Feilschen um das Ende des Ukraine-Kriegs: Trump-Beamte wittern Verrat aus Europa

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Kaum Fortschritte nach dem Alaska-Gipfel: Washington und Europa geraten aneinander – und Russland nutzt die Spaltung für seine eigenen Ziele.

Washington. D.C./Kiew/Moskau – In Washington wächst der Frust über stockende Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg, in europäischen Hauptstädten die Skepsis gegenüber der US-Linie – und in Moskau die Bereitschaft, den transatlantischen Zwist auszuschlachten. Während die Front weiter brennt, beschuldigen sich die Akteure gegenseitig, den Weg zu einem Verhandlungsfrieden zu blockieren.

Ende des Ukraine-Kriegs: Trump-Beamte wittern Verrat aus Europa

Hochrangige Regierungsvertreter im Weißen Haus sind überzeugt, berichtet das US-Nachrichtenportal Axios, dass einige europäische Führer öffentlich Präsident Donald Trumps Vorstoß unterstützen, während sie hinter den Kulissen die Fortschritte wieder rückgängig machen. Dem Vernehmen nach ließ das Weiße Haus das Finanzministerium eine Sanktionsliste prüfen, die Europa gegen Russland „plausibel“ umsetzen könnte – inklusive eines vollständigen Öl- und Gasembargos sowie EU-Zöllen auf Indien und China, analog zu US-Maßnahmen.

„Die Europäer dürfen diesen Krieg nicht verlängern und hintenherum unvernünftige Erwartungen einführen, während sie zugleich erwarten, dass Amerika die Kosten trägt“, sagte ein ranghoher US-Beamter gegenüber dem Portal. „Wenn Europa diesen Krieg eskalieren will, ist das ihre Sache. Aber sie würden eine Niederlage aus den Klauen des Sieges reißen.“

Trump setzt auf Gipfel – der Kreml sagt: Europa wolle keinen Frieden

Nach den Gipfeln mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Anchorage und mit Wolodymyr Selenskyj in Washington drängt Trump auf ein direktes Putin-Selenskyj-Treffen. Moskau lehnt bislang ab. Kiew stimmt einem Treffen zwar zu, lehnt jedoch Gespräche über territoriale Zugeständnisse ohne russisches Entgegenkommen ab. Trump selbst stöhnte im Kabinett: „Alle machen nur Show. Es ist alles Bullshit.“

Der Kreml nutzt die Dissonanzen: Sprecher Dmitri Peskow wirft laut dpa-AFX den EU-Staaten vor, Trumps Initiativen zu behindern. Die „europäische Kriegspartei“ habe ein Eigeninteresse an fortgesetzten Kämpfen, Russland sei für die US-Bemühungen „dankbar“.

Während US-Präsident Donald Trump Europa vorwirft, das Kriegsende in der Ukraine zu hintertreiben, stellen sich EU-Staaten demonstrativ an die Seite von Präsident Wolodymyr Selenskyj – und Moskau nutzt die Spaltung propagandistisch aus. © Foto links: IMAGO / ZUMA Press Wire | Foto rechts: IMAGO / photothek

Ukraine-Krieg: Lawrow lobt Trump – und attackiert Europas Spitzen

Russlands Außenminister Sergej Lawrow behauptete kürzlich in einem NBC-Interview, „wir wollen Frieden in der Ukraine. Er will, Präsident Trump will, Frieden in der Ukraine“, während die Reaktionen europäischer Führer zeigten, „dass sie keinen Frieden wollen“. Zugleich wies er Verantwortung für Angriffe auf Zivilziele zurück und pries das „gegenseitige Respektverhältnis“ zwischen Putin und Trump.

US-Vizepräsident JD Vance erklärte indes, die USA würden „weiter versuchen“, Gespräche zu vermitteln; Russland habe „bedeutende Zugeständnisse“ gemacht – zugleich warnte er vor falschen Erwartungen an ein Ende „über Nacht“.

Kiew lehnt „Pufferzone“ ab: Drohnenkrieg hat eigene „tote Zone“ geschaffen

Selenskyj wies laut BBC Überlegungen zu einer 40-Kilometer-Pufferzone zurück: „Nur diejenigen, die den technologischen Stand des heutigen Krieges nicht verstehen, schlagen eine Pufferzone vor.“ Angesichts der Drohnendichte existiere faktisch bereits eine „tote“ bzw. „graue“ Zone nahe der Front. Gebietsabtritte schloss er aus: „Wenn Russland größeren Abstand will, kann es sich tief in die vorübergehend besetzten Gebiete zurückziehen.“

Gleichzeitig dauert der Beschuss an: Massive russische Luftangriffe – zuletzt auf Kiew – und ukrainische Attacken auf russische Ölraffinerien zeigen, wie weit ein Waffenstillstand entfernt ist.

