Bergwacht in Sorge: Verlegung der Leitstelle könnte Rettungsaktionen erschweren
Die Integrierte Leitstelle Weilheim soll mit jener in Fürstenfeldbruck zusammengelegt werden – nicht überall sorgt das für Freude. Besonders die Bergwachten im Landkreis sind gespannt, ob sich die Situation künftig verschlechtern könnte.
Die Welt ist vernetzt wie nie zuvor. Ob der Gesprächspartner im Nachbarort, in Berlin oder gar in Timbuktu sitzt, macht dank digitaler Technologien kaum noch einen Unterschied. Sollte es also auch egal sein, ob der Notruf an eine zentrale Leitstelle weitergeleitet wird, die vielleicht etwas weiter entfernt ist? Diese Frage stellt sich aktuell den Ehrenamtlichen der Bergwachten des Landkreises. Praktische Herausforderungen kommen dabei zutage, die besonders für die Retter in den Bergen von Bedeutung sind.
Johannes Burkart ist gespannt. Der Leiter der Bad Kohlgruber Bergrettung kann und will, Stand jetzt, noch nicht abschätzen, wie sich die Zusammenlegung auswirken wird. „Aber es kann nicht unbedingt von Vorteil sein, wenn die Leitstelle weiter vom Gebirge wegrückt“, sagt er diplomatisch. Er betont, dass er die Entwicklung offen beobachtet. Auch wenn ihm die Mitarbeiter aus Weilheim leidtun, die sich beruflich neu orientieren müssen, lässt er sich nicht entmutigen. „Natürlich ist es schade, wenn eine Institution wie die in Weilheim schließt“, fügt er hinzu. Ob alle bisherigen Mitarbeiter in die neue Leitstelle wechseln werden, ist noch ungewiss. „Aber verschlechtern darf sich die Situation auf gar keinen Fall.“
Bergwacht äußert Bedenken in den sozialen Medien
Die Landkreis-Bergwachten haben bereits auf sozialen Medien ihre Bedenken geäußert, manche die Online-Petition zum Erhalt geteilt. Die Bergwacht Krün etwa befürchtet, dass die Ortskenntnis durch die Verlagerung nach Fürstenfeldbruck leiden könnte. Ein anschauliches Beispiel: Was passiert, wenn jemand in den Bergen in Not gerät und nur ungenaue Angaben wie „auf halbem Weg zum Schwarzkopf“ machen kann? Wenn die Leitstelle die Umgebung nicht kennt, könnte wertvolle Zeit vergehen, bis der genaue Standort der Betroffenen gefunden ist. „Die Leitstelle in Weilheim wusste genau, wie sie nachfragen muss“, bestätigt auch Heinz Pfeffer, Bereitschaftsleiter in Mittenwald.
Ab Januar 2026 soll die Zusammenlegung offiziell umgesetzt werden. Bis dahin sollten sich, wie in Weilheim üblich, die neuen Mitarbeiter mit der Umgebung im Gebirge vor Ort vetraut machen. Denn nicht nur Pfeffer fürchtet, dass wertvolle Minuten verstreichen könnten, wenn das Leitstellen-Personal zunächst die Karte konsultieren muss, um die genaue Lage des Verletzten zu bestimmen. „Ich hoffe, die Situation verschlechtert sich nicht.“
Bergwacht-Einsätze haben spezielle Herausforderungen
Burkart stimmt zu, dass die speziellen Herausforderungen eines Rettungseinsatzes im Gebirge auch am neuen Standort in Fürstenfeldbruck berücksichtigt werden müssen. Von der Anforderung eines Hubschraubers bis hin zur Planung des Equipments – die Vielfalt und Komplexität der Bergrettungseinsätze sind herausfordernd. Doch Burkart ist zuversichtlich, dass die Leitstelle alles dafür tun wird, damit auch in Zukunft reibungslose Abläufe möglich sind. „Wir jubeln nicht über die Zusammenlegung“, sagt er optimistisch. „Aber wir glauben auch nicht, dass es nicht funktioniert.“
Eine besondere Sorge Pfeffers betrifft den erhöhten Zeit- und Kostenaufwand, den die Ehrenamtlichen künftig auf sich nehmen müssen. Die Bereitschaftsleiter, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, werden unter anderem ihr Einsatzleiterpraktikum künftig in Fürstenfeldbruck statt in Weilheim absolvieren. „Das ist eine weitere Strecke, die man dann in der Freizeit zurücklegen muss“, sagt Pfeffer.
Wie es letztendlich weitergeht, liegt in den Händen des Kreisausschusses und des Kreistags. Der Ausgang bleibt offen. Doch die Bergretter hoffen zutiefst auf eine Lösung, die ihnen die Arbeit im Gebirge nicht erschwert.
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Diskussion wird zum Kleinkrieg
Die Diskussion um die geplante Fusion der Integrierten Leitstelle Oberland in Weilheim mit der ILS Fürstenfeldbruck verwandelt sich mehr und mehr in einen Kleinkrieg. Auf einen offenen Brief der Weilheimer Mitarbeiter reagierte der zuständige Zweckverband – kurz: ZRF – mit einer Klarstellung. Die ILS-Disponenten werfen dem Zweckverband nun wiederum Falschinformationen vor.
Der ZRF hat seine Entscheidung in einem Schreiben verteidigt. Die Landkreise Weilheim-Schongau, Bad Tölz/Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen bilden den Verband. Sie hätten sich die Entscheidung zur Fusion mit der ILS in Maisach „nicht leichtgemacht“. Viele Gründe sprächen dafür. Zum Beispiel sei die Zusammenlegung von Leitstellen auch im Bayerischen Innenministerium Thema. Eine bundesweite Regierungskommission zur modernen Krankenhausversorgung hat Folgendes geraten: „Sinnvoll ist eine Zentralisierung der Leitstellen. Es wird pro circa eine Million Einwohner eine Integrierte Leitstelle empfohlen.“ Die sieben Landkreise haben insgesamt ziemlich genau eine Million Einwohner.
Die ILS-Mitarbeiter bewerten die Situation allerding anders. Sie werfen dem ZRF eine „bewusste Verzerrung der Tatsachen“ vor. Die Regierungskommission habe nämlich ebenfalls gesagt, dass „eine solche pauschale Aussage nicht haltbar ist“. Stattdessen wären flexible und regional angepasste Lösungen gefragt. Die ILS-Mitarbeiter sehen keinen Handlungsdruck. Die Regierungskommission hat empfohlen, dass die Bundesländer entscheiden. Ein weiterer Punkt, in dem die Disponenten der ZRF Täuschung vorwerfen: In dem Schreiben werde nicht unterschieden zwischen einer Leitstelle und einer Integrierten Leitstelle. Die würden vom ZRF „fälschlicherweise gleichgesetzt“, während die Regierungskommission klar unterscheidet. Eine Leitstelle nehme lediglich medizinische Notrufe an und disponiert Notärzte, während eine integrierte Leitstelle – wie in Weilheim und Fürstenfeldbruck – für alle Einsatzkräfte und deren Koordinierung zuständig sei, also auch Feuerwehren, Bergwacht und Wasserwacht.