EU knickt bei CO2-Emissionen ein – Experten schlagen Alarm: „Führungsrolle untergraben“
Die Grenzwerte bei CO2-Emissionen gelten künftig über drei Jahre – eine Entscheidung, die bei Klimaschützern für Empörung sorgt. Auch der EU könnte dies schaden.
Brüssel/Straßburg – Gerade als Europas Autobauer unter dem Druck schärferer Klimavorgaben standen, kommt eine Entscheidung, die ihnen spürbar den Rücken freihält – sehr zum Ärger von Umweltverbänden. Denn die EU hat den Herstellern mehr Spielraum bei der Einhaltung der CO₂-Flottengrenzwerte eingeräumt. Das Europäische Parlament stimmte in Straßburg dafür, die ursprünglich jährliche Überprüfung der Emissionsvorgaben auf einen Zeitraum von drei Jahren auszudehnen.
Konkret bedeutet das: Wer die Abgasvorgaben in diesem Jahr verfehlt, kann dies bis 2027 nachholen – ohne direkte Konsequenzen. Gleichzeitig können Konzerne, die sich schwertun, sogenannte „Emissionspools“ mit erfolgreicheren Wettbewerbern bilden. Dadurch sinkt das Risiko von Strafzahlungen weiter. Kritiker sehen darin eine versteckte Einladung, sich mit der Schadstoffreduktion Zeit zu lassen.
Autohersteller und CO₂-Emissionen: Grenzwerte werden fortlaufend gesenkt
Seit Anfang des Jahres gelten die strengeren Grenzwerte bei den CO₂-Emissionen. Im Schnitt müssen Neuwagen 15 Prozent weniger ausstoßen als 2021 – eine Maßnahme, die einige Autobauer ins Straucheln bringt.
In den Vorjahren waren die Hersteller dank technischer Optimierungen und Elektroauto-Verkäufen jedoch meist im Rahmen geblieben. Doch der Druck steigt, und der Absatz von emissionsarmen Fahrzeugen schwankt stark – wenngleich von Umweltverbänden der Hinweis kommt, dass der Absatz von E-Autos auch in Europa zuletzt anstieg.

EU-Ziele: Umweltverbände schlagen Alarm – Folgen bei Wettbewerbsfähigkeit?
Die Reaktionen aus diesem Sektor auf die aufgeweichten Ziele sind dementsprechend deutlich: Die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) spricht von einem „unnötigen Geschenk an die Automobilindustrie“. Gerade jetzt, wo der Markt für Elektroautos in Europa an Dynamik gewinne, werde der Übergang künstlich gebremst. Die Lockerung untergrabe die Investitionssicherheit und könne Europas Technologiestandort auf Jahre schwächen, so T&E.
Auch der International Council on Clean Transportation (ICCT) warnt vor langfristigen Folgen. Europadirektor Peter Mock nennt die Entscheidung einen „Rückschlag für Europas Strategie“ und fürchtet, dass erschwingliche Elektroautos dadurch später auf den Markt kommen. Dies könne nicht nur die Klimaziele gefährden, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Vergleich zu China oder den USA untergraben.
Industrie profitiert von weicheren CO2-Grenzwerten – Tragweite unklar
Für die Automobilhersteller bedeutet die EU-Entscheidung eine Atempause, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte. Sie gewinnen Zeit, um Flotten anzupassen und Investitionen zu strecken. Doch genau das sei das Problem, argumentieren Kritiker: Wenn der Druck fehle, würden Innovationen gebremst – zum Nachteil der Verbraucher und des Klimas.
Ob die Aufweichung der Grenzwerte als kluge Industriepolitik oder als riskanter Rückschritt in die Geschichte eingeht, wird sich zeigen. Sicher ist: Der politische Wille, die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie zu halten, sorgt für eine Debatte, die weit über Straßburg hinausreicht. (PF)