Schockanruf: Polizei gelingt spektakuläre Festnahme dank Rentner – „Schauspielerisches Talent war bemerkenswert“
Ein 80-jähriger Rentner durchschaut einen Schockanruf und überlistet die Betrüger. Die Polizei nimmt den 29-jährigen Abholer bei einer fingierter Goldübergabe fest.
Wolfratshausen – Dank der geistesgegenwärtigen Reaktion eines 80-jährigen Wolfratshausers hat die Polizei einem Übeltäter am Mittwochabend das Handwerk legen können.
Zuvor war es in der Region erneut zu zahlreichen sogenannten Schockanrufen gekommen, berichtet Lisa Maier, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Auch beim 80-jährigen Wolfratshauser versuchten die Trickbetrüger ihr Glück.
Als gegen 15.45 Uhr das Telefon des Rentners klingelte, meldete sich am anderen Ende der Leitung ein Mann, der sich als Polizist ausgab: „Ihr Neffe hat einen Autounfall verursacht, bei dem ein 54-jähriger, zweifacher Familienvater ums Leben gekommen ist“, gibt der Wolfratshauser den Wortlaut des Anrufers im Gespräch mit unserer Zeitung wieder. Der Senior wunderte sich: „Der Anrufer hat immer Neffe gesagt, aber eigentlich ging es wohl um meinen Enkel.“ Der junge Mann sei angeblich in Gewahrsam genommen worden – gegen die Zahlung einer Kaution könne er aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden. 59 000 Euro verlangte der falsche Polizist und reichte den Hörer an den angeblichen Unfallfahrer weiter: „Opa, bitte hilf mir!“ Obwohl die Stimme glaubhaft klang, kam dem 80-Jährigen die Situation von Anfang an suspekt vor.
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Die Polizei hört beim Telefonat mit
Er wählte umgehend auf dem Handy den Polizeinotruf 110 und hielt parallel das Telefonat mit dem Betrüger aufrecht. So konnten Beamte der Kripo Weilheim, der Polizeiinspektion Wolfratshausen und der Grenzpolizeiinspektion Murnau sofort Maßnahmen einleiten. Ein Polizeibeamter der Wolfratshauser Dienststelle fuhr zum Haus des Rentners und verfolgte das Telefonat mit dem Ganoven live mit. „Es war gut, dass der Polizist dabei war. Das gab mir ein großes Gefühl der Sicherheit“, so der noch immer aufgewühlte Senior am Donnerstagmorgen gegenüber unserer Zeitung.
Gute zwei Stunden, bis etwa 18 Uhr, telefonierte er am Mittwoch mit dem Trickbetrüger. 59 000 Euro: So viel Geld habe er nicht, erklärte der 80-Jährige dem Gegenüber. Er verfüge aber über ein bisschen Gold, das er als Kaution anbieten könne. Unter Anleitung der echten Polizei wurde schließlich die Übergabe des Goldes fingiert. Kurz bevor der Senior dem Abholer eine Stofftasche – gefüllt mit einem Buch und einer Wollsocke – aushändigte, griff die Polizei zu.
„Das schauspielerische Talent des Herrn war bemerkenswert.“
Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen 29-Jährigen, zu dessen Identität die Ermittler keine Angaben machen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II wurde der Mann am Donnerstag dem zuständigen Ermittlungsrichter vorgeführt. Präsidiumssprecherin Maier: „Nach Erlass eines Untersuchungshaftbefehls wurde der 29-Jährige in eine Justizvollzugsanstalt überstellt.“ Für den couragierten Senior gibt's von einem Ermittler ein Sonderlob: „Das schauspielerische Talent des Herrn war bemerkenswert.“
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Dies ist nicht der erste Fahndungserfolg im Zusammenhang mit Schockanrufen in jüngster Zeit: Schon Ende September klickten wie berichtet auf dem Sparkassen-Parkplatz in Wolfratshausen die Handschellen. Die Polizei nahm zwei mutmaßliche Geldabholer fest. Im BMW der Männer stellten sie Schmuck und Goldmünzen im Wert von mehreren Zehntausend Euro sicher. Die Angerufene hatte zuvor richtig reagiert – sie hatte die wahre Polizei sofort über den Betrugsversuch informiert.