Zu wenig greifbar: Gastgeber in Fischbachau kritisieren Marke „Holler- und Kräutertal“
Seit mehr als acht Jahren vermarktet sich die Gemeinde Fischbachau als Holler- und Kräutertal. In den Augen der Gastgeber ist der touristische Mehrwert allerdings äußerst überschaubar.
Fischbachau – Diese Erkenntnis schmeckt nicht nach süßem Holundersirup, sondern eher nach herbem Magenbitter: Die touristische Positionierung der Gemeinde Fischbachau als Holler- und Kräutertal ist aus Sicht der Gastgeber nie so wirklich aufgeblüht. Das ist eins der zentralen Ergebnisse aus der jüngsten Befragung, die das Kommunalunternehmen Regionalentwicklung Oberland (REO) im Auftrag des Rathauses durchgeführt und bei einer Versammlung am Montagabend präsentiert hat. Und auch in anderen Punkten sahen die Vermieter von Fremdenzimmern teils großen Nachbesserungsbedarf. Doch die Teilnehmer beschränkten sich nicht auf bloße Kritik, sondern brachten sich auch mit guten Ideen an den Thementischen ein.
60 Gastgeber hat die REO von Ende September bis Anfang Oktober dieses Jahres befragt, erläuterte Projektmanager Christian Greilinger. Drei Themenblöcke waren dabei von Interesse: Tourismus, Aufgaben und Rollen von Tourist-Info und REO sowie die Gastgeber. Das touristische Angebot bewerteten die Umfrageteilnehmer weitgehend gut, deutliche Defizite stellten sie aber bei der Ladeinfrastruktur für E-Autos, den Einkaufsmöglichkeiten und der Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr fest. Es gebe zu wenig Möglichkeiten zum Bummeln im Ort und kaum Schlechtwetterangebote. Geradezu schlecht kam die Positionierung als Holler- und Kräutertal weg. Diese sei den Gästen kaum bekannt und helfe dementsprechend auch nicht bei der Gästegewinnung. Folglich werde die Marke kaum für die eigene Werbung genutzt. Interessant: die im Rahmen des Holler- und Kräutertals durchgeführten Maßnahmen seien hingegen gut angekommen. Alles in allem gaben die Gastgeber dem touristischen Image Fischbachaus 3,3 von fünf Sternen, aus Gästesicht würden sie 3,6 Sterne verleihen.
Viele Verbesserungswünsche für Tourismus in Fischbachau
Entsprechend lang fällt auch die Liste der Verbesserungsvorschläge aus: Fischbachau solle zwar weiter auf sanften Tourismus setzen, sich aber intensiver als Wander- und Bikeregion für Familien vermarkten. Für Kinder und junge Erwachsene brauche es attraktivere Angebote wie einen großen Abenteuerspielplatz, Kletter- oder Bikepark. Interessant wäre auch ein Fahrradverleih. Zur Belebung des Ortes wären ein attraktiveres Zentrum mit mehr Läden sowie ein größeres Portfolio an Veranstaltungen (gerade bei Schlechtwetter) wünschenswert. Mittelfristig würde auch ein Hotel mit Fokus auf Wellness guttun.
Die Bedeutung der Tourist-Info schätzen die Gastgeber derweil als sehr hoch und letztlich unverzichtbar ein, sind aber der Meinung, dass diese durch reduzierte Öffnungszeiten und zu wenig Personal deutlich an Schlagkraft verloren habe. Mehr Digitalisierung und ein professionelleres Auftreten in den sozialen Medien sowie bessere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit seien notwendig.
Gastgeber unter starkem Wettbewerbsdruck
Als größte Herausforderungen benannten die Gastgeber hohe Bürokratie und Steuerregularien, steigende Kosten (Energie, Lebensmittel und Personal), verändertes Gästeverhalten, Digitalisierungsdruck und Buchungszurückhaltung. Viele Gäste würden nur ein paar wenige Tage bleiben wollen, der Wettbewerbsdruck zu anderen Alpenregionen sei enorm. Zumal hier Urlaubern oft mehr Freizeitmöglichkeiten – teils sogar kostenfrei – geboten würden. Besonders schwer planbar sei die Wintersaison, da man hier stark vom Skitourismus und damit vom Wetter abhängig sei.
Entsprechend viel zu besprechen gab es danach an den fünf Thementischen „Social Media“, „Gastronomie“, „Gästekarte“, „Schlechtwetterangebote“sowie „Holler- und Kräutertal“. Die aus dem Brainstorming geborenen Ideen habe REO-Projektentwickler Thorsten Schär mitgenommen, berichtet Fischbachaus Geschäftsleiter und zugleich Tourist-Info-Leiter Felix Stahl auf Anfrage unserer Zeitung. Bei einem Jour-Fixe im Januar soll das weitere Vorgehen besprochen werden. Im Vergleich zum Umfragezeitpunkt im Herbst bereits entspannt habe sich die Personalsituation in der Tourist-Info. „Wir haben hier vier äußerst freundliche und gut erreichbare Damen im Team“, betont Stahl. In Sachen Holler- und Kräutertal sei trotz der Kritik der Gastgeber und des erschwerend hinzugekommenen Abschieds der Firma Herbaria festhalten. Ziel sei es aber, die Marke greifbarer zu machen. Dass dies bis dato nicht wie erhofft geglückt ist, liegt laut Stahl auch an den Pflanzen selbst. „Ein Apfel wie in Bad Feilnbach ist im Vergleich zu Holler und Kräutern für den Gast halt deutlich leichter sichtbar.“