Letzte Bande zwischen Ukraine und Russland im Krieg: „Wir sind sehr dankbar für ihren Mut“

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Drei Jahre nach Beginn von Russlands Überfall auf die Ukraine gibt es weiter Verbindungen zwischen beiden Ländern, wie eine Aktivistin der FR schildert.

München – Seit drei Jahren läuft die russische Vollinvasion in die Ukraine. Und so überraschend es klingt: Noch immer gibt es Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Die Durchleitung russischen Gases etwa nach Moldau hat die Ukraine zuletzt gestoppt. Aber Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler sind in Kontakt und Zusammenarbeit – und zwar täglich, wie Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk der Frankfurter Rundschau am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz schilderte.

Im Ukraine-Krieg: „Wir sind täglich in Kontakt mit russischen Kollegen“

Ende Januar hatte Matwijtschuks Organisation Center for Civil Liberties (CCL) zusammen mit der in Russland mittlerweile verbotenen NGO Memorial einen Anruf zum Austausch aller Kriegsgefangenen veröffentlicht. Doch die Kooperation reicht über Memorial hinaus.

Donezk steht das Wort „Russland“ auf der Fassade eines Studentenwohnheims – Nobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk
Im russisch besetzten Donezk steht das Wort „Russland“ auf der Fassade eines Studentenwohnheims – Nobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk dankt russischen Aktivisten für ihre Hilfe bei der Betreuung illegal inhaftierter Zivilisten. © Montage: Imago/Lenin Nolly/Tass/Dmitry Yagodkin/fn

„Wir sind täglich in Verbindung mit verschiedenen russischen Menschenrechtsorganisationen“, sagte Matwijtschuk. Schon vor Kriegsbeginn im Donbass 2014 sei man in Kontakt gestanden. Danach, und insbesondere mit Russland Einmarsch in die Ukraine, habe sich die Zusammenarbeit intensiviert.

„Es gibt Abertausende illegal inhaftierter ukrainischer Zivilisten in Russland“, erklärte die Aktivistin. „Zu verstehen, wo diese Menschen sind, ihnen Kontaktpersonen oder einen Anwalt zu geben – auch wenn der nichts ändern kann –, ihnen medizinisch zu helfen, das ist nur möglich, weil wir diese Verbindung zu unseren tapferen russischen Menschenrechtskolleginnen und -kollegen haben.“ Matwijtschuk warnt auch eindringlich vor den Folgen der Besetzung in den betroffenen Gebieten.

Folter an Zivilisten im Ukraine-Krieg – Nobelpreisträgerin dankt russischen Aktivisten

Die Partner in Russland stünden unter großem Druck, betonte Matwijtschuk: Die Mehrheit der Menschen in Russland unterstütze den Ukraine-Krieg und Kremlchef Wladimir Putin in all seinen Handlungen. Sie träumten von einem russischen Imperium. „In dieser Lage braucht es enormen Mut, sich entgegenzustellen. Nicht nur gegen eine unterdrückerische Regierung, sondern auch gegen die Mehrheit der Mitbürger.“ Sie sei sehr dankbar für Aufrichtigkeit, Mut und Hingabe der Kolleginnen und Kollegen in Russland.

In der Initiative „People First!“ fordern das CCL und Memorial auch die Freilassung von in Russland inhaftierten Zivilisten, von deportierten ukrainischen Kindern und politischen Gefangenen in Russland. Ukrainische Gefangene hätten von inhumanen Haftbedingungen berichtet, sagte Matwijtschuk nun der FR. „Menschen haben mir erzählt, dass sie geschlagen, vergewaltigt und in Holzkisten geworfen wurden“, berichtete sie. Bisweilen seien Ärzte bei Foltermaßnahmen zugegen – nur, um Gefangene für weitere Folter wieder zu Bewusstsein zu bringen.

Das CCL hatte sich ursprünglich vor allem für Demokratie und Transparenz in der Ukraine eingesetzt. Seit 2013 dokumentierte die Organisation zunächst Übergriffe des Staates bei den Maidan-Demonstrationen, später Menschenrechtsverletzungen Russlands in der Ukraine. 2022 erhielten das CCL und Matwijtschuk zusammen mit Memorial den Friedensnobelpreis. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte sie auch ukrainische Forderungen für einen Frieden. (fn)

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