Vorab-Umfragen und Wahlbeteiligung: Russland-Wahl läuft nicht rund für Putin
Ein Sieg von Putin bei der Russland-Wahl gilt als wahrscheinlich. Doch die Unterstützung schwindet, das zeigen Zahlen aus dem Ausland. Was heißt das für das Ergebnis?
Moskau – Dass der russische Präsident Wladimir Putin die Russland-Wahl gewinnen wird, steht wohl mangels ernstzunehmender Gegner so gut wie fest. Aber dass es wohl kein Sieg auf ganzer Linie wird, zeigen aktuelle Zahlen jenseits der Landesgrenzen. Und das wird dem russischen Machtapparat gar nicht gefallen.
Denn aktuelle Umfragen aus dem Ausland und die Zahlen zur Wahlbeteiligung zeigen: Die sowieso schon teils erzwungene Unterstützung für den russischen Machthaber schwindet.
Wahlen in Russland: Zustimmung für Putin innerhalb der russischen Wählerschaft in Prag einstellig
Eine Nachwahlbefragung unter russischen Wahlberechtigten in Prag, der Hauptstadt der Tschechischen Republik, hat ergeben, dass nur 4,1 Prozent der 1310 Befragten für Putin gestimmt haben. 66,5 Prozent gaben an, ihre Stimme Wladislaw Dawankow gegeben zu haben. Fast ein Viertel der Wähler machte ihren Stimmzettel ungültig.
Es bleibt ungewiss, warum so viele Russen Dawankow ihre Stimme gaben. Dawankow, der seit 2021 stellvertretender Leiter des russischen Parlaments ist, gilt als loyaler Unterstützer des Kremls. Einige Oppositionelle hatten aber dazu aufgerufen, Dawankow zu wählen, da er beim Thema Ukraine-Krieg moderater scheint.
Bei Wahl: Russland will Wahlbeteiligung erzwingen
Weit ärgerlicher für Putin könnte die Entwicklung rund um die Wahlbeteiligung sein. Diese ist Putin und dem Kreml besonders wichtig, um den Anschein einer starken Unterstützung innerhalb der Bevölkerung für den amtierenden Präsidenten zu erwecken.

Putin und der Kreml hatten das klare Ziel, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen – und das mit allen Mittel: Lew Gudkow, der Direktor des Lewada-Zentrums, sagte dem Magazin Spiegel, dass bei diesen russischen Präsidentschaftswahlen „wieder mit Erpressung gearbeitet werden“ wird, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, „nach dem Motto: Wenn Du nicht wählst, wird die Schule nicht renoviert, wird kein Gas geliefert“.
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Wahlzwang und Propaganda bei Russland-Wahl
Propaganda, die zum Wählen aufruft, gab es in Russland nicht nur auf Plakaten und im Staatsfernsehen: In Wladiwostok riefen laut dem Exilmedium Nowaja Gaseta Europe auch Gegensprechanlagen an Wohnhäusern zur Wahl auf. Überall im Land finden Veranstaltungen und Konzerte statt, darunter das Kasaner Festival „Die ganze Familie geht wählen“ am 17. März, zu dem 50.000 Menschen erwartet wurden.
Darüber hinaus griff Putins Machtapparat auch vermehrt auf Drohungen und Zwang zurück. Die unabhängige Tageszeitung Moscow Times berichtet etwa von Studierenden, die von der Universitätsadministration zur Wahl gezwungen werden. So sollen Studierende in Tula ein Foto ihres Wahlscheins machen.
Wahlbeteiligung bei Russland-Wahl nicht wie erwartet
Aber wie die russische Nachrichtenagentur TASS aktuell berichtet, lag die landesweite Wahlbeteiligung bei der russischen Präsidentschaftswahl laut Live-Update der Zentralen Wahlkommission Russlands um 12:50 Uhr bei lediglich 65,05 Prozent. „[Wahlbeteiligung] während der Wahl: 65,05 Prozent“, heißt es auf der Informationstafel der Wahlbehörde. Damit wäre die Wahlbeteiligung geringer als 2018, wo sie bei 67,5 Prozent lag. Die Daten berücksichtigen jedoch nicht die Zahl der Online-Wählerinnen und -Wähler.
Währenddessen verkündet der Kreml allerdings andere Zahlen. Dort spricht man von einer „Rekordwahlbeteiligung“ von 70,1 Prozent, die die Zentrale Wahlkommission Russlands angeblich ermittelt habe. Das wäre ein historischer Rekord für Präsidentschaftswahlen in Russland. Im dichtbesiedelten Osten des Landes soll die Wahlbeteiligung sogar über 75 Prozent gelegen haben. (sot)