Von Ägypten bis Tunesien: In diese Länder kann die EU jetzt schneller abschieben

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

In Brüssel einigten sich die EU-Innenminister auf neue Asyl-Regeln: Die Liste sicherer Herkunftsländer soll erweitert werden – das ist aber nur ein Punkt von vielen.

Brüssel – Die EU-Innenminister einigten sich am Montag (8. Dezember) auf neue zentrale Maßnahmen bei der Umsetzung des EU-Asylpakts. Zum einen die Überarbeitung des Konzepts der sogenannten sicheren Drittstaaten, die Einführung einer gemeinsamen Liste sicherer Herkunftsländer und die Verteilung von Asylbewerbern nach dem sogenannten Solidaritätspool.

Die EU-Staaten einigen sich auf strengere Regeln bei der Asyl-Reform. © Future Image/Imagebroker/IMAGO/Montage

Außerdem wollen die EU-Staaten den Druck auf abgelehnte Asylbewerber erhöhen und Abschiebungen effizienter abwickeln. Dafür sollen Menschen ohne Bleiberecht neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation mit den Behörden erwarten müssen. „Jedes Jahr kommen Zehntausende nach Europa und beantragen Asyl, obwohl sie aus sicheren Ländern kommen“, erklärte der dänische Minister Rasmus Stoklund. Dänemark hat derzeit den rotierenden Vorsitz im Rat inne.

Von Ägypten bis Tunesien: Die EU erweitert Liste der sicheren Herkunftsländer

Europäische Union plant, Abschiebungen in mehrere nordafrikanische Staaten zu beschleunigen. Marokko, Tunesien und Ägypten sollen künftig als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Zusätzlich wollen die EU-Mitgliedstaaten das Kosovo, Kolumbien, Indien und Bangladesch in diese Kategorie aufnehmen. Diese Entscheidung trafen die Innenminister der EU-Länder während ihrer Zusammenkunft in der belgischen Hauptstadt am Montag.

Eine abschließende Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu diesem Verzeichnis steht noch aus. Erst danach können die finalen Gespräche über die Umsetzung starten. Aufgrund der aktuellen Kräfteverhältnisse in Straßburg rechnen Beobachter nicht mit wesentlichen Modifikationen. Generell ist vorgesehen, dass Staaten mit EU-Beitrittsstatus automatisch als sicher betrachtet werden. Hierunter fallen beispielsweise Albanien, Montenegro und die Türkei.

In Deutschland gibt es bereits eine Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer. Die Einstufung soll schnellere Abschiebungen dorthin ermöglichen. Von den Ländern auf der nun beschlossenen EU-Liste waren darauf bisher nur der Kosovo, Albanien und Montenegro als sicher eingestuft. Die EU-Liste wäre bindend für alle Mitgliedstaaten. Gleichzeitig muss dem Vorschlag nach auch weiterhin immer der Einzelfall geprüft werden. Menschen, die aus diesen Ländern kommen und in der EU Schutz suchen, sollen also nicht automatisch abgeschoben werden, bekommen aber ein beschleunigtes Asylverfahren.

Einigung auch bei Konzept sicherer Drittstaaten: Asylsystem der EU soll entlastet werden

Neben den sicheren Herkunftsländern gibt es auch das Konzept der sicheren Drittstaaten. Es soll das europäische Asylsystem entlasten, indem Menschen in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden, um dort ihr Asylverfahren abzuwarten. Die Festlegung würde auch die Einrichtung von sogenannten Rückführungszentren in Drittstaaten erleichtern.

Auch hier haben sich die EU-Innenminister auf eine gemeinsame Position geeinigt. Bislang war es nötig, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu einem solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder einen längeren Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es zukünftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht. Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige Bindung haben. Ausgenommen davon sind unbegleitete Minderjährige.

Überblick: Zusammenfassung der EU-Asylbeschlüsse vom 8. Dezember 2025

1. Erweiterte Liste sicherer Herkunftsländer Neue Länder: Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko, Tunesien
2. Gelockerte Kriterien für sichere Drittstaaten Abschiebungen sind künftig auch ohne persönliche Verbindung zum Zielland möglich - es genügt ein Abkommen zwischen EU-Staat und Drittstaat
3. Verteilung von Asylbewerber über Solidaritätspool Innerhalb der Europäischen Union sollen 21.000 Schutzsuchende umgesiedelt werden, um besonders unter Druck stehende EU-Staaten zu entlasten
4. Strengere Regeln bei Abschiebungen Menschen ohne Bleiberecht sollen neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation erwarten müssen
5. Abfertigung in Rückführungszentren EU-Innenminister erlauben, die Abfertigung von Asylsuchenden in sogenannten Rückführungszentren

Außerdem plant die EU, den Druck auf abgelehnte Asylbewerber zu erhöhen und Abschiebungen effizienter abzuwickeln. Dafür sollen Menschen ohne Bleiberecht neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation mit den Behörden erwarten müssen, wie die Mitgliedsländer nach einer Einigung bei einem Treffen der europäischen Innenminister in Brüssel mitteilten.

Faire Verteilung von Asylbewerbern: Minister einigen sich auf sogenannten Solidaritätspool

Zudem sollen weniger belastete EU-Länder im Rahmen des Solidaritätsmechanismus, der mit der europäischen Asylreform 2024 beschlossen wurde, 420 Millionen Euro bereitstellen. Eigentlich sind in der Asylreform die Umsiedlung von mindestens 30.000 Asylbewerbern und die Bereitstellung von 600 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Da die europäische Asylreform aber erst ab Juli 2026 in Kraft tritt, einigten sich die EU-Länder auf insgesamt geringere Beiträge. 

Welche Beiträge Deutschland oder andere Länder gemäß Einigung nun konkret leisten müssen, blieb zunächst unklar. Die Bundesrepublik kann sich nach einer Analyse von EU-Innenkommissar Magnus Brunner aber darauf berufen, dass sie sich bereits um sehr viele Asylbewerber kümmert, für die eigentlich andere EU-Staaten zuständig wären.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat angesichts mehrerer Entscheidungen bei der Umsetzung des EU-Asylpakts von einem „europäischen Momentum einer neuen Migrationspolitik“ gesprochen. Er sei „sehr zuversichtlich“, dass die „anspruchsvollen“ Verhandlungen der vergangenen Monate zu einem „guten Ende“ kämen, sagte Dobrindt am Montag vor dem Treffen in Brüssel. (Quellen: dpa) (bg)