Biodiesel, Tierwohlabgabe, klimafreundliche Subventionen - Mit diesen Maßnahmen kann die Bundesregierung den Bauern helfen
Die andere Alternative wären Biokraftstoffe, hergestellt zum Beispiel aus Raps, Mais oder anderem Getreide. Solcher Biodiesel wäre nicht Co2-neutral, die Emissionen lägen aber mindestens 50 Prozent unter dem Wert von fossilen Dieselmotoren. Und Biokraftstoffe wären kurzfristig verfügbar. Befürworter von Biodiesel heben auch andere Vorteile hervor: So sind Ölpflanzen Blühpflanzen, die Wildtieren wie etwa Bienen als zusätzliche Nahrung dienen könnte, der Bodenqualität zuträglich sind und deren Abfallprodukte aus der Kraftstoff-Herstellung sich etwa für Fleischersatzprodukte für Menschen oder als Tierfutter für die Landwirtschaft eignen.
Umweltschützer hingegen sehen wenige Vorteile in Biodiesel. Das liegt vor allem an dem riesigen Flächenbedarf. Allein um den heutigen Bedarf an Biosprit, der normalen Kraftstoffen teils beigemischt wird, zu befriedigen, muss weltweit eine Fläche von der Größe Sachsens für den Pflanzenanbau belegt werden. „Dadurch verstärkt sich der Druck auf die Landwirtschaft, die vor allem im globalen Süden direkt oder indirekt zur Abholzung von Wäldern und anderen Naturräumen führt, die wir zum Schutz des Klimas dringend brauchen“, sagt Matthias Lambrecht, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.
Auch die Bundesregierung stand bisher auf dem Standpunkt, dass landwirtschaftliche Flächen in Deutschland lieber für Lebensmittel als für Kraftstoffe genutzt werden sollen. „Teller statt Tank“ lautet die offizielle Devise. Özdemir selbst hatte noch vor einem Jahr angeregt, die Produktion von Biosprit aus Getreide ab 2030 komplett zu beenden. Nun kündigte er angesichts der Proteste an, die Nutzung doch noch einmal zu prüfen. Seine Kabinettskollegin, Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), ist da weniger gesprächsbereit. Sie will am Ausstiegsplan bis 2030 festhalten.
Tierwohlabgabe
Auch in der Tierhaltung soll sich einiges ändern, hauptsächlich zum Wohl der Tiere. Das ist für Landwirte aber mit hohen Kosten verbunden, weil etwa größere Ställe gebaut werden müssen oder generell weniger Tiere gehalten werden können. Die große Koalition aus SPD, CDU und CSU hatte dafür 2019 eine Experten-Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Landwirtschaftsministers Jochen Borchert (CDU) eingerichtet, die bis Anfang 2023 Vorschläge erarbeitete. Die sehen etwa vor, bis zu 90 Prozent der Mehrkosten der Bauern durch Förderprogramme über bis zu 20 Jahre vom Staat zu finanzieren.
Um das Geld dafür einzutreiben, schlug die Kommission schon 2020 eine Tierwohlabgabe vor. Das soll eine Verbrauchssteuer auf Fleischprodukte sein in Höhe von 40 Cent pro Kilogramm. Damit sollen die Kosten von rund vier Milliarden Euro für den Umbau der Höfe finanziert werden. Passiert ist seitdem wenig. Die Ampel-Koalition einigte sich im vergangenen Sommer zumindest grundlegend auf die Einführung einer Tierwohlabgabe, nachdem die FDP die Pläne zuvor blockiert hatte. Bis heute hat das dafür zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium aber keinen Gesetzesentwurf vorgelegt – obwohl sogar von der CDU oder CSU regierte Bundesländer ihre Unterstützung zugesagt haben.
Klimafreundliche Subventionen
Das Umweltbundesamt (UBA), das die Bundesregierung in Umweltfragen berät, wählt einen anderen Ansatz. Seiner Meinung nach sollen klimaschädliche Subventionen wie eben der Agrardiesel, aber auch die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte komplett gestrichen werden. Das hatte das UBA schon 2021 gefordert.
Aber: Im Gegensatz sollen andere Subventionen aufgelegt werden, eben für klimafreundliche Maßnahmen. Derer sieht das UBA eine ganze Reihe: Weidehaltung, schonender Ackerlandbau, nachhaltige Bodenbewirtschaftung, eine Förderung für naturbelassene Grünstreifen, Förderprogramme für die Anschaffung von klimafreundlichen oder effizienten Geräten und Förderungen für Ringanschaffungen, also Großgeräte, die sich dann mehrere Bauernhöfe teilen.
Einige dieser Punkte übernimmt teilweise die EU, die ihre Agrar-Förderung 2023 umstellte. Seitdem werden Klimaziele bei der Zahlung von Subventionen stärker berücksichtigt. Allerdings ist dabei noch viel Luft nach oben, sagt das UBA in einer Stellungnahme gegenüber dem WDR. Auch andere Experten, wie der Agrar-Ökonom Alfons Balmann vom Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) argumentieren, dass nicht die Höhe der Subventionen für die Landwirtschaft problematisch sei, sondern die Kriterien, nach denen sie ausgezahlt würde. „Eigentlich bekommt die Landwirtschaft enorm viele Vergünstigungen und gleichzeitig gibt es aber große Probleme, wo die Landwirtschaft nachbessern muss im Bereich des Klimaschutzes, im Bereich des Biodiversität oder Tierschutzes.“ Besser sei also, diese Anstrengungen mit Staatsgeld zu belohnen, statt Diesel und Traktoren steuerlich zu begünstigen.
Bisher kommt dazu aus dem Landwirtschaftsministerium aber wenig. Zwar soll in dieser Legislaturperiode insgesamt eine Milliarde Euro in den Umbau der Landwirtschaft gesteckt werden, doch angesichts der heutigen Subventionen von rund sechs Milliarden Euro ist das wenig. Teil des Problems sind die fehlenden Initiativen dazu aus dem Landwirtschaftsministerium, Teil aber auch der auf Sparen ausgelegte Bundeshaushalt. Die oben genannte Borchert-Kommission kapitulierte im August vergangenen Jahres vor dieser Inaktivität - und löste sich auf.