Mahnmal-Debatte in Murnau: Text kommt auf den Prüfstand - Tworek: „Jeder Satz muss passen“
Der Text, der künftig an einem aus den Bruchstücken der früheren Mariensäule gefertigten Mahnmal stehen soll, kommt noch einmal auf den Prüfstand. Am Freitag, 1. Dezember, trifft sich der Arbeitskreis (AK) „Geschichte des Nationalsozialismus“ im Rathaus, um darüber zu sprechen.
Murnau – Der Plan lautete im Juli eigentlich so: Vorberatung im Hauptverwaltungsausschuss, zwei Wochen später dann der Beschluss im Marktgemeinderat. Doch es kam anders. Auf Initiative von Mehr Bewegen wurde im Gemeinderat der Antrag des Vereins Murnau Miteinander, aus den Trümmern der früheren Mariensäule ein zeitgeschichtliches Mahnmal zu gestalten, zurückgestellt. Der Hauptverwaltungsausschuss hatte zuvor knapp mit 6:5-Stimmen für folgenden Text auf der Bronzetafel gestimmt: „Unsere alte Mariensäule, aufgestellt 1859, 1939 in der nationalsozialistischen Diktatur entfernt, stillschweigend hingenommen, zerborsten und mit Moos überzogen, setzen ihre Bruchstücke ein Zeichen gegen Hass, Hetze und Gewalt, für Toleranz, Menschlichkeit und Frieden.“ Der Arbeitskreis (AK) „Geschichte des Nationalsozialismus“ hatte diesen Text formuliert. Vor allem die Passage „gegen Hass, Hetze und Gewalt“ war umstritten.
In den Reihen der Fraktion Mehr Bewegen gab es auch andere Bedenken. Kulturreferentin Dr. Elisabeth Tworek störte sich vor allem an den zwei Wörtern „stillschweigend hingenommen“. Sie betont: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine katholische Bevölkerung das einfach hinnimmt.“ Tworek fing an zu recherchieren, fuhr unter anderem ins Bistumsarchiv nach Augsburg. Sie fand viel über den damaligen Pfarrer Martin Lohr. „Fest steht: Lohr war kein Gefolgsmann der Nazis.“ So habe der Seelsorger etwa Pater Rupert Mayer eingeladen, der in der Zeit des Nationalsozialismus regimefeindlich predigte. „Er hat auch in der Kirche Murnaus gesprochen.“ Tworek hat zudem viel zur Mariensäule und zur Marienverehrung in Murnau recherchiert. Man müsse sich den Text „komplett anschauen“, findet die Literaturwissenschaftlerin. Sie hält es für zwingend notwendig, den Geist dieses neuen Denkmals nochmals zu diskutieren. Was die Gemeinderätin auch betont: „Es muss historisch richtig sein. Jeder Satz muss passen.“ Ob der bisher geplante Standort im Ainmillerpark beibehalten wird, wird sich zeigen. „Mehr Bewegen hat sich Gedanken gemacht“, sagt Tworek, ohne dabei konkret zu werden. „Der Ort muss zum neuen Geist passen.“
Pfarrer nimmt auch teil
Am Freitag, 1. Dezember, wird sich der Arbeitskreis „Geschichte des Nationalsozialismus“ noch einmal bei einem Treffen im Rathaus mit dem Text befassen. Tworek hat sich auch an Pfarrer Siegbert Schindele gewandt, der zur Sitzung komme. „Das ist mir ganz wichtig.“
Tworek spricht sich im Übrigen gegen die Passage „gegen Hass, Hetze und Gewalt“ aus. „Zum Geist einer Friedenspatronin passt das nicht.“ Aber: „Warten wir ab, was die anderen sagen.“
Veronika Jones-Gilch, Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen und AK-Mitglied, ist dafür, den Passus beizubehalten – auch im Hinblick auf die aktuellen Demonstrationen in Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. „Es wirkt nur im Kontrast gescheit“, findet Jones-Gilch.
Auch Dr. Christoph Foerst, stellvertretender Vorsitzender von Murnau Miteinander, würde es begrüßen, wenn die genannte Textstelle künftig auf der Bronzeplatte zu lesen wäre. „Es muss etwas Gutes sein, was auf damals und heute Bezug nimmt.“ Was Foerst zudem unterstreicht: Den Text sollte man nicht „in einer Kampfabstimmung durchpeitschen“. Vielmehr sollte der Gemeinderat in seiner großen Mehrheit dahinterstehen. So sieht es auch Tworek: Es gehe darum, einen Text zu finden, „dem alle zustimmen können“ und der in der breiten Bevölkerung akzeptiert werde.
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