Länder-Gipfel mit Habeck zur Haushaltskrise: Ostdeutschland bangt um Milliarden-Subventionen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kommt heute mit den Wirtschaftsministern der Länder zu Beratungen zusammen. Im Osten fürchten sie um Milliardeninvestitionen.
Berlin – Am Montag (27. November) kommen die Energie- und Wirtschaftsminister der Bundesländer zusammen, um gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über den weiteren Kurs nach dem Haushaltsurteil aus Karlsruhe zu beraten. Für die Länder hat das Urteil auch Folgen, zum einen, weil auch sie teilweise den vom Bund vorgemachten Schuldentrick angewandt haben. Zum anderen aber auch, weil ihnen Milliardeninvestitionen vom Bund flöten gehen könnten.
Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil klafft eine große Lücke im Etat. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Umwidmung von Corona-Krediten von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Die Bundesregierung will nun die Schuldenbremse für 2023 aussetzen, für 2024 ist aber noch unklar, wie es weitergehen soll. Zahlreiche Projekte stehen nun auf der Kippe.
Top-Ökonom Fratzscher: Rückzug der Subventionen im Osten vermeiden
Fragen gibt es vor allem im Osten der Republik, wo die Bundesregierung mehrere Milliarden an Subventionen für große Chipfabriken versprochen hat. Diese wurden schon von Anfang an kritisiert. Die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt haben aber darauf gezählt. Die Gelder wackeln aber seit dem Urteilsspruch mehr denn je.
Der Ökonom Marcel Fratzscher hat vor einem Zurückziehen dieser Fördermittel eindringlich gewarnt. Ein erheblicher Teil des Geldes sei für Projekte in Ostdeutschland vorgesehen, sagte Fratzscher den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Bundesregierung würde mit einer Rücknahme der Versprechen somit die wirtschaftliche Polarisierung in Deutschland weiter verschärfen“, erklärte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Auch der Zweite Vorsitzende der Industriegewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, warnte davor, Förderzusagen wieder zurückzuziehen. „Bei den Unternehmen entsteht eine große Verunsicherung, mit der Folge, dass Zukunftsinvestitionen ausbleiben. Am Ende steht unser gesamtes Industriemodell infrage. Arbeitsplätze und Wohlstand sind in akuter Gefahr“, sagte Kerner. Er forderte die Politik auf, langfristig ein Modell zu finden, das Investitionen und Transformationsfinanzierung von einer künftigen Schuldenbremse ausnimmt.

Der Wirtschaftsminister Sachsen-Anhalts, Sven Schulze (CDU), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er erwarte nun schnellstmöglich Klarheit zur Finanzierung. „Ich gehe weiterhin davon aus, dass Bundeskanzler Olaf Scholz seine Zusagen zum Intel-Projekt vollständig einhält“, sagte er.
Grüne Transformation nach Haushaltsurteil auf der Kippe
Neben diesen Fördermitteln stehen auch Subventionen für die grüne Transformation auf der Kippe, genauso wie ein Strompaket für die energieintensive Industrie. So sollte der Hochlauf der Wasserstoffinfrastruktur massive staatlich gefördert werden, genauso wie der Tausch von fossilen Heizungen und die Sanierung von Wohngebäuden, mit dem auch die Baubranche angekurbelt werden sollte. Sollte all das wegbrechen, würde das massive Auswirkungen auf Wirtschaft und Industrie haben.
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Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) forderte am Wochenende von den Wirtschaftsministern nach dem Treffen einen Befreiungsschlag. Von dem Treffen „muss das Signal ausgehen: ‚Wir wollen die Wirtschaft ernsthaft entlasten und lösen die Fesseln!‘‘, sagte BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl der Deutschen Presse-Agentur in München.
Weiter wachsende Unsicherheit könne die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts erdrücken. Nach einer BIHK-Umfrage bereiteten jeweils mehr als der Hälfte der Betriebe im Freistaat der Arbeitskräftemangel, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die schwächelnde Inlandsnachfrage, die Energie- und Rohstoffpreise und die steigenden Arbeitskosten große Sorgen. Immer mehr Betriebe zweifelten, „wie sie sich noch am Standort halten können und sollen“, sagte Gößl.
Die Haushaltssperre auf Bundesebene habe zu neuen Unsicherheiten hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit des heimischen Standorts geführt. Die Wirtschaftsminister müssten jetzt zeigen, „dass sie gemeinsam an einem Energiekonzept, an Lösungen gegen den Arbeitskräftemangel und an einem Stopp der Bürokratie arbeiten sowie geschlossen die Wirtschaft stärken wollen“, forderte der BIHK-Präsident.
Mit Material von dpa