Neue Hoheit bei Ukraine-Hilfe: Nato will Trump austricksen

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Innerhalb der Nato blickt man mit Sorge auf eine mögliche Wiederwahl Donald Trumps. Das wichtige Ramstein-Format könnte daher reformiert werden.

Brüssel – Das sogenannte Ramstein-Format hat sich seit dem April 2022, also wenige Monate nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs, als wichtige Institution der westlichen Alliierten im Beistand für die Ukraine etabliert. An den monatlichen Besprechungen, geleitet durch das US-Verteidigungsministerium, nehmen mittlerweile Vertreter aus über 50 Ländern teil. In Anbetracht einer etwaigen Wiederwahl Donald Trumps als Präsident der Vereinigten Staaten könnte in Kürze die Nato die Federführung für die Konferenz übernehmen.

Ramstein-Format
Was ist das? Monatliche Konferenz der Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine
Seit wann? 26. April 2022
Welche Aufgabe? Koordination der militärischen und zivilen Hilfen für die Ukraine

Ukraine-Hilfe: Nato will Trump austricksen

Wie das US-Magazin Politico darlegt, erklären vier namentlich nicht genannte Insider aus Europa und den USA, dass die Biden-Regierung die Verantwortung für das Ramstein-Format – auch bekannt als die Ukraine Contact Group – an das nordatlantische Verteidigungsbündnis übertragen könnte. Gedankenspiele hierzu seien bereits hinlänglich erfolgt und würden bei einem zweitägigen Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel (3. und 4. März), anlässlich des 75-jährigen Nato-Bestehens, weitergesponnen.

Im Fokus der Überlegungen, die vom US-Pentagon allerdings noch nicht offiziell bestätigt wurden, stünde dabei vor allem im Raum, wie die Koordinierung und Sicherstellungen der Waffenlieferungen der Verbündeten an die Ukraine aufrechterhalten werden können, sollte Donald Trump im Herbst 2024 die Wiederwahl ins Weiße Haus glücken. Dieser hatte in der jüngsten Vergangenheit mehrfach die US-Hilfen für die Ukraine im Kontext zu geringer Verteidigungsausgaben anderer Nato-Partner lautstark kritisiert und diese im Widerspruch zu seiner „American First“-Außenpolitik-Agenda verortet.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (rechts) möchte das sogenannte „Ramstein-Format“ mit anderen Verantwortlichen gerne stärken – und vor etwaigen Störfeuern Donald Trumps (links) schützen. Trump peilt für November seine Wiederwahl als US-Präsident an. © IMAGO/ZUMA Wire

100 Milliarden Euro: Stoltenberg plädiert für Ukraine-Hilfspaket

Mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt es einen großen und einflussreichen Befürworter für die mögliche strukturelle Änderung der Unterstützer-Gruppe, die ihren Namen in Anlehnung an die bei Ramstein (Rheinland-Pfalz) gelegene Ramstein Air Base der US-Amerikaner hat. Hier fand vor rund zwei Jahren das erste Treffen – als Nachfolge-Dialog für die Ukraine-Kontaktgruppe (UDCG) – statt.

Stoltenberg, so berichten auch der Spiegel und tagesschau.de, schlägt ferner ein Militärhilfspaket in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Ukraine vor. Dieses soll im Rahmen eines Fonds über eine fünfjährige Laufzeit verfügen und der Selenskyj-Regierung ein größeres Maß an Berechenbarkeit nach den zuletzt schwankenden militärischen Unterstützungen garantieren.

Flugzeug auf US-Airbase Ramstein
Die US-Airbase bei Ramstein in Rheinland-Pfalz ist Namensgeber für das wohl wichtigste Dialog-Format der ukrainischen Verbündeten. © IMAGO/Daniel Kubirski

Nato-Außenminister wollen Ukraine-Hilfe „berechenbarer“ machen

Gleichzeitig geht es bei dem genannten Szenario zur Reform des Ramstein-Formats auch darum, einen Großteil der Koordination der ukrainischen Waffenlieferungen verstärkt auf mehrere Schultern zu verteilen, freilich stets in dem Bestreben, die Nato nicht selbst zur Kriegspartei avancieren zu lassen.

„Die Außenminister werden darüber diskutieren, wie die Nato-Unterstützung für die Ukraine am besten organisiert werden kann, um sie stärker, berechenbarer und dauerhafter zu machen“, erklärte ein Nato-Beamter der Nachrichtenagentur AFP vor dem nun stattfindenden Außenministertreffen und spielte damit auch auf die Befürchtungen an, die USA könnten bei einem Trump-Sieg ihre Hilfeleistungen einstellen oder gar die Ukraine dazu drängen, Territorien an Russland abzutreten.

Ukraine-Fond und Ramstein-Reform: Entscheidung erst im Juli?

Eine endgültige Entscheidung hinsichtlich des von Stoltenberg angestrebten neuen Ukraine-Fonds unter dann neuer Ramstein-Format-Leitung der Nato dürfte indes, so Politico, erst im kommenden Juli fallen, wenn in Washington ein Gipfel des Verteidigungsbündnisses mit allen Staats- und Regierungschefs stattfindet. Bis dahin könnte auch noch ein US-Alternativvorschlag abgewogen werden, der vorsieht, der Nato einen formalen Sitz in der Ramstein-Runde zu geben, statt ihr die gesamte Leitung zu übertragen.

Erst kürzlich betonten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens – Annalena Baerbock, Stéphane Séjourné und Radosław Sikorski – in einem weiteren Politico-Artikel, dass derzeit die „Werte der Nato-Verbündeten wie nie zuvor auf die Probe gestellt“ würden und dass man anlässlich des Nato-Jubiläums „der Tatsache gerecht werden müsse, dass dieser Moment die Zukunft bestimmen kann, in der unsere Kinder leben werden.“ (chnnn)

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