Bürgergeld-Empfänger eröffnen lukratives Nebenbusiness – Und machen sich strafbar
Bürgergeld-Empfänger dürfen nur bedingt dazu verdienen. Sollten sie Nebeneinkünfte nicht melden, kann das rechtliche Folgen haben.
Büdingen — Bürgergeld beziehen und gleichzeitig unternehmerisch tätig sein: Was zunächst widersprüchlich klingt, ist für Lea und René aus Büdingen in Hessen Realität. Das Paar ist Teil der RTLZWEI-Doku-Sendung „Armes Deutschland – Stempeln oder abrackern?“, die Bürgergeld-Empfänger begleitet.
In einer Folge vom 15. April wird die besondere Situation des Paares thematisiert: Denn obwohl sie Bürgergeld erhalten, haben sie eine alternative Einnahmequelle gefunden. Lea verkauft im Internet ihre getragene Socken. Und verdient damit überdurchschnittlich gut. In ihrem besten Monat hat das junge Paar dadurch 3.000 Euro zusätzlich verdient. Das Jobcenter weiß davon nichts: Das „geht am Jobcenter vorbei“, sagt René in der Sendung ganz offen.
Bürgergeld-Empfänger eröffnen Nebenbusiness: Was erlaubt ist
Legal ist das allerdings nicht: Zwar dürfen Bürgergeld-Empfänger grundsätzlich eigenes Einkommen erzielen, dieses wird jedoch auf die Leistungen angerechnet. Bürgergeld-Empfänger sind verpflichtet, alle Einkünfte dem Jobcenter zu melden. Tun sie das nicht, handelt es sich um Leistungsbetrug.
Grundsätzlich gilt, dass 100 Euro monatlich dazuverdient werden können, ohne dass die staatlichen Leistungen gekürzt werden. Alle weiteren Einnahmen werden verrechnet. Wer zwischen 100 und 520 Euro Brutto verdient, kann laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales 20 Prozent des Verdiensts anrechnungsfrei behalten. Bei einem Einkommen zwischen 520 Euro und 1000 Euro sind 30 Prozent des Einkommens anrechnungsfrei. Für Menschen mit einem Bruttoeinkommen im Bereich zwischen 1000 Euro und 1200 Euro (bzw. 1500 Euro mit einem minderjährigen Kind) bleiben zehn Prozent des Einkommens unberücksichtigt.
Eine Beispielrechnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zeigt, dass der Freibetrag bei einem Bruttoeinkommen von 900 Euro bei 298 Euro läge: 100 Euro plus 84 Euro (20 Prozent von 100 bis 520 Euro) plus 114 Euro (30 Prozent von 520 Euro bis 900 Euro).
Bruttolohn | anrechnungsfreie Beträge |
zwischen 100,01 EUR und 520,00 EUR | 20 Prozent |
zwischen 520,01 EUR und 1000 EUR | 30 Prozent |
zwischen 1000,01 EUR und 1200 EUR | 10 Prozent |
Nebenbusiness vor Jobcenter verschweigen: Das kann strafrechtliche Konsequenzen haben
Wer dem Jobcenter relevante Änderungen, wie etwa Nebeneinkünfte verschweigt, muss mit Konsequenzen rechnen. Zum einen werden zu viel gezahlte Leistungen zurückgefordert, zum anderen kann ein Bußgeld verhängt werden. In schwerwiegenden Fällen, wenn etwa vorsätzlich gehandelt wurde, droht laut dem Portal gegen-hartz.de ein Strafverfahren wegen Betrug.
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Es ist nicht das erste Mal, dass ein Bürgergeld-Empfänger im TV zusätzliche Schwarzarbeit gesteht und ihm daher Konsequenzen drohen. Doch trotz der nicht gemeldeten Tätigkeit zeigen sich René und Lea in der Sendung unbesorgt. Sie sprechen offen über ihre Strategie, am System vorbeizuwirtschaften. „Es gibt so viele Leute, die es nicht auf dem geraden Weg machen. […] Du musst ja schon ein bisschen tricksen und betrügen, machen und tun, dass du überhaupt irgendetwas hast“, so ihre Aussage in der Sendung.
Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht Änderungen beim Bürgergeld vor, auch hinsichtlich Hinzuverdienstgrenzen und Kontrollmechanismen. (jus)