„Helden“-Schriftzug an Murnauer Gedächtniskapelle: Neue Tafel erklärt die Hintergründe

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Die Kriegergedächtniskapelle wurde im Juli 1923, also vor ziemlich genau 100 Jahren, eingeweiht. Die Worte „Unsern Helden“ gelten als erklärungsbedürftig. © Lory

Krieg in der Ukraine und im Gaza-Streifen: Der diesjährige Volkstrauertag findet in wenig friedlichen Zeiten statt. In Murnau gibt es heuer eine Besonderheit. An der Kriegergedächtniskapelle, an der der Schriftzug „Unsern Helden“ zu lesen ist, hat die Gemeinde jetzt eine erläuternde Tafel angebracht.

Murnau – Helden sind umstrittene Figuren, der Begriff gilt als problematisch. Passen sie noch in die heutige Zeit? In seinem Buch „Warum Demokratien Helden brauchen“ plädierte der Philosoph Dieter Thomä für einen „zeitgemäßen Heroismus“. Helden der Demokratie seien Einzelne und Gruppen, die sich aktiv, auch fordernd oder unbequem, wagemutig, unter Selbstüberwindung oder gar Inkaufnahme persönlicher Nachteile für das Wohl der Demokratie einsetzten. Wie etwa der ehemalige CIA-Agent Edward Snowden oder die pakistanische Frauenrechtsaktivistin Malala Yousafzai.

Historisch eingeordnet

In Murnau ging es in jüngster Zeit auch um das Thema Helden, denn an der Kriegergedächtniskapelle, 1923 eingeweiht, prangt der Spruch „Unsern Helden“. Diesen und die Entstehungsgeschichte des Denkmals wollte die Gemeinde in einen historischen Kontext setzen. Die Initiative kam vom Arbeitskreis Geschichte des Nationalsozialismus sowie von Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP/Bürgerforum). Der Rathauschef hatte im November 2022 anlässlich des Volkstrauertags gesagt, dass die Gedächtniskapelle „der Ergänzung und der historischen Einordnung“ bedürfe. „Den Schriftzug ‚Unsern Helden‘ unkommentiert im öffentlichen Raum stehen zu lassen, passt nicht mehr in die Zeit.“

Eine neue Tafel informiert über die Entstehungsgeschichte der Kriegergedächtniskapelle.
Eine neue Tafel informiert über die Entstehungsgeschichte der Kriegergedächtniskapelle. © Lory

Nun hat der Markt Murnau im Vorfeld des Volkstrauertags an diesem Sonntag ein zusätzliches Schild montieren lassen. Die erläuternde Tafel wurde an einer Stelle neben der Kapelle angebracht, „sodass der Gesamteindruck nicht gestört wird“, teilt Rathaussprecherin Annika Röttinger mit. An der Formulierung des Textes war der erwähnte Arbeitskreis sowie die Historikerin Dr. Edith Raim beteiligt, die die Geschichte Murnaus von 1919 bis 1950 erforscht und dazu ein dickes Buch veröffentlicht hat.

Vizebürgermeisterin Dr. Julia Stewens (Freie Wähler) wird bei der Totengedenkfeier eine Rede halten. Zum genauen Inhalt konnte sie am Freitagmittag noch nichts sagen. Nur so viel: Die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, „das muss rein“.

James Loeb war Spender

Aus dem Ersten Weltkrieg waren viele Murnauer Männer nicht mehr zurückgekehrt. Sie blieben in den Schützengräben und Schlachtfeldern zurück. In den Jahren danach entstand die Idee, eine Stätte zu schaffen, wo die Bürgerschaft der Gefallenen gedenken kann. „Zu den Spendern gehörte der in Murnau lebende amerikanisch-jüdische Bankier und Mäzen James Loeb, der deswegen von der NSDAP-Ortsgruppe massiv angefeindet wurde“, ist auf der zusätzlichen Tafel zu lesen. Weiter heißt es: „Sowohl die Gestaltung der Gedenkstätte als auch die Wortwahl ,Unsern Helden‘ ist zeittypisch.“ Näher wird auf den Heldenbegriff und seine Fragwürdigkeit jedoch nicht eingegangen. Der Platz ist aber auch begrenzt.

Um die Kapelle kümmert sich der Krieger- und Soldatenverein Murnau. In puncto Formulierung des Tafel-Textes wurde er nach Angaben des stellvertretenden Vorsitzenden Wolfgang Rogge nicht eingebunden, was ihn etwas „verwundert“. Es gab auch Stimmen, die einen anderen Schriftzug favorisiert hätten. Doch Rogge findet es angebracht, den vorhandenen zu erhalten und zu erläutern. Man könne nicht entfernen, was der Architekt einst erstellt hat, findet der ehemalige Offizier im Generalstab. Mit knapp 20 Mann will der Krieger- und Soldatenverein am Sonntag am Totengedenken teilnehmen.

Totengedenkfeier am Volkstrauertag

Der Ablauf am Volkstrauertag: 9 Uhr: ökumenischer Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Nikolaus; 10 Uhr: Totengedenkfeier an der Kriegergedächtniskapelle, Choral des Jugendblasorchesters, kirchliche Gebete, Totengedenken, Ansprache der Zweiten Bürgermeisterin Dr. Julia Stewens, Kranzniederlegungen, Bayernhymne, Deutschlandlied, Lied „Der gute Kamerad“, Verabschiedung durch die Vizebürgermeisterin.

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