Russischer Großangriff erschüttert Ukraine - Geheimdienste erheben Chemiewaffen-Vorwürfe

In der Nacht zum Freitag hat Russland einen der schwersten Luftangriffe auf die Ukraine seit Kriegsbeginn durchgeführt. Die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde stundenlang mit Drohnen und mindestens einer Hyperschallrakete vom Typ Kinschal attackiert. 

Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurden mindestens 23 Menschen verletzt, darunter Bewohner eines Studentenwohnheims, das von einer Drohne getroffen wurde. Schäden wurden in fünf Stadtteilen gemeldet, mit Bränden in Wohnhäusern im Bezirk Svyatoshynskyi.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte den Angriff „absichtlich massiv und zynisch“. „Es war eine brutale, schlaflose Nacht.“

Selenskyj hofft weiter auf Unterstützung durch Trump

Vor dem Hintergrund eines Teilstopps US-amerikanischer Waffenlieferungen forderte Selenskyj die EU zur Stärkung ihrer eigenen Rüstungsindustrie auf. „Wir müssen Europas eigene Verteidigungsindustrie aufbauen, damit Russland uns in keinem Bereich überlegen sein kann“, sagte er bei einem Besuch im dänischen Aarhus. Selenskyj setzt nach eigenen Angaben trotz des vorläufigen Lieferstopps weiter auf die Unterstützung der USA und sucht das Gespräch mit US-Präsident Donald Trump.

Russland setzt laut BND Chemiewaffen in der Ukraine ein

Ein überraschender und besorgniserregender Fakt ist zudem der verstärkte Einsatz verbotener Chemiewaffen durch Russland. Der Bundesnachrichtendienst und niederländische Geheimdienste bestätigten, dass russische Truppen das Erstickungsmittel Chlorpikrin von Drohnen abwerfen, um ukrainische Soldaten aus Schützengräben zu vertreiben. 

Mindestens drei Todesfälle und 2500 Verletzte mit entsprechenden Symptomen werden auf diesen Einsatz zurückgeführt. „Der Einsatz von Tränengasen sowie Chlorpikrin durch russische Truppen ist nun zur Standardpraxis geworden und weit verbreitet“, teilten der deutsche Auslandsgeheimdienst sowie der niederländische Militärnachrichtendienst MIVD und der niederländische Nachrichtendienst AIVD gemeinsam mit. Russland verstoße damit gegen das Chemiewaffenabkommen, das auf ein weltweites Verbot solcher Waffen abzielt.

Chlorpikrin, auch Trichlornitromethan genannt, ist ein chemischer Kampfstoff aus der Gruppe der Lungenkampfstoffe. Im Ersten Weltkrieg wurde er auch unter der Bezeichnung Grünkreuz-1 eingesetzt. Grünkreuz deshalb, weil damals mit solchen Kampfstoffen gefüllte Granaten mit einem grünen Kreuz gekennzeichnet wurden.