Russland lässt Atom-U-Boot zu Wasser – Putins Anwesenheit beunruhigt Experten

Normalerweise begnügt sich Wladimir Putin mit einer Zuschaltung per Video, wenn neue Kriegsschiffe oder Atom-U-Boote getauft werden. Diesmal war alles anders: Der russische Präsident reiste vergangene Woche persönlich zur Sevmash-Werft im nordrussischen Sewerodwinsk – ein unmissverständliches politisches Signal inmitten des Ukraine-Kriegs und zunehmender Spannungen mit dem Westen.

Wladimir Putin nimmt an Atom-U-Boot-Taufe persönlich teil

Anlass war die Indienststellung des neuen Atom-U-Boots K-555 „Knyaz Poscharskiy“ der Borei-A-Klasse. Die Zeremonie, bei der die Flagge der russischen Marine gehisst wurde, unterstreicht Russlands Anspruch, trotz Sanktionen seine nukleare Abschreckung weiter auszubauen – und diese Fähigkeit öffentlichkeitswirksam zur Schau zu stellen.

Das Boot ist nach Fürst Dmitri Poscharski benannt, einem Nationalhelden, der im 17. Jahrhundert Moskau von polnisch-litauischen Truppen befreite. Kulturell aufgeladene Symbolik, die offenbar nicht zufällig gewählt ist. Die Knyaz Poscharskiy ist die fünfte Einheit der modernisierten Projekt-955A-Serie und wurde der Nordflotte unterstellt. Künftig wird sie von Gadschijewo aus operieren, als Teil der 31. U-Boot-Division.

Das Fachportal „Naval News“, das sich auf Rüstungs- und Marinethemen spezialisiert hat, beschreibt das neue U-Boot detailliert. 

Wichtigste Fakten zur „Knyaz Poscharskiy“ (Projekt 955A Borei-Klasse):

  • Länge: 170 Meter
  • Verdrängung in getauchtem Zustand: ca. 24.000 Tonnen
  • Besatzung: rund 107 Mann
  • Antrieb: Nuklearreaktor OK-650V mit 170 MW Leistung
  • Antriebssystem: Pumpjet (erstmals bei russischen U-Booten)
  • Sonarsystem: MGK-600B Irtysh-Amfora-Borei mit sphärischer Bugantenne
  • Hauptbewaffnung: 16 Interkontinentalraketen vom Typ RSM-56 „Bulava“ (3M30), 6 x 533-mm-Torpedorohre, 6 Shlangbaum-Systeme zur Torpedoabwehr
  • Kiellegung: Dezember 2016
  • Stapellauf: Februar 2024
  • Indienststellung: Juli 2025
  • Stationierung: Nordflotte, Gadschijewo
  • Entwicklung: Rubin-Konstruktionsbüro, Sankt Petersburg

Turbo-Indienststellung: Russlands Eile im Westen mit Sorge beobachtet

Einige Beobachter auf X (vormals Twitter) wiesen auf die ungewöhnlich kurze Testphase hin: Zwischen dem ersten Seeauslauf und der offiziellen Indienststellung lagen nur rund zwölf Monate. In anderen Ländern würde ein nuklear bewaffnetes strategisches System dieser Größenordnung oft Jahre lang erprobt. Die Eile wird im Westen mit Sorge beobachtet.

„Naval News“ betont, dass das neue Boot Teil einer größeren Erneuerungsstrategie sei. Die Borei-A-Klasse soll nach und nach die älteren SSBNs der Projekt-667BDRM-Delfin-Klasse ablösen, die aus der späten Sowjetzeit stammen. Zwei weitere Borei-A-Boote – „Knyaz Potemkin“ und „Dmitri Donskoi“ – sind derzeit im Bau, weitere in Planung.

Borei-Klasse dient Russlands Fähigkeit zum atomaren Zweitschlag

Die eigentliche Bedeutung der Borei-Boote liegt in ihrer Fähigkeit zum sogenannten Zweitschlag – also dem nuklearen Gegenschlag nach einem Angriff. Die russische Führung betont regelmäßig, dass diese Abschreckung essenziell für die nationale Sicherheit sei. Kritiker im Westen warnen jedoch, dass mit jedem neuen strategischen System auch das nukleare Eskalationspotenzial steige.

Indienststellung kurz nach US-Atombomben-Verlegung

Die Indienststellung des neuen russischen Atom-U-Boots erfolgte nur wenige Tage, nachdem bekannt geworden war, dass die USA Atombomben nach Großbritannien verlegt haben – erstmals seit 2008. 

Ein auffälliger Direktflug eines Militärtransporters von New Mexico zur RAF-Basis Lakenheath ohne Rückladung deutet laut Experten auf eine gezielte Stationierung hin. Die Botschaft ist klar: Washington will mit seiner nuklearen Abschreckung auch Moskau direkt erreichen.

Während sich die politische Lage weiter zuspitzt, steigen die Zahlen russischer Urlauber in Westeuropa indes wieder deutlich an. Im Jahr 2024 wurden über 550.000 Schengen-Visa an russische Staatsbürger ausgestellt, ein Anstieg von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders drei Länder sind bei russischen Urlaubern wieder beliebt.