In Chinas eiserner Faust – Europa zahlt „Rekordpreise“ für seltene Erden
Seit Monaten beschränkt China die Ausfuhr wichtiger Rohstoffe. Der Westen ist schwer abhängig. Jetzt gibt es bei seltenen Erden eine Entlastung.
London – Eine von Chinas stärksten Waffen sind Rohstoffe. Genauer gesagt handelt es sich um kritische Rohstoffe, darunter die sogenannten seltenen Erden. Diese Waffe setzt Peking derzeit geschickt ein, um den Westen unter Druck zu setzen. Sei es die Automobilindustrie oder der Rüstungssektor: Dort, wo mit seltenen Erden gebaut wird, knirscht es im Getriebe. Jetzt könnte es am Markt für seltene Erden zu einer leichten Erholung kommen.
China liefert wieder mehr seltene Erden aus – Europa profitiert allerdings eher wenig
Konkret handelt es sich um aus seltenen Erden hergestellte Hochleistungsmagnete. Hier steht für Europa eine leichte Entspannung bevor, wie neue Daten der Preisberichtsagentur Argus Media zeigen. Diese Entspannung soll jedoch nicht die seltenen Erden selbst betreffen. „China hat einige weitere Ausfuhrgenehmigungen für die beschränkten Seltenen Erden erteilt, was sich in einem leichten Anstieg der Mengen in den chinesischen Exportdaten für Juli widerspiegelt“, erklärt Ellie Saklatvala, Marktexpertin seltene Erden bei Argus Media.
Allerdings seien die Mengen im Vergleich zum Vorjahr nach wie vor gering – und ein Problem für europäische Unternehmen ist, dass sie selbst nicht unbedingt zu den Begünstigten gehören. Stattdessen liefert China eher mehr an asiatische Käufer. „Infolgedessen sieht sich Europa weiterhin mit einer erheblichen Verknappung des Angebots an den beschränkten seltenen Erden konfrontiert.“ Innerhalb Europas gehandelte seltene Erden seien vorrangig noch aus Beständen übrig, die vor April 2025 geliefert wurden – also bevor China die neuen Restriktionen eingesetzt hat.
„Angesichts dieser Lage gibt es nach wie vor eine stetige Nachfrage von Käufern, die bereit sind, auf dem Spotmarkt Rekordpreise für Produkte wie Dysprosium, Terbium und Yttrium zu zahlen“, erklärt Saklatvala. Europa konnte jedoch bei der Sicherung von Exportlizenzen für Hochleistungsmagnete aus seltenen Erden Fortschritte erzielen, da der Nachweis über den Gebrauch dieser Magneten einfacher gelingt.
Restriktionen auf seltene Erden – so sorgt China für Produktionsengpässe im Westen
Zum Hintergrund: Der chinesische Präsident Xi Jinping hat verschiedene Restriktionen auf seltene Erden aufgesetzt und dafür mehrere Gründe angegeben. Im Vordergrund steht dabei die westliche Verteidigungsindustrie. Diese ist schwer von seltenen Erden abhängig, unter anderem geht es hier um Wolfram und Antimon. China will nun einerseits verhindern, dass der Westen an die seltenen Erden für seine Verteidigungsindustrie gelangt – und andererseits gelten die Restriktionen als Instrument für Verhandlungen im US-Zollkrieg.
Saklatvala zufolge lässt sich bei den oben erwähnten Magneten leichter nachweisen, dass die Anwendung zivil und nicht militärisch sei. Bei Seltenerdoxiden oder -metallen sei das nicht so leicht. Die chinesischen Restriktionen sorgen seit Frühjahr für Engpässe in der Versorgung mit diesen wichtigen Rohstoffen. Einige Autozulieferer hatten im April und Mai gewarnt, dass sie die Produktion kürzen müssten, wenn das Problem bestehen bleibt. In der Automobilbranche sind es zum Beispiel Motoren für Elektroautos, in denen seltene Erden vorkommen.
Monopol auf seltene Rohstoffe – kein Weg führt an China vorbei
Das grundlegende Problem für den Westen ist, dass China sich über Jahrzehnte hinweg nahezu ein Monopol bei den seltenen Erden aufgebaut hat. Das Land verfügt über große Ressourcenvorkommen; bei der Produktion beherrscht China rund 60 Prozent der globalen Kapazitäten.
Noch gravierender aber ist die Überlegenheit bei der Verarbeitung der seltenen Erden. Eine kurze Erklärung dazu: Seltene Erden sind oft an andere Elemente gebunden und müssen von diesen aufwendig getrennt werden. Das geschieht häufig mit dem Einsatz von Chemikalien, außerdem ist besonderes Know-How gefordert. Bei der Verarbeitung kontrolliert China fast 90 Prozent der weltweiten Kapazitäten. Hier geht es sowohl um die Raffinerien als auch um wichtige Technologie zur Verarbeitung – die China ebenfalls streng hütet und mit Ausfuhrrestriktionen belegt hat.
Das bedeutet: Sogar Länder, die selbst seltene Erden abbauen können, sind auf China angewiesen und müssen diese Rohstoffe für mindestens einen Schritt nach China schicken.
Europas Antwort bei seltenen Erden
Europa hat dabei eher spät reagiert. Der sogenannte Critical Raw Materials Act nahm zwischen 2023 und 2024 Gestalt an. Dieser soll den Rahmen dafür bieten, dass Europa seine Förderung von seltenen Erden erhöht. Spät kam das unter anderem darum, weil die chinesische Dominanz schon längst ersichtlich war, ebenso wie Chinas Bereitschaft, seine seltenen Erden als geopolitische Waffe einzusetzen. Aktuell strengt Europa sich an, selbst Unternehmen zu fördern, die seltene Erden abbauen und verarbeiten.
Zugleich treibt der Kontinent Kooperationen mit Ländern voran, die seltene Erden liefern können. Ein aktuelles Beispiel dafür ist eine Abmachung mit Kanada.