Hohe Rückfallquote: Hälfte aller Empfänger bezieht nach drei Monaten wieder Bürgergeld

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Bleibt Bürgergeld-Reform ohne langfristigen Erfolg? Jeder zweite erfolgreich vermittelte Bürgergeld-Empfänger landet nach drei Monaten wieder im Jobcenter. Die Begründungen lassen aufhorchen.

Berlin – „Mit dem Bürgergeld bringen wir die Menschen nachhaltig in Arbeit“, versprach Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit der Einführung des Bürgergelds, das auf Hartz-IV im Januar 2023 gefolgt war. Das Konzept rund um Arbeitsmarktintegration mit Fokus auf Qualifikation, Aus- und Weiterbildungen und enge Betreuung durch die Jobcenter sollte Bürgergeld-Empfänger langfristig wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Doch eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit bringt ans Licht, dass dieses Versprechen gescheitert sein könnte. So bezieht gleich jeder zweite Vermittelte nach drei Monaten wieder Bürgergeld. 

Hohe Rückfallquote bei Bürgergeld-Beziehern: Schlechtere Quoten als noch bei Hartz IV

Die Quote der sogenannten bedarfsdeckenden Integration lag im Jahr 2023 bei 49,2 Prozent, wie aus einer AfD-Anfrage hervorgeht, die der Welt vorliegt. Bedarfsdeckend bedeutet, dass der vermittelte Bürgergeld-Bezieher sich nach drei Monaten selbst versorgen kann und nicht mehr auf Sozialleistungen angewiesen ist. Dies war bei 382.100 Personen der Fall, bei 394.327 jedoch nicht. Fazit: Die Hälfte aller vermittelten Bürgergeld-Beziehen fällt nach drei Monaten wieder zurück ins System. 

Im Vergleich mit dem Vorjahr – vor der Einführung des Bürgergelds – wird sichtbar, dass sich die Werte sogar verschlechtert haben. Die bedarfsdeckende Quote belief sich damals auf 51 Prozent: 435.578 Personen zu 413.175 Personen, die bereits nach kurzer Zeit wieder in die Grundsicherung zurückfielen. 

Rückfallquote bei Bürgergeld-Beziehern mit Kindern besonders hoch

Die Gruppe der 25- bis unter 35-Jährigen mit 53,6 Prozent sowie alleinstehende Personen mit 60,3 Prozent wiesen letzten Jahr die höchste Wahrscheinlichkeit auf, erfolgreich vermittelt zu werden. Bei sogenannten Bedarfsgemeinschaften mit Kindern lag der Wert besonders niedrig (34,7 Prozent). Die Quote der nachhaltigen Integration lag bei Deutschen mit 52,1 Prozent höher als bei ausländischen Beziehern, wo nur 45,8 Prozent nachhaltig vermittelt wurden.  

Bei der Bundesagentur für Arbeit möchte man laut Welt-Nachfrage aus den Zahlen noch keine Rückschlüsse ziehen, dafür sei es noch zu früh. So seien Teile der Bürgergeldreform und Förderprogramme auch erst Mitte 2023 in Kraft getreten. Vielmehr ortet man eine Vielzahl möglicher Gründe, wieso die Zahlen nicht besser sind. Zum einen sei die schlechte Konjunktur verantwortlich, weswegen einige Branchen wie die Industrie Stellen abbauen müssten. Außerdem würde eine Teilzeitbeschäftigung nicht als „bedarfsdeckend“ erfasst. Auch der sich veränderte Arbeitsmarkt selbst sei verantwortlich: Es würden mehr qualifizierte Fachkräfte gesucht, während es im Helferbereich zu wenig Jobs gebe. 

Schwache deutsche Konjunktur verantwortlich für Bürgergeld-Problem?

Auch im Bundesarbeitsministerium beschwichtigt man die Zahlen – Schwankungen wären normal, Zahlen sollten „nicht überinterpretiert werden“. Auch dort macht man die konjunkturelle Schwächephase verantwortlich. Außerdem seien die Wohnkosten aufgrund der Energiepreise gestiegen und wirken sich damit negativ auf die Arbeitsmarkt-Integration aus, „wenn das Lohnniveau der jeweiligen Arbeitsverhältnisse nicht zumindest entsprechend gestiegen ist“.

Die gestiegenen Wohnkosten belasten auch der Staat, der in Form von Sozialleistungen immer mehr Geld für Mieten ausgeben muss, denn bei Bürgergeld-Empfängern werden die Kosten der Unterkunft in Gänze übernommen: Steuerzahler übernehmen demnach die Kosten in der Höhe von 23,3 Millionen Euro für Bürgergeld-Mieten pro Monat.

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