Ampel-Streit spitzt sich zu: FDP will beim Sozialstaat kürzen – Grüne sehen Gefahr
Die Schuldenbremse wird zum Zankapfel der Ampel-Regierung. Die FDP will Sozialleistungen kürzen, SPD und Grüne sprechen sich dagegen aus.
Berlin – Die Ampel-Regierung streitet um Schlussfolgerungen aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Grünen-Politiker sprachen sich für Änderungen der Schuldenbremse aus. SPD-Parteichefin Saskia Esken hatte gar dafür plädiert, die Schuldenbremse 2023 und 2024 nicht anzuwenden.
Die FDP hingegen will die Schuldenbremse nicht antasten und stattdessen Sozialleistungen auf den Prüfstand stellen – sie wandte sich zudem abermals gegen Steuererhöhungen. SPD-Chef Lars Klingbeil warnte vor einem Modernisierungsstopp in Deutschland.
Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf nicht dazu führen, dass wir aufhören, unser Land zu modernisieren. Es geht uns um Arbeitsplätze und darum, dass wir ein starker Wirtschaftsstandort bleiben.“ Es brauche Investitionen und Planungssicherheit, um das Land auf Vordermann zu bringen. „Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zu sehr auf dem Status quo ausgeruht. Das spüren wir gerade jeden Tag, wenn Züge nicht fahren oder Brücken nicht tragen“, sagte der SPD-Parteichef.
FDP für Kürzungen – und gegen Steuererhöhungen
Ganz anders sieht das die FDP. Deren Fraktionsvorsitzender Christian Dürr hat sich für Sozialkürzungen ausgesprochen. „Die Koalition ist aufgefordert, Lösungen zu finden, um die Staatsfinanzen weiter zu konsolidieren“, sagte Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag (20. November). „Dabei müssen wir auch darüber reden, wo der Sozialstaat seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann.“

Steuererhöhungen, fügte Dürr hinzu, seien „der falsche Weg, um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln und den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen“.
Grüne warnen vor Sozialkürzungen – Ampel streitet über die Schuldenbremse
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warnte hingegen die Ampelkoalition davor, auf das Urteil aus Karlsruhe mit Sozialkürzungen zu reagieren. „Kürzungen im sozialen Bereich kommen aus unserer Sicht nicht infrage, weil das gerade in Zeiten hoher Inflation den sozialen Zusammenhalt gefährden würde“, sagte Dröge den Funke-Zeitungen.
Eine Reform der Schuldenbremse dagegen wäre „ökonomisch grundsätzlich sinnvoll“, fügte Dröge hinzu. „Es können darüber hinaus Spielräume im Haushalt geschaffen werden durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen.“
60 Millarden Euro fehlen im Ampel-Budget
Änderungen bei der Schuldenbremse stoßen allerdings auf Widerstand bei der FDP. Die Schlussfolgerung aus dem Karlsruher Urteil könne „nicht sein, dass man die Schuldenbremse umgeht oder versucht, die Schuldenbremse zu umgehen“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Sonntagabend im „Bericht aus Berlin“ der ARD. „Wir müssen jetzt dieses Urteil zum Anlass nehmen, um die Schuldenbremse zu stärken.“
Djir-Sarai fügte hinzu: „Eine Schuldenpolitik in dieser Situation würde unsere eigene Handlungsfähigkeit in der Politik wegnehmen, und das wäre außerordentlich unklug.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch entschieden, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht rückwirkend in den Fonds verschoben werden dürfen. Die Mittel waren bislang für zahlreiche klimapolitische Projekte der Ampel vorgesehen – dieses Geld fehlt jetzt. (skr/AFP/dpa)