Frührente und weiter arbeiten: Mehr Geld oder mehr Ärger mit dem Chef?
Rente und Arbeit: Das kann sich finanziell für Senioren lohnen. Allerdings sind sich viele unsicher, was das für ihr Arbeitsverhältnis bedeutet. Ein Überblick.
München – Es ist lukrativ geworden, Rente zu beziehen und dabei gleichzeitig weiter arbeiten. Denn die Arbeit hat keine negativen Auswirkungen auf die Rentenzahlungen mehr. „Seit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen für Altersrentner ist ein unbegrenzter Nebenverdienst ohne Rentenkürzung möglich“, sagt Jan Scharpenberg vom Ratgeberportal Finanztip. Allerdings sind sich viele Senioren unsicher, was das dann für ihr Arbeitsverhältnis bedeutet.
Für wen lohnt sich die Kombination aus Rente und Arbeit?
Wer Rente beziehen und weiter arbeiten will, sollte vorher einen Blick in seinen Arbeitsvertrag werfen. Einige Verträge enthalten Klauseln, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehen, sobald der Arbeitnehmer eine Rente bezieht. In solchen Fällen sollte man unbedingt mit dem Arbeitgeber sprechen.
Außerdem lohnt sich nicht in allen Fällen der Bezug einer Frührente neben der Arbeit. Wer beispielsweise Abschläge auf die vorgezogene Rente hinnehmen muss, sollte noch einmal genau kalkulieren, welcher Weg am besten bzw. leistbar im individuellen Fall ist. Wer aber schon 45 Wartejahre angesammelt hat, muss meist keine Abschläge in Kauf nehmen und kann auf diesem Wege mit mehr Geld im Alter rechnen.
Arbeit und Frührente: Wie funktioniert das?
Beispiel: Ein Arbeitnehmer, der bereits 45 Jahre gearbeitet hat und somit seine Berufsjahre bis zur Rente erfüllt hat, könnte mit 65 in Rente gehen. Das sind zwei Jahre vor Erreichen des regulären Rentenalters.
Er kann nun sowohl Arbeitsentgelt als auch Rente von der Deutschen Rentenversicherung beziehen. Dazu muss er bei der Deutschen Rentenversicherung eine 99,99-prozentige Teilrente beantragen. Wenn er beispielsweise 2.000 Euro brutto in seiner regulären Rente erhält, müsste er in diesem Modell auf etwa 20 Cent pro Monat verzichten. Andernfalls würde er bereits in Vollrente gehen. Das Besondere an diesem Modell ist, dass diejenigen, die es nutzen, weiterhin voll sozialversichert sind, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen. Zudem erhalten sie mehr Geld.
Kann mich mein Chef kündigen, weil ich in Rente gehe?
Eine Kündigung wegen des Anspruchs auf Rente ist verboten. Im sechsten Sozialgesetzbuch (SGB) steht: „Der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters ist nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann“ (§ 41 SGB VI). Vorsicht: Es kann aber sein, dass Ihr Arbeitsverhältnis mit dem Rentenbezug automatisch aufgrund einer Befristung endet. Deshalb sollten Sie noch einmal genau ihren Arbeistvertrag durchlesen.
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Gibt es bei einer Entlassung und Sozialauswahl Nachteile?
Dabei gibt es tatsächlich Nachteile, erklärt ihre-vorsorge.de. Doch das liegt nicht unbedingt am Rentenantrag. Der Nachteil entsteht schon, wenn man überhaupt die Anspruchsvoraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllt – auch wenn man noch gar nichts beantragt hat.
Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Rentennähe oder Rentenbezug bei der Sozialauswahl vor Entlassungen „Minuspunkte“ ergeben können (Az. 6 AZR 31/22). Sogar eine „Rentennähe“ kann bei der Sozialauswahl zu Nachteilen führen. Das gelte allerdings nur für den Fall, dass die Altersrente „abschlagsfrei“ ist, so das Portal.
Kann ich meinem Arbeitgeber verschweigen, dass ich Rente beziehe?
Rentenberater Markus Vogt rät in der Wirtschaftswoche davon ab, dies zu versuchen. Es sei wahrscheinlich, dass der Arbeitgeber doch davon erfahre. Der Arbeitgeber erhält zwar keine Mittelung, wenn ein Arbeitnehmer einen Rentenantrag stellt, kann aber trotzdem indirekt vom Parallelbezug Wind bekommen: Denn die deutsche Rentenversicherung fragt maschinell beim Arbeitgeber nach dem Gehalt, das vor dem Rentenantrag bezogen wurde. Jeder Personaler weiß dann: Es kann nur um den Rentenantrag gehen.
Vogt meint, dass es aber zunehmend üblich werden dürft, „dass Arbeitnehmer jenseits der 63 parallel auch eine Frührente beziehen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels dürften Arbeitgeber daraus keine negativen Rückschlüsse mehr ziehen, etwa mit Blick auf die Motivation“, so Vogt gegenüber dem Magazin.