Russlands Wirtschaft in „stürmischen Gewässern“: Zentralbankchefin räumt Wirkung der Sanktionen ein
Russlands Wirtschaft sei in „sehr stürmische, unbekannte Gewässer geraten“, sagt Putins Zentralbankchefin. Grund sind der Ukraine-Krieg und westliche Sanktionen.
Moskau – Die Folgen der westlichen Sanktionen treffen Russland zunehmend. Zwar zeigte sich die dortige Wirtschaft relativ robust und konnte trotz Kriegs- und Sanktionsfolgen weiter wachsen. Die Fokussierung auf die Kriegswirtschaft sowie fehlende Arbeitskräfte, die im Krieg gebunden oder ins Ausland gegangen sind, sind aber eine zunehmende Belastung. Das räumt jetzt auch die Chefin der Zentralbank ein – in einer sehr bildlichen Sprache.
„Unser Schiff ist in sehr stürmische, unbekannte Gewässer geraten“, sagte Elvira Nabiullina laut russischen Medien bei einer Sitzung des Rates für die Entwicklung des Finanzmarktes. Gleichzeitig wollte Nabiullina – ebenso bildlich – signalisieren, die Lage unter Kontrolle zu haben. „Aber der Ozean ist immer noch ein Ozean. Das Ruder liegt in unseren Händen, und wir müssen den Weg zum Ziel entschlossen ebnen.“
Russlands Zentralbankchefin gibt schwierige Wirtschaftslage zu: „Mit Sanktionen verbundene Inflationsrisiken sind eingetreten“
Zuvor hatte Nabiullina deutlichere Worte gefunden: „Die mit den Sanktionen verbundenen Inflationsrisiken sind eingetreten.“ Um gegen die Inflation vom durchschnittlich 8,6 Prozent vorzugehen, hatte die Zentralbank am 26. Juli eine deutliche Erhöhung der Zinsen angekündigt, die Banken für Kredite zahlen müssen. Diese liegt nun bei 18 Prozent – der höchste Stand seit April 2022.
Es gebe keine Alternative zu den erhöhten Zinssätzen, erklärte Russlands Zentralbankchefin. Dabei verwies sie auf Menschen mit geringen Einkommen. Diese würden „nicht mit der Inflation Schritt halten“. Für sie sei die Politik nicht abstrakt, „sondern eine Frage, ob sie in der Lage sind, sich selbst und ihre Familien zu ernähren“, erklärte Nabiullina.
Fachkräftemangel schadet Russlands Wirtschaft – und ist Inflationstreiber
Als Ursache für die Inflation sieht die Zentralbank den Arbeitskräftemangel in Russland. Das Wachstum der Nachfrage führe deshalb nicht zu einer Ausweitung des Angebots, sondern erhöhe die Kosten der Unternehmen und verstärke den Inflationsdruck, erklärte die russische Zentralbank in einer Mitteilung zur Zinserhöhung. Viele Fachkräfte sind im Krieg gebunden. Zudem sind laut dem US-amerikanischen Nachrichtenportal Newsweek Schätzungen zufolge bis zu eine Million qualifizierte Arbeitskräfte ins Ausland abgewandert.
Trotz der Inflation zeigte sich Nabiullina optimistisch. Für das laufende Jahr 2024 rechnet die Zentralbank mit einem Wachstum von vier Prozent. „Wie wir sehen, gibt es auch bei hohen Zinsen keinen Geldmangel: Die Gewinne sind rekordverdächtig“, zitierte Newsweek Nabiullina.
Folgen der Sanktionen trüben Aussichten für Putins Wirtschaft
Fraglich ist, ob sich Russlands Wirtschaft angesichts der Inflationsfolgen auf diesem Niveau halten kann. Für 2025 ist die Erwartung der Zentralbank deutlich schlechter. Das Wirtschaftswachstum soll zwischen 0,5 und 1,5 Prozent liegen. Experten beobachten eine „Überhitzung“.