Gutes Schulmaterial kostet: So viel müssen Eltern für Ranzen, Hefte und Co. berappen

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Das Schulranzengeschäft boomt bei Florian Bachmann. Der gelernte Mechaniker hat den Ottobrunner Laden von seinen Großeltern übernommen. In der Hand hält er den Schulranzen, den sich seine Tochter dieses Jahr für die erste Klasse ausgesucht hat. © ot

In knapp einer Woche startet das neue Schuljahr. Für die Einzelhändler ist der Monat einer der umsatzstärksten. Denn wer gutes Schulmaterial will, muss auch tief in die Tasche greifen.

Florian Bachmann steht vor einem Regal, gefüllt mit Schulranzen. Er öffnet den Ranzen und greift an ein Plastikteil. „Hier hinten lässt sich das Rückensystem einstellen“, erklärt er und kurbelt an einem Rad, wodurch sich die Schlaufe verlängert. An einem Zentimetermaß entlang kann man den Ranzen exakt auf die Größe des Kindes anpassen. „Der Ranzen wächst mit dem Kind mit.“ Von 1,10 bis 1,50 Meter sind alle vier Grundschuljahre abgedeckt. Der Schulranzen ist gefüllt mit passendem Turnbeutel und Schlampermäppchen. Bei Spielwaren Vordermaier aus Ottobrunn gibt es dazu noch eine Schulstartbox mit Stiften, Malblock und Heften.

Vor zwei Jahren hat Florian Bachmann das Lager im Keller unter seinem Spielwarenladen aufgeräumt und mit Schulranzen gefüllt. Sein Sohn ist damals in die erste Klasse gekommen. Bis nach Holzkirchen musste die Familie fahren, um einen Ranzen zu finden. Die Spielwarenhändler seines Verbandes haben ihm das Schulgeschäft empfohlen. Das dritte Verkaufsjahr war ein richtiger Erfolg. Zwischen Ostern und Pfingsten verkaufte der 41-Jährige die meisten Schulranzen. In den Sommerferien haben ein paar Nachzügler einen Termin bei ihm ausgemacht.

270 Euro für einen guten Ranzen

In den Regalen rechts stehen die Marktführer Ergoback und der gerade in Bayern sehr beliebte Step by Step. Letzteren hat er auch seinen Kindern gekauft. Mit 270 Euro für einen guten Ranzen müssen die Eltern rechnen. Fast genauso viel wie im Vorjahr. Um zehn Euro sind sie teurer geworden. „Für die nächste Saison haben wir keine Preissteigerung“, sagt Bachmann. Zehn Prozent macht das Schulgeschäft bei Spielwaren Vordermeier aus. Derzeit verkauft Bachmann viele Schultaschen an Schüler, die jetzt von der Grundschule übertreten. Was früher 4U und dann später der Eastpak war, ist heute Satsch. Der kleinere kostet 159 Euro, der größere 139 Euro.

Pink für Mädels, blau für Buben – das gibt es nicht mehr. Seine Tochter wird dieses Jahr eingeschult und hat sich einen blauen Ranzen mit Einhorn ausgesucht. „Wobei das Pferd nach wie vor der Hit ist“, sagt Bachmann. „Das Modell haben wir letztes Jahr am meisten verkauft.“ Wenn das Mädel in der dritten Klasse keine Lust mehr auf das Pferdemotiv hat, kann sie den Magneten auswechseln. Ein Jahr Dino, im nächsten Einhorn und im übernächsten Polizist.

Seit über 30 Jahren verkauft Mathias Willerer Schreibwaren in Haar. Seine Frau Bärbel Willerer (l.) ist auch im Geschäft.
Seit über 30 Jahren verkauft Mathias Willerer Schreibwaren in Haar. Seine Frau Bärbel Willerer unterstützt ihn auch im Geschäft. © Dieter Michalek

Die ersten Vorschüler aus Haar kommen im März mit Schulmaterial-Listen in den Laden von Mathias Willerer. Der September ist mit doppeltem Umsatz der arbeitsintensivste Monat für den Familienbetrieb. Damit das auch so bleibt, hat Willerer mit dem Kinderschuhladen Geiger und dem Buchladen Manuela Harm eine Aktion gestartet. Unter dem Motto „Eine Straße erledigt alles“ können die Eltern die Material-Listen an einen der Einzelhändler mailen. Nach zwei Tagen steht alles fertig gepackt in Papiertüten im Treppenabgang. Im Keller hat Willerer wie sein Kollege aus Ottobrunn eine Schulranzenabteilung. Eine Stunde plant er pro Erstklässler ein.

