Gastbeitrag von Michael Ehlers: Expertenstreit bei Lanz: Lauterbach kämpft auf rhetorischer Achterbahn

Lauterbach unter Druck – und unter Zwang zur Rechtfertigung

Karl Lauterbach war von Beginn an in der Defensive. Bereits in den ersten Minuten fiel sein wiederholtes Mundwinkelzucken auf – ein Körpersignale, das auf inneren Konflikt, Unsicherheit oder Unklarheit in der Bewertung des eigenen Handelns hinweisen kann. Diese Körpersprache begleitete ihn durch die gesamte Sendung.

Statt analytischer Einordnung oder empathischer Selbstkritik sah sich Lauterbach schnell zu Rechtfertigungen gezwungen. Die wiederholten Versuche, die Sendung in seinem Sinne zu framen, liefen ins Leere – denn mit Streeck, Kekulé und Schmidt-Chanasit saßen ihm diskussionsstarke Kontrahenten gegenüber, die jeden rhetorischen Ausweichversuch sofort unterbanden.

Über Michael Ehlers

Michael Ehlers trainiert seit zwei Jahrzehnten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Top-Manager, Profi-Sporttrainer und viele mehr. Er hält Vorträge zu den Themen Rhetorik, Kommunikation, Digitale Transformation und Motivation. www.der-rhetoriktrainer.de

Zähe Wortklaubereien statt Aufarbeitung

Was folgte, war ein Debattenstrang, der sich mehrfach in Details und semantischen Grabenkämpfen verlor. Begriffe wie „Killervirus“, „Wellenbrecher-Shutdown“ oder „Propaganda“ wurden minutenlang diskutiert – leider ohne echten Mehrwert für das Publikum. Statt Fragen wie „Was waren die größten Fehleinschätzungen?“ oder „Welche Maßnahmen hätten wir besser gestalten können?“ rückten Wortwahl und Zitate in den Mittelpunkt.
Besonders ermüdend: der Versuch, Lauterbachs Formulierung „mehr oder weniger nebenwirkungsfrei“ zur Schlüsselaussage einer Impfdebatte zu machen. Hier verlor sich die Runde in Wortklauberei, während die eigentlichen Inhalte auf der Strecke blieben.

Alena Buyx: Die Stimme der Vernunft

In dieser aufgeladenen Atmosphäre zeigte sich Alena Buyx mehrfach als Retterin der Diskussionskultur. Sie brachte Struktur in die Sendung, ordnete ein, lieferte belastbare Fakten. Als sie zur Einordnung der Impfnebenwirkungen sprach, war das der erste wirklich erkenntnisbringende Moment des Abends.

Auch ihre Klarstellung am Ende der Sendung, dass niemand sich die Entscheidungen damals leicht gemacht habe, war der wohl einzige Moment, in dem sich Karl Lauterbach sichtbar entspannte – was sich sogar in seiner Körpersprache niederschlug.

Was hängen bleibt: Versäumte Chancen

Der wohl wichtigste Moment der Sendung kam in Minute 54, als Lauterbach selbstkritisch zugab:

„Kinder nicht in die Schule oder Kita zu lassen, war der größte Einzelfehler, den wir gemacht haben.“

Diese Aussage hätte der Wendepunkt sein können – eine ehrliche Einordnung, getragen von Reue und dem Willen zur Aufarbeitung. Doch Moderator Lanz griff nicht auf, sondern lenkte die Diskussion direkt auf den nicht anwesenden Christian Drosten – woraufhin sich eine Nebenstraße öffnete, die in eine unsachliche Debatte über die Heinsberg-Studie führte. Erkenntnisgewinn? Gleich null.

Rhetorische Gesamtbilanz

Was rhetorisch auffällt:

  • Lauterbachs Körpersprache war oft unruhig, sein Framing mühsam.
  • Buyx war sachlich, klar, führend – sie übernahm zeitweise die Rolle des Moderators.
  • Kekulé und Schmidt-Chanasit waren stark in der Kritik, aber häufig zu kleinteilig.
  • Streeck brachte mit der Frage nach der „Pandemie der Ungeimpften“ endlich einen relevanten Diskussionspunkt auf den Tisch.

Lanz war ungewohnt passiv, ließ Diskussionen entgleiten, griff nicht rechtzeitig ein.

Fazit: Verpasste Gelegenheit zur Aufarbeitung

Diese Sendung hätte ein Meilenstein werden können. Stattdessen wurde sie zum Schauplatz gegenseitiger Vorwürfe und rhetorischer Selbstverteidigung. Lauterbachs Zitat bleibt hängen – aber fast im Verborgenen. Dabei hätte es eine echte Chance zur Versöhnung mit der eigenen Politik sein können.

Bleibt die Hoffnung, dass eine solche Runde bald mit weniger Egos, weniger Rechthaberei – und mehr echter Reflexion auf Sendung geht.

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