Ohne Kühe keine Kulturlandschaft: Kreis beschließt Resolution zur Kombihaltung

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Bleibt es dabei, dass Kühe in Kombihaltung im Winter mindestens zweimal pro Woche aus dem Stall auf ein Freigelände getrieben werden müssen, wird befürchtet, dass viele Landwirte im Landkreis aufgeben. © Karl-Josef Hildenbrand

Mit großer Sorge blicken Landwirte auf das geplante neue Tierschutzgesetz. Die Kombihaltung bleibt zwar möglich. Die Tiere im Winter aber zweimal pro Woche auszutreiben, ist für viele kaum machbar.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Das Thema Kombihaltung mit Sommerweidegang treibt Stefan Fadinger um. „Ich brenne für das Thema“, sagte der Bürgermeister-Sprecher im Landkreis und CSU-Kreisrat am Montag in der Kreistagssitzung. Gemeinsam mit den anderen Landkreis-Bürgermeistern und Landrat Josef Niedermaier hat er – nach Garmischer Vorbild – eine Resolution formuliert, die am Montag der Kreistag einstimmig beschloss. Sie soll Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir noch einmal vor Augen führen, was es bedeutet, wenn Landwirte mit Kombihaltung ihre Kühe im Winter zweimal pro Woche austreiben müssen. Sollte es bei dieser Vorgabe bleiben, werden viele Betriebe aufgegeben, ist nicht nur Fadinger überzeugt. Und das habe Folgen – für die Lebensmittelproduktion, die Kulturlandschaft und die Biodiversität.

Unfallrisiko für die Tiere bei Schnee und Eis

Beim Thema Kombihaltung haben die Landwirte bereits einiges erreicht. Ursprünglich sollte die Haltungsform, bei der die Tiere im Winter im Stall angebunden und im Sommer auf der Weide sind, mit einer Übergangsfrist komplett verboten werden. Im aktuellen Referentenentwurf zum neuen Tierschutzgesetz soll sie nun aber in Betrieben mit bis zu 50 Tieren weiterhin dauerhaft ermöglicht werden – auch bei Hofübergaben. Knackpunkt ist ein anderer. Vorgesehen ist, dass die Tiere außerhalb der Weidezeit, also vor allem im Winter, mindestens zweimal pro Woche aus dem Stall auf ein Freigelände getrieben werden müssen. „Wir haben viele Betriebe, die in der Dorfmitte sind. Die haben einfach keine Möglichkeit, das zu tun“, sagte Fadinger. Bei Schnee, Eis und Nässe stelle das zudem ein nicht unerhebliches Unfallrisiko für die Tiere dar. Zudem seien die meisten Landwirte im Nebenerwerb. „Es gibt kein Personal auf den Höfen, um zweimal die Woche auszutreiben.“

Landwirtschaftliche Betrieb prägen das Landschaftsbild

Das bestätigte Susanne Merk (FW). „Unser Betrieb mit zwölf Kühen besteht seit 1680 in Gaißach-Mühle.“ Bleibe es bei der Vorgabe, das Vieh zweimal pro Woche austreiben zu müssen, „ist eine Fortführung des Betriebs an dieser Stelle nicht möglich“, betonte Merk. Morgens um 6 Uhr beginne rund um ihren Hof der Berufsverkehr. Bleibe es bei der Regel, „wird das das Ende von vielen Betrieben im Ortskern sein. Das wird unsere Kulturlandschaft verändern.“ Man müsse ins Bewusstsein rücken, wie wichtig gerade diese kleinen Betriebe sind. „Sie prägen unser Landschaftsbild.“

Wir haben keinen Strukturwandel, wir sind mittendrin in einem Strukturbruch

Die Gefahr, dass viele Betriebe aufgeben, sieht auch Michael Häsch (CSU). Schon jetzt gibt es einen rasanten Schwund. „Wir haben keinen Strukturwandel, wir sind mittendrin in einem Strukturbruch.“ Und der schreite „unglaublich schnell voran“, betonte Landwirt Häsch. Auch für Kreisbäuerin und FW-Kreisrätin Ursula Fiechtner ist es wichtig, dass hier ein Umdenken bei der Bundespolitik einsetzt. Schließlich gehe es auch um das Thema Nahrungsmittelsicherheit. „Und Betriebe im Dorfkern haben einfach nicht viele Flächen zur Verfügung“, betonte Fiechtner. Werden die Kühe ausgetrieben, „schaut das für den Laien total schön aus. Aber die Leute begeben sich dabei in Gefahr.“

Auch die Grünen unterstützen die Resolution

Momentan gibt es 800 rinderhaltende Betriebe im Landkreis. „Wir reden also nicht über eine Randgruppe“, betonte Fadinger. Geben Höfe mit Blick auf die geplante neue Regelung auf, finde weniger Weidebetrieb statt. Das verändert nicht nur die geschaffene Kulturlandschaft, sondern schmälere auch die Artenvielfalt, die sich auf beweideten Flächen – gerade auch auf Almflächen – entwickelt hat, so Fadinger. Verschwinde die Kulturlandschaft, weil es weniger Beweidung gibt, könnte das auch Auswirkungen auf den Tourismus haben, ergänzte Fiechtner. „Und die Region lebt auch vom Tourismus.“

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„Kombihaltung ist wichtig für unseren Landkreis“, betonte Biobauer und Grünen-Kreisrat Nikolaus Mair. Er appellierte auch an die anderen Fraktionen, Einfluss auf ihre Bundestagsabgeordneten zu nehmen. Die größte Bedrohung für die Landwirtschaft sieht Mair aber in den Molkereien und der Lebensmittelindustrie, die keine Milch aus Kombihaltung mehr annehmen wollen oder schlechter bezahlen. Auch dazu gibt es einen Absatz in der Resolution. Gefordert wird, dass es bei den Haltungsstufen eine Abgrenzung zur Anbindehaltung gibt. Betriebe mit Kombihaltung und Auslauf müssten in die Haltungsform 3 eingestuft werden. „Derzeit haben die Bauern in der Haltungsstufe 1 und 2 nämlich große Abschläge beim Milchgeld und in der Fleischvermarktung hinzunehmen“, so die Resolution.

Abstimmung mit den Füßen

Grünen-Fraktionschef Klaus Koch konnte der Resolution auch zustimmen. Er fand es aber „interessant“, dass der Aufforderung von Mair vor Längerem im Umweltausschuss, eine Resolution auf den Weg zu bringen, nicht nachgekommen worden sei. Koch betonte auch, dass es den bayerischen Grünen zu verdanken sei, dass die Kombihaltung nun überhaupt im Gesetzesentwurf Berücksichtigung gefunden habe. „Viele hatten das nicht auf dem Radar.“ Aber die Aufnahme der Kombihaltung sei doch nur „ein Feigenblatt“, sagte Fadinger. Bleibe der Winter-Auslauf drin, „stimmen die Landwirte mit den Füßen ab und einfach zu“.

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