Ein Vorurteil will der 57-Jährige klarstellen. „Es stimmt nicht, dass die Preise für Schulmaterial explodieren“, sagt Willerer. Bei ihnen koste ein kleines Heft seit Jahren 60 Cent, ein großes Heft 1,20 Euro. Der Pelikan-Malkasten ist seit acht Jahren gleichgeblieben. Genauso wie die Buntstifte von Faber-Castell. „Wenn die Eltern nur kaufen, was auf der Liste ist, bist du mit 60 Euro dabei“, sagt seine Frau Bärbel Willerer. Aber für die erste Klasse soll es meist etwas Besonderes sein. Eine schöne Packung Stabilo-Stifte kostet 20 Euro. Bei Faber-Castell kann man 4,40 Euro oder 10 Euro ausgeben. Bei über 100 Euro ziehen die Willerers zehn Prozent ab.

Lieber eine Lego-Packung weniger, aber dafür gescheites Schulmaterial.

Beliebt sind auch Hefte aus recyceltem Papier. „Die Umwelthefte früher waren rau und unangenehm zum Schreiben“, sagt Willerer. „Die hier sind glatt wie ein normales weißes Heft.“ Auch der Preis ist gleich. Die Papierumschläge haben heute Premiumqualität. Er holt ein rotes Exemplar. „Sie sind lackartig, extra dick und halten schon was aus.“

Bärbel Willerer bringt einen Kasten voller Füller. „Auf dem Block können die Kinder testen, solange sie wollen“, sagt sie und schreibt los. Ein Füller von Pelikan kostet 11,79 Euro. „Der ist super gut“, sagt sie. „Ich war 1974 mit meiner Mama einkaufen. Wir waren vier Kinder. Damals kostete der Füller 28 Mark. Es gab nur die Marken Geha und Pelikan. Das war eine richtige Investition. Meine Mama jammerte, aber der Füller hat vier Jahre gehalten. Er musste auch, weil wir jeder nur einen bekommen haben.“ Auch heute ließe sich eine kaputte Feder leicht austauschen. Die Einstellung der Einzelhändlerin ist klar: „Lieber eine Lego-Packung weniger für 130 Euro, aber dafür gescheites Schulmaterial.“

Hilfe für finanziell schwächere Familien

Das Landratsamt zahlte im August allen Kindern, deren Eltern Bürgergeld beziehen, zum neuen Schuljahr 130 Euro aus. Im Februar folgen für das zweite Halbjahr 65 Euro. Letztes Jahr lag der Gesamtbetrag noch bei 174 Euro. Ob sich die Leistung weiter erhöhen wird, ist derzeit noch nicht bekannt, teilt das Landratsamt mit. Extraleistungen für die Ersteinschulung sehe der Gesetzgeber nicht vor. Im Landkreis München haben sich auf Merkur-Nachfrage zwei Gemeinden gemeldet, die Schüler aus sozialbedürftigen Familien zusätzlich unterstützen. Die Gemeinde Grünwald überreicht in diesem Jahr 15 Schulgutscheine an Familien mit geringem Einkommen. Erstklässler erhalten 150 Euro, alle anderen Schüler bis zum 18. Lebensjahr 50 Euro. Die Gutscheine können die Schüler bei fünf Geschäften in Grünwald einlösen. Sie gelten auch an den örtlichen Grundschulen und am Gymnasium. In Ottobrunn bekommen alle Erstklässler 200 Euro. Im letzten Jahr erhielten zwölf Familien die Leistung, nachdem sie einen Antrag gestellt hatten.

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