Diplomatie im Ukraine-Krieg – die letzten Schritte

Datum Ereignis Ergebnis / Reaktion
15. August Trump–Putin-Gipfel in Anchorage Keine Waffenruhe, keine Einigung auf Putin–Selenskyj-Treffen
18. August Selenskyj + europäische Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus Einigkeit gegen Landabtritte, Skepsis gegenüber Trump-Deal
25. August Russischer Luftangriff auf Kiew mit >600 Drohnen/Missiles 23 Tote, EU verurteilt Eskalation
28. August Trump im Kabinett über Stillstand: „Alles Bullshit“ Drohung mit Rückzug aus Diplomatie
30. August Axios-Bericht: USA beschuldigen Europa der „Verzögerung“ EU dementiert, verweist auf eigene Sanktionspläne
31. August Peskow: „Europäer wollen Fortsetzung des Krieges“ Kreml lobt Trump, attackiert EU

Weißes Haus erwägt Rückzug von Friedensbemühungen – „Sollen sie es eine Weile ausfechten“

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, erklärte jüngst: „Vielleicht sind beide Seiten dieses Krieges nicht bereit, ihn selbst zu beenden. Der Präsident will, dass er endet, aber die Führer dieser beiden Länder müssen es auch wollen.“ Ein hochrangiger US-Beamter ergänzte gemäß Axios: „Wir werden uns zurücklehnen und zuschauen. Sollen sie es eine Weile ausfechten und sehen, was passiert.“

Parallel skizziert Washington Druckoptionen für Europa – vom Energieembargo bis zu Sekundärzöllen –, während EU-Hauptstädte an weiteren Russland-Sanktionspaketen arbeiten.

Europas Geduld schwindet – „Putin hat Trump gespielt“, Merz sieht keine Gipfelchance

Nach der Washington-Runde mit sieben europäischen Spitzen und Selenskyj schrumpften jedenfalls die Hoffnungen auf ein Putin-Selenskyj-Treffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron deutete an, Putins Verhalten zeige, „dass Präsident Putin Präsident Trump gespielt hat“, und setzte eine Frist, die Moskau ignorierte.

Deutschlands Kanzler Friedrich Merz glaubte ebenfalls wenig an ein direktes Treffen und sprach Putin die Bereitschaft hierzu ab. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas verurteilte die russischen Angriffe als „bewusste Eskalation“.

Putin spielt auf Zeit – und die Front bleibt in Bewegung

Der Thinktank Atlantic Council urteilt in einer neuen Analyse auf seiner Homepage, Putin wolle den Ukraine-Krieg nicht beenden, sondern politische Kontrolle über die Ukraine erzwingen. Während Russlands Landangriffe nur langsam vorankämen, schwächen ukrainische Drohnen russische Öl- und Logistikinfrastruktur, die Schwarzmeerflotte ducke sich weg, ukrainische Häfen blieben offen.

Diplomatisch habe der Alaska-Gipfel weder Waffenruhe noch einen Weg zu einem Gipfel mit Selenskyj gebracht. Moskau weise Trumps Zwischenziel Waffenstillstand zurück und bombardiere weiter, während Washington mit Ultimaten und Sanktionsdrohungen schwanke.

Streitpunkt Territorium, Sicherheit, Sanktionen – Eckdaten eines möglichen Deals im Ukraine-Krieg

Moskau verlange, konstatiert die US-Denkfabrik weiter, die vollständigen Oblaste Luhansk und Donezk, inklusive derzeit von Kiew kontrollierter Städte wie Slowjansk, Kramatorsk und Pokrowsk, im Gegenzug locke es mit Abtretungen anderer besetzter Gebiete. Kiew lehne das ab, westliche Partner stützen diese Position.

Als Sicherheitsgarantie werden immer wieder „Artikel-5-ähnliche“ Zusagen einer „Koalition der Willigen“ formuliert – mit dauerhafter Rüstungslieferung, Ausbildungs-, Aufklärungs- und Luftverteidigungspräsenz in der Ukraine. Ohne glaubwürdigen US-Rückhalt, so der Atlantic Council, drohe dies zu verpuffen.

Kremls Narrativ, Europas Zwickmühle – und Trumps Unwägbarkeit

Peskows einmal mehr in den Raum geworfener Vorwurf, Europa wolle den Krieg verlängern, zielt auf Spaltung. Gleichzeitig ringen EU-Staaten mit knappen militärischen Fähigkeiten und politischer Vorsicht um eine glaubwürdige Rolle – während Washingtons Signale zwischen Druck und Rückzug schwanken.

Dass Trump zwischen massiven Strafmaßnahmen und Zurücklehnen pendelt, verstärkt die Unsicherheit – in Kiew, wo die Opferzahlen steigen, und in europäischen Hauptstädten, die zwischen Sanktionsschraube und Sicherheitszusagen abwägen, urteilt auch The Kyiv Independent.

Viele Drohkulissen, wenig Hebel – Frieden im Ukraine-Krieg rückt nicht näher

Die Front bewegt sich in Metern, die Diplomatie in Kreisen: Solange Moskau die Kosten des Krieges verkraftet, Kiew keine Gebietsabtretungen akzeptiert und der Westen keine einheitliche Druckstrategie findet, bleibt ein Waffenstillstand ferne Aussicht, urteilt etwa der Atlantic Council.

Trumps Team sieht die Verantwortung in Europa, der Kreml gibt sich verständnisvoll – und die Ukrainer bezahlen täglich den Preis. Ein Ende des Krieges ist trotz aller im Diskurs herumwabernder Deals nicht in Sicht. (chnnn/dpa)

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