Nach historisch schlechtem Wahl-Ergebnis: SPD-Arbeitsgemeinschaft fordert Neuwahl für Parteispitze
Die SPD stellt sich neu auf. Lars Klingbeil nahm nach der Bundestagswahl die Zügel in die Hand, doch das scheint nicht allen zu gefallen.
München – Eine Wahl in den Sand gesetzt, eine andere triumphal gewonnen: Die SPD befindet sich zwischen Fassungslosigkeit und Freudentaumel. Auf die katastrophale Bundestagswahl folgte die starke Hamburger Bürgerschaftswahl. Dennoch soll in der Parteispitze eine Änderung her: Der Tagesspiegel berichtet von einem Papier vom SPD-Bundesvorstand, in dem es heißt: „Die aktuelle Parteiführung ist für das desolate Ergebnis verantwortlich“. Neuwahlen an der Parteispitze sollen her.
Klingbeil als neuer starker Mann in der SPD – oder kommt es anders?
In dem „Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD“ benannten Papier heißt es, das historisch schlechte Ergebnis von 16 Prozent „war kein Naturereignis, sondern Resultat einer Kette von politischen Fehlentscheidungen. Aus diesem Grund ist ein Bundesparteitag mit Vorstandswahlen spätestens im Sommer notwendig.“
Eigentlich hatte sich Lars Klingbeil als neuer starker Mann in der SPD positioniert. Die Partei wählte ihn am Mittwoch (26. Februar 2025) nach der Wahl zum neuen Fraktionsvorsitzenden, und schon am Wahlabend hatte er vom „Generationenwechsel“ gesprochen. In dem Papier heißt es aber nun, es sei „eine neue Zusammensetzung unserer Spitze entscheidend. Verantwortungsbewusstsein heißt nicht, hinter Nebelkerzen die nächste Karrierestufe zu nehmen.“
Papier von SPD-Bundesvorstand greift Lars Klingbeil indirekt an
Klingbeils Worte werden in dem Papier direkt aufgegriffen. Begriffe wie „Generationenwechsel“ dürften keinen Schutz für einzelne Personen darstellen, es gehe um ein „Facelifting“, das Alter sei zweitrangig. Auch wenn man zusammen gewinne oder verliere, bedeute dies „keinesfalls, dass Führung keine Konsequenzen ziehen muss.“ Weiter heißt es, bis Ende 2026 ein ganzheitliches Konzept für einen solidarischen Sozialstaat erarbeitet werden.
Und: „Wegducken, Vertagen und faule Kompromisse führten dazu, dass man weniger Debatten führte, sondern sich eher treiben ließ.“ Ein zukunftsfähiges Grundsatzprogramm solle bis spätestens Ende 2028 entwickelt werden, in einem „partizipativen Prozess für Mitglieder und Zivilgesellschaft“.
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Umbau in der SPD: „Dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen“
Parallel zu den Sondierungsgesprächen mit der Union will die SPD auch den parteiinternen Erneuerungsprozess vorantreiben. Generalsekretär Matthias Miersch werde im Anschluss dazu im Parteivorstand einen Vorschlag vorlegen, sagte Parteichef Klingbeil am Montagmittag in Berlin nach Beratungen des SPD-Präsidiums. „Es muss gelingen, Verantwortung für das Land zu übernehmen, aber auch Rückschlüsse aus dem Wahlergebnis zu ziehen“, betonte Klingbeil. „In dieser Pflicht sehen wir uns.“

„Wir dürfen jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte auch Miersch dem Sender Phoenix. Es gehe um eine Erneuerung der SPD sowohl in inhaltlichen wie in organisatorischen Fragen. Man könne „nach einem solchen Wahlergebnis nicht einfach sagen: Es geht weiter“, hob er hervor. Immerhin der Hamburger Wahlerfolg unter Führung von Bürgermeister Peter Tschentscher gibt Aufwind. „Das motiviert uns alle in der SPD“, sagte Klingbeil.
Neuanfang in der SPD: Welche Rolle spielt Boris Pistorius?
„Peter Tschentscher und die Hamburger SPD haben uns ein Lächeln ins Gesicht gezaubert“, sagte auch Ko-Parteichefin Saskia Esken. Ein Faktor für die Zukunft wird vermutlich auch Boris Pistorius sein. Der Verteidigungsminister ist seit Monaten der beliebteste deutsche Politiker, ließ aber Olaf Scholz den Vorzug als Kanzlerkandidat. (cgsc mit dpa und afp)