschaft haben unsichere Zeiten begonnen, auch wenn Trump die Zölle inzwischen wieder für 90 Tage aussetzte – außer für China. Auch die 25-prozentigen Zölle auf Automobilimporte und Autoteile wurden nicht ausgesetzt.

Landkreis - In Bayern, besonders auch im Oberland, arbeiten viele Menschen in der Autoindustrie, im Maschinenbau, bei Zulieferern sowie in der Produktion von orthopädischen Implantaten oder Pharmaartikeln.

Tatsächlich sind die USA laut der Bayerischen Industrie- und Handelskammer (BIHK) einer der wichtigsten Handelspartner des Freistaats. Deshalb treffen die neuen US-Zölle die bayerische Wirtschaft und ihre Wachstumsaussichten empfindlich. „Das befürchtete handelspolitische Horrorszenario mit unabsehbaren Konsequenzen ist hiermit eingetreten“, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.

Automobilhersteller besonders betroffen

Es sei allerdings fraglich, als wie dauerhaft sich die US-Maßnahmen erweisen werden, da auch die amerikanische Wirtschaft unter schweren Verwerfungen leiden dürfte – inklusive höherer Inflation und einer steigenden Rezessionsgefahr, auch wenn die Zölle doch noch vorerst für drei Monate ruhen sollen.

Gößl bezeichnet die Lage als extrem kritisch: „Die fortschreitende amerikanische Selbstisolation ist unbestritten ein schwerer Schlag und verschärft die Krisensituation in der bayerischen Wirtschaft.“ Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) äußert sich besorgt.

„Das amerikanische Zollpaket schadet beiden Seiten und ist eine konkrete Gefahr für unsere Wirtschaft“, teilte das Staatsministerium mit. „Die Vereinigten Staaten sind unser wichtigster Exportmarkt. Allein im vergangenen Jahr haben bayerische Unternehmen Waren im Wert von 29 Milliarden Euro dorthin geliefert.“ Wertschöpfungsketten, Arbeitsplätze und Investitionen sieht Aiwanger bedroht.

Je nach Unternehmen sei Bayern von den Zusatzkosten sogar in dreistelliger Millionenhöhe betroffen. „Betroffen sind insbesondere unsere Automobilhersteller und -zulieferer, die Chemieindustrie sowie der Maschinenbau“, so der Minister. „Wir stehen in Bayern für freie und faire Märkte. Deshalb werden wir unsere internationalen Handelsbeziehungen entschlossen weiter ausbauen – gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und weltweit.“ Mit den 30 Außenhandelsvertretungen sei man dafür bestens aufgestellt, verspricht das Ministerium.

Bloß kein Handelskrieg

Auch Gößl plädiert für ein starkes, selbstbewusstes Auftreten. „Wir sollten interne Hürden und Bürokratie abbauen und uns selbst einen Wachstumsschub geben“, so der BIHK-Chef.

Das bedeute auch, dass der Reformdruck in Deutschland steigt. „Die Partnerschaften mit Kanada, China, Indien, Brasilien und anderen Ländern müssen intensiviert werden“, fordert Gößl. Deutschland und die EU seien nun gefordert, handelspolitisch klar Stellung zu beziehen – und in den Gesprächen auch die lukrativen US-Dienstleistungen anzusprechen, die Präsident Trump in seiner Argumentation stets ausklammert.Gößl fordert ein geschlossenes Auftreten der EU. Auf Anfrage des Kreisboten äußerte sich auch der Automobilzulieferer Webasto, ein weltweit agierendes Familienunternehmen aus Stockdorf. Laut Unternehmenssprecherin Anna Müller produziert Webasto zu einem großen Teil lokal – für den Markt im jeweiligen Land.

„Deshalb waren wir in der Vergangenheit weniger stark direkt von Handelshemmnissen betroffen“, so Müller. Mittelbar wirke es sich aber doch aus, wenn Kunden – die Automobilhersteller – Konsequenzen ziehen.

Was die neuen US-Zölle konkret für Webasto bedeuten, sei derzeit noch unklar. Man wolle sich dem Thema aber intensiv widmen, sagt Müller. Trotzdem warnen alle Beteiligten vor einem Handelskrieg. „Zölle bringen Gegenzölle – und ein Handelskrieg kennt am Ende nur Verlierer“, sagt Aiwanger.

Er hofft, dass die EU-Kommission in Verhandlungen mit den USA das Schlimmste verhindert. Vertreter der EU versuchen gerade, eine gemeinsame Line zu entwickeln, wie man den Strafzöllen entgegenwirken kann. Eine gemeinsame Strategie sei wichtig, sagen Wirtschaftsexperten.

Denn: Laut Wirtschaftsministerium sind etwa 700 bayerische Unternehmen in den USA aktiv – sie sichern dort mehr als 700.000 Arbeitsplätze.

Die USA sind mit einem Ausfuhrvolumen von rund 29 Milliarden Euro im vergangenen Jahr das wichtigste Exportland für die bayerische Wirtschaft samt Auslandsinvestitionen.

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