In Bayern, ebenso wie in anderen Bundesländern, dürfen Schulen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen keinen Unterricht abhalten – das regelt in Deutschlands größtem Bundesland seit zehn Jahren offiziell ein Gesetz zum Schutz dieser Tage. Auch wichtige kirchliche Feiertage wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten sind bekanntermaßen unterrichtsfrei.
Für Schüler anderer Religionen gibt es Sonderregelungen: Wer zum Beispiel jüdischen, muslimischen oder orthodoxen Glaubens ist, kann an bestimmten religiösen Feiertagen vom Unterricht befreit werden – oft sogar ohne Antrag. Wichtig ist aber, dass die Schule vorher informiert wird. Wer wegen eines Feiertags nicht am Unterricht teilnehmen kann, muss den verpassten Stoff später nachholen. So zumindest kann man es in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 7. Juli 2015 nachlesen.
Wie sieht es in der schulischen Praxis aus?
Was aber bedeutet dies für die schulische Praxis? Die Schulen bleiben während aller nationalen und christlichen Feiertage für alle Schüler, also auch diejenigen, die anderen Religionen angehören, geschlossen. Zusätzlich erhalten Schüler anderer Religionen die Erlaubnis, an ihren besonderen religiösen Feiertagen, dem Unterricht fernzubleiben. Konkret bedeutet das, dass muslimische Eltern ihre Kinder beispielsweise für den Ramazan Bayrami entschuldigen, Eltern jüdischen Glaubens ihre Kinder für das Laubhüttenfest vom Unterricht befreien lassen und christlich orthodoxe Familien das Fest der Theophanie gemeinsam feiern können.
Um Befreiung vom Unterricht an wichtigen religiösen Feiertagen wurde schon seit jeher gebeten. Jedoch oblag die Erteilung der Erlaubnis, dem Unterricht aus diesem Grund fernbleiben zu dürfen, den Lehrkräften bzw. Schulleitungen. Seit zehn Jahren sind genau solche Fälle nun durch entsprechende Gesetzestexte offiziell geregelt, mit dem ausdrücklichen Ziel, religiöse Vielfalt zu respektieren und gleichzeitig den Bildungsauftrag der Schulen zu sichern.
Feiertage anderer Religionen sind an Schulen eigentlich kein Thema
Da religiöse Feste und Feiertage für die Gläubigen oft einen hohen Stellenwert haben, ist es in meinen Augen als Lehrerin selbstverständlich, diese zu respektieren und Familien zu ermöglichen, diese religiösen Traditionen gemeinsam mit ihren Kindern zu begehen. In meiner ehemaligen Schule war und ist beispielsweise der Anteil muslimischer Schüler sehr hoch und die Schule stellt sich darauf ein.
Wenn an den entsprechenden Feiertagen in manchen Klassen die Hälfte der Schüler fehlen, wird der Unterricht tendenziell eher dafür genutzt, das Gelernte zu wiederholen und zu festigen, als etwa ein neues Thema einzuführen. Auch Klassenarbeiten werden sinnvollerweise an solchen Tagen nicht geschrieben. Rücksicht aus Gründen des Respekts und auch der organisatorischen Vernunft war vor dieser Regelung ebenso wie nach ihrer Einführung selbstverständlich.
Vielfalt an Schulen bewusst leben
"Selbstverständlich" ist hierbei ein treffendes Stichwort. Denn wo Integration, Respekt und Toleranz gelebt werden, werden religiöse und kulturelle Vielfalt zum selbstverständlichen, alltäglichen Bestandteil von Klassen- und Schulgemeinschaften. Gefühle von Missgunst oder Benachteiligung haben dann keinen Platz mehr, weil die Akzeptanz mit Selbstverständlichkeit den größten Raum einnimmt.
An vielen Schulen wird diese Vielfalt sogar sehr bewusst gelebt, indem man die Feste anderer Kulturen und Glaubensgemeinschaften zum Lerngegenstand macht und feiert. Wenn dadurch das Fremde zu etwas Vertrautem oder Bekanntem werden darf, wird damit vielleicht ein wichtiger Grundstein für eine Gesellschaft gelegt, in der ein friedliches Miteinander gelebt und Unterschiedlichkeit als Bereicherung erlebt wird.
Claudia Rehder ist Lehrerin, Coach für pädagogische Fach- und Führungskräfte und Expertin für bewusst andere Sichtweisen auf Bildung in Kita und Schule. Sie ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen ihre persönliche Auffassung auf Basis ihrer individuellen Expertise dar.