„Ich kam nicht mehr ran“ – Wenn der Weg zum Postfach zu weit wird
Die Post hat ihr Postfach am Kleinen Stachus geschlossen und an einen neuen Standort verlegt. Für Gisela Brack bedeutete das das plötzliche Aus für ihre Postversorgung – trotz Nachsendeauftrag kam vieles nicht an. Die Post verweist auf Regelprozesse und empfiehlt digitale Alternativen.
Germering – Als die zentrale Postfiliale am Kleinen Stachus im Juli endgültig schloss, traf das viele Menschen – doch für Gisela Brack war es mehr als nur ein Standortwechsel. Die 80-jährige Germeringerin ist schwerbehindert, auf einen Pflegedienst angewiesen – und konnte das neue Postfach in der Gabriele-Münter-Straße nicht mehr selbst erreichen. Eine Alternative gab es nicht.
Seit den 1970er-Jahren hatte Frau Brack ein Postfach in Germering. Es war nicht nur Gewohnheit – sondern Schutz vor Diebstählen „Wir hatten damals sogar Polizeieinsätze, weil Sendungen verschwunden sind“, erinnert sie sich. „Mein Mann und ich waren viel unterwegs – als Höhlenforscher. Da war ein sicheres Postfach einfach wichtig.“
Die Kündigung des bisherigen Postfachs kam für sie überraschend: Am 3. April wurde sie schriftlich über die Verlegung informiert – obwohl die Gebühr für ein weiteres Jahr bereits bezahlt war. „Das ist schon eine Frechheit“, sagt Brack im Gespräch. Eine Alternative blieb ihr nicht. Sie gab den Schlüssel am 26. April zurück und nahm den neuen nicht an – der Weg zum neuen Standort beim Edeka sei ihr körperlich unmöglich.
Konzern froh über neuen Standort
Auf Anfrage bestätigte die Deutsche Post, dass Kunden am 3. April schriftlich über den Umzug der Postfachanlage informiert worden seien. Die Mitteilung sei an die Hausanschrift verschickt worden, zusätzlich habe es Hinweise an der alten Postfachanlage gegeben. Warum die Kündigungsfrist so knapp bemessen war, begründet die Post wie bereits berichtet mit den Umständen: Die Postfachanlage sei von der Postbank betrieben worden, die ihre Filiale geschlossen habe – ein neuer Standort sei „schnell und nahegelegen“ eingerichtet worden.
Kunden, die durch eine Behinderung das neue Fach nicht mehr erreichen können, empfiehlt die Post die Zustellung nach Hause. Darüber hinaus verweist die Post auf digitale Dienste wie den kostenpflichtigen Postscan-Service. Individuelle Lösungen für einzelne Härtefälle lehnt man ab – eine Abweichung von den Regelprozessen sei „nicht möglich“.
Trotz Nachsendeantrag blieb die Post aus
Trotz eines Nachsendeantrags, den Frau Brack am 6. Mai stellte (Bestätigung: 8. Mai), blieb ihre Post häufig aus. Formulare des Finanzamts kamen nicht an, Rechnungen der Telekom und für Zeitschriften trafen mit bis zu drei Wochen Verspätung ein. „Ich musste den Nachsendeantrag selbst bezahlen – aber die Briefe kamen trotzdem oft nicht bei mir an“, sagt sie verärgert.
Die Deutsche Post betont, dass bei rechtzeitig gestellten Nachsendeanträgen „keine Probleme“ auftreten sollten. Zwei bis drei Werktage seien das Ziel – garantiert werde das nicht. Zudem räumt die Post ein, dass Briefe zunehmend gebündelt zugestellt würden, was zu dem Eindruck führe, Post komme „schwallartig“.
Post an nicht mehr zugängliches Postfach
Gisela Brack hat sich mehrfach beschwert – telefonisch und schriftlich. Doch die Antworten seien unpersönlich gewesen, oft als Standardbriefe formuliert, teilweise an das nicht mehr zugängliche Postfach gesendet worden. „Ich habe das Gefühl, niemand hört wirklich zu“, sagt sie. Für jemanden ohne Internetzugang, ohne Angehörige vor Ort und mit gesundheitlichen Einschränkungen sei ein digitaler Dienst oder der Gang zum neuen Fach keine Option.
Sie hofft, dass ihr Fall kein Einzelfall bleibt – sondern Denkanstoß wird für mehr Rücksicht auf vulnerable Menschen. „Es geht mir gar nicht ums Geld. Es geht ums Prinzip. Und um ein bisschen Menschlichkeit.“