Diese Wohnsiedlung in einer Großstadt in Baden-Württemberg ist heute ein beliebter Foto-Hotspot für Touristen

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Die Grabenhäusle auf der nördlichen Stadtmauer Ulms. Die einstigen Soldatenunterkünfte sind heute ein beliebtes Fotomotiv © IMAGO/Zoonar.com/CGI

Einst dienten sie Soldaten der Freien Reichsstadt als Unterkunft, dann lebten dort die sozialen Unterschichten. Mittlerweile sind die Grabenhäusle schick herausgeputzt und versprühen in Ulm sehr viel Altstadt-Charme. Das lockt natürlich die Touristen in Scharen an.

Ulm - Wenn man heute in Groß- wie Kleinstädten in zentraler Lage wohnen möchte, muss man meist etwas tiefer in die Tasche greifen als derjenige, der sich lieber am Stadtrand oder gar etwas weiter weg sein Eigenheim auf die grüne Wiese baut. Doch das war nicht immer so, in früheren Zeiten war nicht unbedingt jede innenstadtnahe Unterkunft nur im gehobenen Standard verfügbar.

Die Grabenhäusle in der ehemals Freien Reichsstadt Ulm sind dafür ein ganz passendes Beispiel. In den Jahren 1610 und 1633 wurden die Häuser in zwei Etappen und in Reihenbauweise auf die alte Stadtmauer gesetzt. Darin leben sollten dort Stadtsoldaten, damit diese von dort aus in den zur Befestigung gehörenden Graben blicken konnten. Das ist auch die Erklärung für den Namen Grabenhäusle.

Die Grabenhäusle dienten Stadtsoldaten als Wohn- und Bewachungsort

Als Ulm dann Anfang des 19. Jahrhunderts der Titel der Freien Reichsstadt entzogen bzw. die Stadt erst bayerisch, kurze Zeit später dann württembergisch wurde, kauften vor allem ehemalige Garnisöner und Witwen der Militärs die kleinen Häuser. Vor allem die städtischen Unterschichten kamen in den Häuschen unter. Viele bauten die Häuser auch aus. Da dies des öfteren jedoch ohne Genehmigung geschah, schritten in vielen Fällen die Behörden ein.

Auch sonst waren die Häuser alles andere als komfortabel. Sanitäre Einrichtungen gab es oft nur für eine Gemeinschaft von bis zu 40 Personen aus zwölf Wohneinheiten. In einigen Häusern lebte mehr als nur eine Familie. Dort wiederum gab es nur eine Küche im Flur und zwei Kammern. Die wohlhabenderen Ulmer hatten für die Häuser und vor allem deren meist arme Bewohner Hohn und Spott übrig: „Grabaleis“ (“Grabenläuse“) nannte der Volksmund die Bewohner dieser Gegend.

35 Grabenhäusle sind noch erhalten und liebevoll restauriert worden

Und heute? Ist praktisch alles völlig anders. Die Stadt Ulm hat namens ihrer städtischen Wohnungsgesellschaft UWS in den 1980er-Jahren 35 noch erhaltene Häuser zeitgemäß modernisiert. 1977 hatte man sogar eine durch Bomben des 2. Weltkriegs zerstörte Reihe an Grabenhäusle vollständig neu gebaut. Viele der einstigen Soldatenhäuser werden mittlerweile von der zweiten oder dritten Generation derselben Familie bewohnt.

Schon viel früher aber wurde den Ulmern bewusst, was für eine idyllische und vorzeigbare Häuserreihe man dort auf der Stadtmauer bewahren konnte. In einem Stadtportrait aus dem Jahre 1940 wurde dieser Bereich als Motiv für „malerische romantische Altstadtbilder“ genannt.

Übrigens gibt es in Ulm noch viele weitere Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch wert sind. Darüber hinaus wurde in Ulm die erste Stadtverfassung Deutschlands überhaupt veröffentlicht. Und zusätzlich hat die Großstadt eine einzigartige Rathausfassade.

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