Erdinger Wasserturm: Im schönsten Büro der Stadt

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Beste Aussichten: Martin und Ingrid Neumaier freuen sich über den fantastischen Blick aus ihrem Büro. Das Ehepaar hat den Wasserturm 2005 von der Stadt auf 30 Jahre gepachtet und aufwendig saniert. © Bernd Heinzinger

Ingenieur Martin Neumaier hat den maroden Erdinger Wasserturm vor Jahren aufwendig saniert und ist dort mit seinem Büro eingezogen. Damit hat er sich einen Kindheitstraum erfüllt.

Der alte Wasserturm in Erding schien zum Verfall verurteilt. Das 1914 erbaute und unter Denkmalschutz stehende Gebäude war um die Jahrtausendwende in einem sehr maroden Zustand – bis Ingenieur Martin Neumaier den Pachtvertrag unterschrieb, alles von Grund auf sanierte und heute von seinen Büroräumen aus einen magischen Ausblick über Erding genießt. 

Er habe schon als Kind davon geträumt, im Turm zu wohnen, erzählt Neumaier. Von seinem Kinderzimmer in Langengeisling konnte er den imposanten Wasserturm gut sehen. Besonders das rote Licht im oberen Bereich faszinierte ihn.

Eine ganze Reihe von Interessenten

Als Neumaier längst sein Ingenieurbüro gegründet hatte, ist ihm beim Vorbeifahren der Verfall des Gebäudes aufgefallen: „Also habe ich den damaligen Bürgermeister Karl-Heinz Bauernfeind gefragt, ob ein Erwerb möglich ist.“ Bauernfeind habe gelacht und gemeint, dass Neumaier etwa an zehnter Stelle der Interessenten stehe. Einer nach dem anderen sprang dann allerdings ab – und 2004 kam der entscheidende Anruf: „Da wurde ich gefragt, ob noch Interesse besteht und ich habe das schnell bejaht.“

Die Verträge wurden unterschrieben, und Neumaier wollte sich ans Werk machen. Schließlich war eine Kernsanierung nötig. Das Dach hielt das Wasser nicht mehr ab, die großen Tanks mussten raus. Sie hatten ein Fassungsvermögen von 218 000 Litern Wasser und ein Gewicht von 110 Tonnen. Dazu brauchte es neue Treppen, Zwischendecken, Anschlüsse für Wasser bis Strom und Fenster an den passenden Stellen, damit man auch raussehen kann und vieles mehr.

Neumaier hatte Großes vor, doch zunächst gab es Probleme mit dem Amt für Denkmalschutz. Der Ingenieur war kurz davor, alles hinzuschmeißen, wie er erzählt. Dann eilte der damalige Kreisheimatpfleger Wolfgang Schierl zu Hilfe. Dank seines Einsatzes konnten die Arbeiten starten, berichtet Neumaier dankbar. Zeitweise waren verschiedene Firmen gleichzeitig im Turm aktiv.

Ein Wahrzeichen Erdings: der Wasserturm, erbaut im Jahre 1914. Seit 2005 ist dort das Ingenieurbüro Neumaier beheimatet.
Ein Wahrzeichen Erdings: der Wasserturm. Seit 2005 ist dort das Ingenieurbüro beheimatet. © Bernd Heinzinger

Nach gerade einmal neun Monaten stand das finale Ergebnis fest – und Neumaier konnte sich freuen: „Damit ist ein Lebenstraum für mich in Erfüllung gegangen.“ Mit der Begeisterung steckte er auch seine Frau Ingrid an. Sie schwärmt vor allem vom Blick auf Erding: „Wir arbeiten mit Sicherheit im schönsten Büro der Stadt.“ Außerdem können sie fantastische Sonnenuntergänge sehen und bei guten Bedingungen sogar bis zur Zugspitze blicken.

Pachtvertrag läuft bis zum Jahr 2035

Insgesamt stehen rund 200 Quadratmeter Büro- und Wohnfläche zur Verfügung. Die Räumlichkeiten zum Arbeiten erstrecken sich über den vierten und fünften Stock. Erreichbar durch neue Treppen, im Urzustand hätte es nur eine klapprige Leiter gegeben.

Im dritten Stock gibt es eine Küche, in der Ingrid Neumaier täglich etwas Köstliches kreiert. Darunter liegt das Schlafzimmer. Zwar leben die Neumaiers in ihrem Eigenheim in Langengeisling, das eine oder andere Mal nächtigen sie aber durchaus im Wasserturm.

Das Archiv erstreckt sich über den ersten Stock, dort gibt es auch eine kleine Nähstube. Auf den Plänen von 1914 sei ein Balkon zu sehen gewesen, von dem später niemand mehr etwas wusste, so Martin Neumaier. Mittlerweile hat er diesen wieder angebracht. Der schöne Eingangsbereich im Erdgeschoss und ein kleiner Garten hinter dem Wasserturm runden das Reich der beiden ab.

Auf die Frage, was die Sanierung gekostet hat, lacht Neumaier. Eine Summe will er nicht nennen. Nur so viel: Ein schönes Einfamilienhaus wäre nicht teurer gewesen.

Bis vor kurzem gab es noch einen Mitarbeiter, mittlerweile arbeitet das Ehepaar alleine im Wasserturm. Da beide schon über 70 Jahre alt sind, werden sie nicht mehr ewig im Wasserturm ihr Büro betreiben. Der Pachtvertrag aus dem Jahr 2005 läuft 30 Jahre – und eine Verlängerung sei möglich, sagt der Ingenieur: „Solange wir drinbleiben wollen, dürfen wir es.“

Danach geht der Wasserturm wieder an die Stadt Erding über. Bis dahin wollen Martin und Ingrid den perfekten Ausblick aber noch viele Jahre genießen. Und damit sie nicht täglich 138 Treppen nach oben laufen müssen, gibt es einen Lift, der alle fünf Stockwerke anfährt.

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