In Bayerns Fitnessstudios breitet sich ein neuer Trend aus: Hyrox – eine Mischung aus Laufen und Krafttraining. Weltweit gibt es bereits Meisterschaften, die Trainingskurse dafür sind schwer gefragt. Ein Besuch in Polling, wo das neuartige Zirkeltraining meist ausgebucht ist.
Polling – Sara Castan gibt alles. Sie sitzt an der Rudermaschine, drückt die Beine durch und zieht die Hantel mit voller Kraft nach hinten. Auf dem Display sieht sie die Anzahl der verbrannten Kalorien langsam nach oben klettern: 15 hat sie jetzt. Sobald sie bei 20 ist, wird gewechselt – und bis dahin muss nicht nur sie durchhalten, sondern auch ihre Trainingspartnerin Antonia Vater. Die steht nur ein paar Meter weiter und wirft einen sechs Kilo schweren Medizinball an eine Markierung an die Wand. Die Arme brennen – und die beiden Mädels wissen: Es wird noch schlimmer. Denn das ist erst die erste Station.
Hyrox erobert die Fitnessstudios – neuer Trend macht sich auch in Bayern breit
Verantwortlich für den sich anbahnenden Muskelkater ist Trainer Benny Bolley. Er steht zwischen den Trainingsgeräten im Habermeyer Fitnessstudio in Polling im Kreis Weilheim-Schongau, beobachtet, feuert an und schmunzelt gelegentlich vor sich hin. Denn donnerstags um 20 Uhr geht es hier nicht nur um Kraft und Ausdauer – sondern auch um Spaß.
Der neue Trensport Hyrox ist längst auch in Polling angekommen – genau wie in vielen bayerischen Fitnessstudios. Bei den Wettkämpfen müssen die Teilnehmer allein oder in Zweier-Teams acht Kilometer rennen. Nach jedem Kilometer steht eine Kraft-Disziplin an. Das schnellste Team gewinnt am Ende. Und wer schnell sein will, muss viel trainieren. Deshalb sind Sara Castan und Antonia Vater jede Woche dabei, wenn Trainer Benny einen neuen Hyrox-Trainingsplan vorstellt.
Er erklärt alle Übungen, die er für heute geplant hat. Die zwölf Teilnehmer sollen Zweier-Gruppen bilden, Benny Bolley legt fest, welches Team mit welchem Gerät anfängt. Trotzdem bricht nach seinem „Und los geht‘s“ erstmal Chaos aus. „Das ist normal am Anfang“, sagt er schmunzelnd. Antonia Vater muss den Medizinball so lange gegen die Wand werfen und dafür jedes Mal in eine tiefe Kniebeuge gehen, bis Sara Castan an der Rudermaschine fertig ist. „Denk dran, dass du richtig tief in die Hocke gehst“, sagt Trainer Benny. Denn im Wettkampf würde der Wurf sonst nicht gezählt.
Hyrox begeistert immer mehr Menschen: Antreten darf jeder
Bolley ist an allen Stationen gleichzeitig. Auch seine Mutter Anneliese Hohenadel ist heute beim Hyrox-Training dabei. Mit ihren 64 Jahren ist sie heute die älteste Teilnehmerin, bei einem Wettkampf wäre sie aber keine Besonderheit. Beim Hyrox darf jeder antreten: egal wie alt, egal wie trainiert. Annelieses Trainingspartner heißt Flynn und hat Oberarme, die locker doppelt so dick sind wie ihre. Abwechselnd schieben sie den schweren Gewichte-Schlitten auf der Bahn über die Trainingsfläche. Flynn legt zwei 20-Kilo-Scheiben zusätzlich auf, wenn er an der Reihe ist.
Und wenn er Pech hat, springt auch noch Trainer Benny auf, dann wird die Runde noch etwas anstrengender. Anneliese Hohenadel ist seit sechs Monaten beim Hyrox-Training dabei. Sie will ihre Ausdauer verbessern, sagt sie. „Ich brauche dafür einen Trainer, der mich motiviert.“ Aber auch die meist wechselnden Trainingspartner sind für viele Teilnehmer ein großer Ansporn. Mit Flynn wäre sie sonst vermutlich nie ins Gespräch gekommen. Obwohl er fünf Abende pro Woche im Fitnessstudio ist. Der 36-Jährige ist mit viel Ehrgeiz beim Hyrox dabei, er will Anfang Oktober an dem Wettkampf in Stuttgart teilnehmen.
Beim Wettkampf im Mai in Berlin gingen 16 500 Teilnehmer an den Start. Weltweit gibt es bereits eine halbe Million Hyrox-Athleten. Sie treten bei den Wettkämpfen im Doppel oder allein an. Neben den Lauf-Runden müssen sie die Kraft-Disziplinen Rudern, Medizinball-Werfen, Gewichts-Schlitten ziehen und schieben, Ski-Ergometer, Ausfallschritt mit Gewichtssack und Burpees (eine Kombination aus Liegestütz und Strecksprung) absolvieren. Von Wettkampf zu Wettkampf können sie dabei ihre eigene Zeit steigern.
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Nachfrage nach hyrox-Kursen in Polling ist groß
Sara Castan und Antonia Vater haben von dem neuen Fitness-Trend Anfang des Jahres gehört – und schon fünf Wochen später als Doppel am ersten Wettkampf teilgenommen. Und der Inhaber ihres Pollinger Fitnessstudios hat ihre Anregung sofort aufgenommen, dass Hyrox-Training in den Kursplan zu integrieren. Seitdem sind die fünf Kurse pro Woche gut besucht.
Wer mitmachen will, muss sich frühzeitig einen Platz sichern. Einige Teilnehmer kommen dafür sogar aus anderen Landkreisen nach Polling. Und eine Sportlerin sogar aus Thüringen: Silvana. Sie ist regelmäßig im Urlaub in der Region. Ihr Mann weiß längst, dass er auf sie verzichten muss, wenn in Polling Hyrox auf dem Trainingsplan steht. Im Oktober wird Silvana bei ihrem vierten Wettkampf starten, dafür will sie jedes Training mitnehmen. „Ich mag den Teamgeist und den Spaß am Hyrox“, sagt sie. „Dieser Sport hat mir schon aus einigen Tiefen geholfen – ich bin froh, dass ich ihn gefunden habe.“