Der US-Präsident verlangt in Amerikas neuer Sicherheitsstrategie mehr Stärke von Europa. Das kann er haben – am besten bei der Verteidigung der Ukraine. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Die Vance-Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz jagte noch Schockwellen durch Europa. Gemessen daran fallen die Reaktionen auf Trumps neue „nationale Sicherheitsstrategie“ cool aus: Wie sich ein kräftiger Tritt in den Hintern anfühlt, wissen die Europäer inzwischen.
Erschreckend ist es dennoch, wie die USA – nun auch in einem offiziellen Regierungsdokument – ihre ältesten und immer noch wichtigsten Verbündeten sehen und behandeln: Während Kritik am aggressiven Russland in dem neuen US-Strategiepapier nur noch in Spurenelementen vorkommt, wird die EU als ein von Meinungsdiktatur, abstürzenden Geburtenraten und „zivilisatorischer Auslöschung“ bedrohtes Gebilde beschrieben, das für die USA allenfalls noch insofern von Interesse ist, als Europa besser nicht in die Hände Chinas fallen solle.
Europa rückt zusammen: Das Treffen in London ist auch ein Signal an Trump
Das ist die Zeitenwende 2.0, diesmal made in USA. Nun ist nicht alles falsch, nur weil Trump es sagt. Dass die EU es mit der Asylmigration übertrieben und sich damit selbst geschwächt hat, darüber herrscht auch in Europa heute Einigkeit. Das Gleiche gilt für die Verteidigung, die den Politikern lange lästig war, weil sie das Geld lieber in die Aufblähung ihrer Sozialetats steckten, um so Wählerstimmen zu kaufen. Doch liegt er grob falsch, wenn er den Europäern rät, in einer von Autokraten wie ihm, Putin und Xi beherrschten Welt ihr Heil in neuer Kleinstaaterei zu suchen.
Europa darf seine Sicherheit nicht amerikanischen Geschäftsinteressen opfern.
Richtig ist genau das Gegenteil. Deshalb ist es gut, dass der lange zerstrittene Kontinent in der Stunde der Bedrohung enger zusammenrückt. Das heutige Treffen der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Ukraine in London ist auch ein Signal an Trump, dass Europa nicht bereit ist, seine Sicherheit russischen Eroberungsfantasien oder amerikanischen Geschäftsinteressen zu opfern.
Ohne Europa geht Trumps Rechnung langfristig nicht auf
Es war ein Signal der Entschlossenheit an den US-Präsidenten, der Stärke doch so liebt. Dass der sich mal wieder enttäuscht von der fehlenden Kapitulationsbereitschaft der Ukraine zeigte, sollte die Europäer nicht entmutigen. Trumps Stern in seiner republikanischen Partei sinkt gerade so schnell wie seine Zustimmungswerte bei den Wählern. Und in der „Grand Old Party“ werden Stimmen wieder lauter, die warnen, dass die Amerikaner ohne europäische Verbündete im Titanenkampf mit China einpacken können.