Krankenkassen: Lauterbach will rechtliche Schlupflöcher schließen – Rentner betroffen
Die Kosten für private Krankenversicherungen steigen im Alter, der Wechsel in die gesetzliche Versicherung ist allerdings für Rentner fast unmöglich. Lauterbach plant nun auch, rechtliche Schlupflöcher zu schließen.
Berlin – Viele Menschen, die sich im Ruhestand mit schwindenden Einnahmen und steigenden Kosten für ihre private Krankenversicherung konfrontiert sehen, wünschen sich einen Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse. Für Personen über 55 Jahre ist dies jedoch nicht so einfach, auch wenn es bisher rechtliche Auswege gab. Berichten zufolge plant das Gesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD), diese Schlupflöcher zu schließen.
Zur Erklärung: Der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ist für über 55-Jährige in der Regel schwierig. Der Gesetzgeber möchte verhindern, dass Privatversicherte, die über Jahre hinweg nicht in die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten eingezahlt haben, im Alter (und wahrscheinlich mit häufigeren Gesundheitsproblemen) davon profitieren. Viele Privatversicherte bereuen aber ihre Entscheidung im Alter, da die Beiträge oft steigen, während das Einkommen sinkt.
Wechsel von der privaten zur gesetzlichen Krankenversicherung – In der Rente fast nicht machbar
In ihrer Verzweiflung suchen sie nach Wegen, um dennoch von der privaten (PKV) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu wechseln. Bei ihrer Internetrecherche stoßen sie möglicherweise auf ein gesetzliches Schlupfloch: Ein Wechsel in die GKV ist auch im höheren Alter möglich, wenn man eine versicherungspflichtige Tätigkeit im EU-Ausland ausübt. Meist zweifelhafte Anbieter versprechen, diesen Wechsel gegen eine Gebühr zu ermöglichen, geben jedoch keine klaren Informationen über ihr Vorgehen. Anscheinend eröffnen sie für ihre Kunden ein Gewerbe in einem osteuropäischen EU-Land mit gesetzlicher Versicherungspflicht, damit diese ein Jahr später in Deutschland in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln können. Dies legen Recherchen des ARD-Magazins Plusminus aus diesem Jahr nahe.
Anke Puzicha von der Verbraucherzentrale Hamburg äußert aufgrund der Recherchen die Befürchtung, dass hier möglicherweise durch ein ausländisches Scheingewerbe ein Versicherungswechsel ermöglicht werden soll, der jedoch eigentlich unzulässig ist. „Die Anbieter wissen sehr wohl, warum sie ihre Methode nicht klar veröffentlichen. Personen, die auf diese Weise die Versicherung wechseln, riskieren, wegen Sozialbetrugs beschuldigt zu werden“, kritisiert sie laut Tagesschau.
Wenn die gesetzliche Krankenkasse feststellt, dass eine Anstellung oder Firmengründung nur zum Schein durchgeführt wurde, um die Kassen zu wechseln, wird das geltende Recht umgangen. Die Kasse kann dann die Betroffenen kündigen und laut Verbraucherschützern sogar angefallene Behandlungskosten zurückfordern.
Lauterbachs Ministerium gegen Krankenkassenwechsel: „Missbrauchsmöglichkeit zulasten der Solidargemeinschaft“
Das Bundesgesundheitsministerium plant, gegen diese Praxis vorzugehen. Dies bestätigte eine Sprecherin dem Versicherungsmagazin procontra. „Es wird derzeit eine rechtliche Anpassung vorbereitet, sodass ein rechtsmissbräuchlicher Wechsel von der PKV in die GKV durch die Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland nach Vollendung des 55. Lebensjahres zukünftig nicht mehr möglich ist“, so die Sprecherin gegenüber dem Magazin.
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Dies ist jedoch nicht das einzige Schlupfloch, das das Ministerium von Lauterbach schließen möchte: Bisher war es auch möglich, von der privaten in die gesetzliche Versicherung zu wechseln, wenn der Ehepartner gesetzlich versichert ist und Anspruch auf eine Familienversicherung besteht. Der Anspruch besteht nur bei sehr geringem Einkommen, aber dieses kann durch einen Wechsel in die Teilrente für einige Monate für den Versicherungswechsel „künstlich“ hergestellt werden.
Die Bundesregierung sieht in diesem Modell laut Wirtschaftswoche jedoch eine „Missbrauchsmöglichkeit zulasten der Solidargemeinschaft“. Im geplanten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz soll daher laut dem Magazin ein Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die Familienversicherung der GKV durch Umstellung auf eine Teilrente ausgeschlossen werden.