Durchbruch in der Antarktis: Was unter 500 Meter dickem Eis verborgen liegt
Was unter dem Eis der Antarktis steckt, beeinflusst den weltweiten Meeresspiegel. Schweizer Forschende haben nun einen Blick darunter geworfen.
Zürich – Ein Forschungsteam um Huw Horgan von der ETH Zürich hat in der Antarktis 500 Meter durch den dichten Eisschild bis zum darunter liegenden Festland gebohrt – und hat dort eine wichtige Entdeckung gemacht. „Am Ende des Bohrlochs stießen wir auf Wasser und mit unserer Kamera entdeckten wir hier, 400 Kilometer vom offenen Meer entfernt, sogar einen Schwarm von Hummer-artigen Lebewesen“, berichtet Horgan. Erst kürzlich konnte ein Forschungsteam einen Blick tief unter einen Eisberg in der Antarktis werfen.
Die Bohrung ist ein wichtiger Meilenstein in der Erforschung der Antarktis. Denn die Forschung vermutet zwar schon länger, dass unter dem dicken Eisschild Wasser fließt – doch die Wasserströme unter den Eiskappen geben bis heute noch viele Rätsel auf. Mit der Bohrung durch den Eisstrom Kamb ist es Forschenden nun zum ersten Mal gelungen, einen subglazialen Wasserstrom, der in einer Höhle unter dem Eis auf den Ozean trifft, aus unmittelbarer Nähe zu beobachten.
Wasser unter dem Eis der Antarktis: Forschende können es erstmals analysieren
Das Wasser unter dem Eis ist für die Forschung nichts Neues: Mit Satelliten wurden bereits mehrere hundert Seen unter den Eiskappen in der West- und Ostantarktis entdeckt. Das Wasser entsteht unter anderem wegen der Wärme der Erde. Neu war dagegen die Möglichkeit, das Wasser genau zu untersuchen. Mit Messgeräten analysierten die Forschenden unter anderem die Temperatur, den Salzgehalt und die Menge an festen Partikeln in dem Wasser. In einer Mitteilung der ETH Zürich heißt es, man dürfe sich den subglazialen Wasserstrom „nicht als reißenden Fluss vorstellen“.

Stattdessen handele es sich um ein „vergleichsweise ruhendes Gewässer und das meiste Wasser stammt aus dem Meer“. Nur geringe Mengen des Wassers seien Frischwasser, das unterhalb des angebohrten Kamb-Eisstroms in Richtung Meer nachströme. „Diese Wassermenge ist viel kleiner als das, was uns die bestehenden Modelle vorhergesagt hatten“, betont Horgan. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachjournal Nature Geoscience veröffentlicht.
Subglazialer Wasserstrom in der Antarktis schwankt im Laufe der Zeit stark
Außerdem hat das Forschungsteam herausgefunden, dass der subglaziale Wasserstrom im Laufe der Zeit stark schwankt. „Wir vermuten, dass das Wasser aus flussaufwärts liegenden, subglazialen Seen stammt“, erklärt Horgan. „Diese Seen füllen und entleeren sich in bestimmten Zyklen. Wenn sie sich entleeren, ergießt sich eine Wasserflut in Richtung Meer.“ Solche großen Flutereignisse treten dem Forschungsteam zufolge etwa alle zehn Jahre auf. Ein anderes Forschungsteam hat in der Antarktis einen ganz anderen Fund gemacht, der mit Eis nichts zu tun hat.
Schelfeis-Formationen in der Antarktis, die als größte Wüste der Welt gilt, wirken wie eine Barriere: Sie halten Eisströme auf dem antarktischen Festland zurück und verhindern so, dass sie zum Meer wandern und dabei abschmelzen. „Die subglazialen Wasserströme spielen eine zentrale Rolle beim Abschmelzen des Schelfeises“, erläutert Horgan. „Unsere Erkenntnisse sind daher eine Voraussetzung für die Entwicklung neuer Modelle, die das Schmelzen des Schelfeises beschreiben und das Ansteigen des Meeresspiegels noch genauer vorhersagen können.“ (tab)