„Ich will meine Kinder nicht im Stich lassen“: Schwerkranke Frau gibt Hoffnung nicht auf

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Ein positiver Mensch trotz alledem: Sylvia Böhme lebt seit acht Jahren mit Krebs. © Bettina Stuhlweißenburg

Sylvia Böhme lebt seit acht Jahren mit Krebs. Sie wünscht sich, nicht allein sterben zu müssen. An Schwerkranke wie sie richtet sich das Oberland Hospiz, das ab 2024 in Bad Wiessee gebaut wird und das heuer von der Aktion „Leser helfen Lesern“ profitiert. Die stationäre Einrichtung ist auf Spenden angewiesen.

Landkreis – Wann Sylvia Böhme sterben wird? Das weiß niemand genau. Die 50-Jährige leidet an einem seltenen Tumor, der Betroffenen in der Regel noch sieben bis neun Jahre gewährt. Die Lenggrieserin bekam ihre Diagnose im März 2015 im Alter von 41 Jahren gestellt. „Ich hatte immer Rückenschmerzen“, erinnert sie sich. „Als ich mich nicht mehr bücken konnte, dachte ich an einen Bandscheibenvorfall und bin zum Arzt.“ Da hatte der Tumor bereits die Wirbelsäule umschlossen, Nerven und Teile des Verdauungstraktes befallen. Die Alleinerziehende dachte: „Na super, mein Kind ist noch so klein.“ Sieben Jahre alt war der jüngere ihrer beiden Söhne damals, der Große als junger Erwachsener immerhin schon aus dem Haus. „Ich wollte ihnen nicht sagen, dass ich sterben werde“, sagt Böhme. „Man hat ja immer einen Hoffnungsschimmer.“

Nach Protonenbestrahlung, Chemotherapie, 32 Operationen, monatelangen Klinikaufenthalten und einem Koma von vier Wochen geht es Sylvia Böhme heute den Umständen entsprechend gut. Opiate lindern ihre Schmerzen. Sie sitzt im Rollstuhl, aber versorgt sich selbst. Einmal wöchentlich kommt der Pflegedienst, um sie zu duschen. Freunde und ihr Vater besuchen sie regelmäßig. Vielleicht, so ihre Hoffnung, kann sie im Sommer wieder Schlauchboot fahren. „Ich bin ein Stehaufmandl“, sagt sie und lacht. „Ich möchte sehen, wie meine Kinder groß werden, ich will sie nicht im Stich lassen.“ Sie wisse aber, dass sie sich das nicht aussuchen kann.

Spendenaktion „Leser helfen Lesern“

Begünstigte: Heuer profitieren der Förderverein Oberland Hospiz, der in Bad Wiessee den Bau eines Hospizes realisiert und für die bedarfsgerechte Einrichtung auf Spenden angewiesen ist. Außerdem fördern wir ein Projekt der Caritas, die im Rahmen eines neuen Beratungsangebots Geringverdienern auch den Austausch stromfressender Elektrogeräte ermöglichen will.

Spendenkonto 13 300: Spenden können auf das Konto 13 300 bei der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee (BLZ 711 525 70), IBAN: DE04 7115 2570 0000 0133 00 eingezahlt oder überwiesen werden.

Spendenquittungen: Das Finanzamt anerkennt den Durchschlag der Überweisung bis zu einem Betrag von 300 Euro als Zuwendungsbestätigung. Für Spenden über 300 Euro stellt das Landratsamt Quittungen aus. Wir bitten Spender, die vollständige Anschrift anzugeben. Vorgedruckte Überweisungsträger liegen dieser Ausgabe bei.

Namensnennung: Wer die Aktion mit mindestens fünf Euro unterstützt, wird als Spender genannt. Wer nicht genannt werden möchte, möge dies auf der Überweisung vermerken.

Für die Zeit nach ihrem Tod hat Böhme deshalb alles geregelt. Ihr jüngerer Sohn, der inzwischen weiß, wie es um die Mama steht, hat sich in einem Jugendheim gut eingelebt. Auch für ihre letzte Ruhestätte hat sich Böhme schon entschieden: „Unter einem Baum im Dietramszeller Bestattungswald“, sagt Böhme. „Es beruhigt mich, zu wissen, wo ich hinkomme.“

Dagegen ist noch unklar, wo sie sterben wird. „Ich wünsche mir, dass ich nicht allein bin, sondern betreut werde“, sagt sie. Ein Pflegeheim kommt für sie nicht infrage: „Dafür bin ich zu jung.“ Außerdem wünscht sie sich, regelmäßig geduscht oder gebadet zu werden. „Das ist so wichtig fürs Wohlbefinden.“

Oberland Hospiz

Viele Möglichkeiten, den letzten Weg professionell betreut, aber selbstbestimmt zu gehen, gibt es im Oberland nicht. Das soll sich ändern: Der Förderverein Oberland Hospiz (OHO) strebt den Bau einer stationären Einrichtung am Löblweg in Bad Wiessee an. Für die bedarfsgerechte Einrichtung des Hospizes ist der Förderverein auf Spenden angewiesen. Nach jahrelanger Planung wird das Vorhaben im Frühjahr 2024 konkret: Dann beginnt der Abriss des Josefheims, das zuletzt als Flüchtlingsunterkunft diente. Nicht abgerissen wird die denkmalgeschützte Kapelle auf dem Grundstück. Sie soll in das Hospiz integriert werden. Anschließend startet die Mariona-von-Tessin-Stiftung mit dem Neubau, den sie nach Fertigstellung (voraussichtlich Ende 2025) an die Oberland Hospiz gGmbH vermietet. Der Entwurf des Schlierseer Architekten Johannes Wegmann sieht einen zweiteiligen Baukörper vor, mit einem ein- und einem zweigeschossigen Trakt. Im Obergeschoss ist ein Seminarraum vorgesehen, in dem Aus- und Weiterbildungen in Palliative Care stattfinden. Die ebenerdigen Einzelzimmer für die Patienten haben jeweils eigene Terrassen. Vorgesehen sind außerdem ein gemütlicher Aufenthaltsraum für Patienten und Besucher, ein Raum für Andachten und ein lichtdurchflutetes Personalzimmer. „Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen, damit sie mit offenem Herzen auf die Sterbenden zugehen können“, erklärt Josef Bogner, Vorsitzender des Fördervereins. Ebenfalls geplant ist eine Küche. Die Initiatoren wollen kein Lieferessen aus anonymen Großküchen, sondern einen eigenen Koch, der auf letzte Wünsche eingehen kann.

Spenden

Für Sterbenden und Angehörige ist der Aufenthalt kostenlos. „Die Familien sind durch die Situation gebeutelt, deshalb wollen wir ein Rundum-sorglos-Paket bieten“, sagt Gisela Hölscher, Schriftführerin des Fördervereins. Doch nicht nur aus diesem Grund braucht der Verein Spenden: Er muss das komplette Haus neu einrichten – Möbel und eine Espressomaschine für den Aufenthaltsraum, eine Küche samt Thermomix, eine 10 000 Euro teure Badewanne für Pflegebedürftige und Pflegebetten werden zum Beispiel gebraucht.

Ungewisse Zukunft

Ob Sylvia Böhme ihren letzten Weg im Oberland Hospiz gehen wird? Grundsätzlich ist es möglich, richtet sich die Einrichtung doch an Menschen aus dem gesamten bayerischen Oberland. Aber Böhme will sich damit noch nicht befassen: „Ich denke nicht ans Sterben“, sagt sie, „sonst hätte ich die zurückliegenden Monate nicht geschafft.“ Stattdessen nehme sie jeden Tag, wie er kommt.

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