Nach Trump-Wahl: Japan steuert auf unsichere Zeiten zu
Japans Premier Shigeru Ishiba ist am Montag im Amt bestätigt worden. Seine größte Bewährungsprobe steht ihm aber noch bevor: ein Treffen mit Donald Trump.
Über Jahrzehnte war die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ein Sinnbild für politische Stabilität. Jetzt aber steht der angeschlagene Regierungschef des Landes ohne eigene Mehrheit im Parlament da, und das ausgerechnet nach der Wiederwahl von Donald Trump. Zwar hatte sich das Land vor zwei Jahren eine Wende in der Verteidigungspolitik verordnet; dennoch sind die Sorgen groß, die USA könnten ihre militärische Unterstützung zurückfahren, sobald der Republikaner im Weißen Haus sitzt. Schon während seiner ersten Amtszeit hatte Trump gewettert, das Land – einer der engsten Verbündeten der USA – lasse sich seine Sicherheit von den USA bezahlen.
Japans Premier regiert künftig ohne Parlamentsmehrheit
Nein, die Rede ist nicht von Deutschland. Sondern von Japan. Das ostasiatische Land steckt seit Wochen in einer Regierungskrise, nachdem ein Parteispendenskandal Premierminister Fumio Kishida im Oktober aus dem Amt katapultiert hatte. Kishidas Partei, die seit Jahrzehnten fast ununterbrochen regierende LDP, machte daraufhin den ehemaligen Verteidigungsminister Shigeru Ishiba zu ihrem Vorsitzenden und hievte ihn mit ihrer Parlamentsmehrheit ins Amt des Premiers. Ishiba rief umgehend Neuwahlen aus, um die Wähler über sein politisches Schicksal bestimmen zu lassen. Mit der Folge, dass die Koalition aus LDP und ihrem kleinen Partner Komeito erstmals seit 2012 die Mehrheit in der Volksvertretung verlor.
Am Montag nun wurde Ishiba von den neugewählten Parlamentariern im Amt bestätigt, allerdings mit nur 221 von 465 Stimmen. Fortan steht er einer fragilen Minderheitsregierung vor. Um Gesetze durchzubringen, ist Ishiba also auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Und die hat bereits angekündigt, dass sie es dem Premier nicht einfach machen wird.

„Das Wichtigste ist, dass Japan ein friedliches Land bleibt“
Die Krise kommt für Japan zur Unzeit. Das Land steht vor schweren wirtschaftlichen Herausforderungen, das Wirtschaftswachstum ist gering, die Bevölkerung altert rapide. Vor allem der Außenhandel schwächelte zuletzt, Donald Trumps isolationistische Handelspolitik könnte Japans exportorientierter Wirtschaft weiter zu schaffen machen. Gleichzeitig werden aus der Opposition Rufe nach mehr Investitionen in den Sozialstaat laut. „Das Wichtigste ist, dass Japan ein friedliches Land bleibt und die Lebensbedingungen der Menschen verbessert werden“, sagte Ishiba am Montag.
Außenpolitisch sieht sich Japan mit einem zunehmend schwierigen Umfeld konfrontiert. Da ist einerseits China, das in der Region immer aggressiver auftritt. So streiten Tokio und Peking um eine kleine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, zudem droht die Volksrepublik damit, Taiwan anzugreifen, einen direkten Nachbarn Japans. Und in Nordkorea feuert Diktator Kim Jong-un wieder mehr Raketen ab, die auch Japan treffen könnten. Angesichts dieser Bedrohungen hatte die japanische Regierung vor zwei Jahren angekündigt, das Verteidigungsbudget zu verdoppeln.
Japans Premierminister drängt auf Treffen mit Trump
Um seine Sicherheit zu gewährleisten, ist Japan aber vor allem auf die Unterstützung der USA angewiesen, die in dem Inselstaat mehr als 50.000 Soldaten stationiert haben. Donald Trump hatte den jahrzehntealten Verteidigungspakt zwischen den beiden Ländern vor fünf Jahren als „unfair“ bezeichnet. Im zurückliegenden Wahlkampf schoss er sich dann vor allem auf Südkorea ein und verlangte von Seoul, für die dort stationierten US-Soldaten zehnmal so viel zu zahlen wie bislang. In Japan ist nun verständlicherweise die Sorge groß, Trump könnte mit ähnlichen Forderungen auf Tokio zukommen. Premierminister Ishiba will sich deshalb schon in den kommenden Wochen mit dem designierten US-Präsidenten treffen. Er habe den Eindruck, dass er mit Trump „offen reden“ könne, sagte Ishiba vor wenigen Tagen nach einem kurzen Telefonat mit dem Republikaner.
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Viele Experten bezweifeln aber, dass Ishiba mit Trump so gut umgehen kann wie einst Shinzo Abe, Japans Premierminister während Trumps erster Amtszeit. Die beiden verband eine innige Männerfreundschaft, dem leutseligen Abe gelang es beim gemeinsamen Golfen, Trump davon zu überzeugen, dass Japans Sicherheit auch im Interesse der USA ist. Ishiba hingegen gilt als steif und wenig nahbar, ihm dürfte es deutlich schwerer fallen, einen persönlichen Draht zu Trump zu entwickeln. Vielleicht sollte sich Ishiba ja ein Beispiel nehmen an Yoon Suk-yeol, seinem Amtskollegen aus Südkorea: Der begann am Montag mit Golfstunden, um sich auf die zweite Trump-Präsidentschaft vorzubereiten.