Gefahr vor russischer Sabotage: Nato-Land und Deutschlands größter Gas-Lieferant schlagen Alarm

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Seit geraumer Zeit gibt es immer wieder Warnungen vor russischen Sabotageakten © IMAGO/Vladimir Smirnov

Die Sorge vor Sabotageakten aus Russland wächst. Ein Nato-Land befürchtet, dass vor allem sein Energiesektor und Kriminelle in Putins Visier gerückt sind.

Oslo – Seit geraumer Zeit gibt es immer wieder Warnungen vor russischen Sabotageakten. Bei einem jüngsten Treffen haben europäische Sicherheitsdienste wichtige norwegische Vertreter aus dem Energiebereich über Entwicklungen russischer Bedrohungen informiert. „Wir sehen eine sich entwickelnde Geschichte, die nicht nur Deutschland oder die norwegischen Kollegen betrifft, sondern uns alle“, sagte Sinan Selen, der Vizepräsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, nach dem Treffen zu Reuters.

Sabotage aus Russland: Nato-Land und wichtiger Gaslieferant warnt vor Risiko

Im Falle von Norwegen handelt es sich noch um Mutmaßungen. Doch die Anzeichen verdichten sich, dass Russland Sabotageakte insbesondere auf Norwegens Energiesektor planen könnte. „Russland befindet sich in einer dauerhaften Konfrontation mit dem Westen, und es ist ein Regime, das bereit ist, mehr Risiken einzugehen“, sagte Vizeadmiral Nils Andreas Stensoenes, der Leiter des norwegischen Nachrichtendienstes, beim besagten Treffen mit den Vertretern aus dem norwegischen Energiebereich. „Auch wenn wir keine konkreten Hinweise auf Anschlagspläne in Norwegen gesehen haben, ist es ratsam, vorsichtig zu sein und die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen“, fügte er hinzu.

Besonders brisant ist diese Warnung vor dem Hintergrund, dass Norwegen zu einer der Hauptgaslieferanten Europas zählt. 2023 waren Norwegen und die Vereinigten Staaten die größten Gaslieferanten. Beinahe 30 Prozent der Gasimporte kamen aus Norwegen, gibt die EU an. „In Norwegen sind wir besonders wachsam, wenn es um den Energiesektor geht“, sagte Beate Gangaas, die Leiterin der norwegischen Spionageabwehr Gangås jüngst gegenüber der norwegischen Tageszeitung Dagbladet.

Auch Selen geht davon aus, dass Bedrohungen unter anderem von Russland ausgehen könnten. Es handele sich dabei nicht nur um Spionageoperationen, sondern auch um „das Risiko von Sabotage in einigen Bereichen“, so Selen gegenüber Reuters.

Norwegen warnt vor Sabotage aus Russland – Energiesektor und Kriminelle im Visier?

Zugleich warnte Gangås norwegische Kriminelle davor, vom russischen Geheimdienst ausgenutzt zu werden. Es sei auch mittlerweile dem Inlandsnachrichtendienst PST bekannt, dass der russische Geheimdienst über soziale Medien und verschiedene „Telefon-Apps“ Kontakt zu Kriminellen aufgenommen habe, berichtet die norwegische Tageszeitung Dagbladet.

Neu wäre diese Methode der Kontaktaufnahme nicht. Der Verfassungsschutz sah erst im Juli 2024 eine Zunahme russischer Sabotageaktivitäten in Europa und bekam jüngst Hinweise darauf, dass russische Nachrichtendienste gezielt Social-Media-Profile von Mitarbeitern deutscher Unternehmen auswerten. „Ziel soll es gewesen sein, Personen zu identifizieren, die für russische Einflussnahme- oder Anbahnungsversuche empfänglich sein könnten“, hieß es in einem Sicherheitshinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Verfassungsschutz beobachtet Zunahme russischer Sabotage – Warnung an die Wirtschaft

Dass Wladimir Putins Netzwerk offenbar auch nach Deutschland reicht, dürfte an den jüngsten Vorfällen ersichtlich geworden sein. Vor allem haben sich die Zwischenfälle an Bundeswehrstandorten gehäuft. In einigen Fällen wurde zwar Entwarnung gegeben, doch der Ernst der Lage dürfte sich verschärft haben.

In ihrem Sicherheitshinweis für die Wirtschaft schreibt der Verfassungsschutz am 26. Juli, dass die seit 2023 europaweit beobachteten Fälle sowie vermehrte Hinweise auf mögliche Aktivitäten in Deutschland zu einer angepassten Bewertung führen. „Es besteht eine erhöhte Gefährdung in Bezug auf Sabotageaktivitäten beziehungsweise entsprechende Vorbereitungshandlungen in Deutschland“, heißt es.

Schutz vor möglicher Sabotage aus Russland: Empfehlungen für deutsche Unternehmen

Um mögliche Einfallstore für russische Geheimdienste zu schließen, rät der Verfassungsschutz unter anderem dazu, in Stellenausschreibungen keine detaillierten Angaben zu Sicherheitssoftwares und industriellen Kontrollsystemen zu machen. Für Anwerbeversuche besonders gefährdete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten regelmäßig auf mögliche Risiken hingewiesen werden. 

Zudem weist das Bundesamt darauf hin, dass mit Sabotage keineswegs nur bei Einrichtungen mit Bezug zur Unterstützung für die Ukraine zu rechnen sei, sondern auch bei Objekten, „deren strategische Bedeutung für Russland sich nicht unmittelbar erschließt“. Vielmehr könne hinter entsprechenden Sabotageakten auch die Absicht stehen, Verunsicherung in Politik und Öffentlichkeit beziehungsweise in bestimmten Personengruppen und Wirtschaftssektoren auszulösen. (bohy mit Material der dpa)

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